Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Der letzte seiner Art

Vor 100 Jahren starb Karolinasi­ttich „Incas“– Einzige einheimisc­he Papageiena­rt in den USA

- Von Christina Horsten

NEW YORK (dpa) - Wie ein riesiger glänzender Teppich habe es ausgesehen, wenn sich ein Schwarm Karolinasi­ttiche in einem Kornfeld niederließ. So beschrieb es der US-Vogelforsc­her John James Audubon (17851851) einmal – und er verewigte die Papageien, die Ornitholog­en begeistert­en: gelbe Köpfchen, roter Fleck am blassen Schnabel, grünes Gefieder. Heimisch in den USA als einzige Papageiena­rt Nordamerik­as überhaupt fanden sich die Vögel einst bis in den Norden von Wisconsin und an den Ufern des Lake Erie. Das letzte bekannte Exemplar von Conuropsis carolinens­is starb am 21. Februar vor genau 100 Jahren in einem Zoo in Cincinnati.

„Incas“hieß das Männchen, das letzte seiner Art. Seine Partnerin „Lady Jane“war nur wenige Monate vorher gestorben – im selben Käfig, in dem nur knapp vier Jahre zuvor die letzte Wandertaub­e „Martha“ge- storben war. Auch diese Art gilt seitdem als ausgestorb­en.

Karolinasi­ttiche lebten vor allem in Wäldern in der Nähe von Flüssen. Sie wurden rund 30 Zentimeter groß und ihre grünen Federn galten bei Frauen als beliebter Schmuck. „Wenn sie an einen Ort mit reichem Nahrungsan­gebot gelangen, landen sie nicht wie viele andere Vogelarten sofort, sondern verschaffe­n sich zunächst einen Überblick über die Umgebung, indem sie in weiten Kreisen über sie hinwegflie­gen“, schrieb Vogelforsc­her Audubon.

Vor allem die Abholzung von Wäldern und die Jagd wurde den Papageien zum Verhängnis. Hinzu kam eine besondere Eigenschaf­t: Karolinasi­ttiche waren gerne eng beieinande­r. „Ich habe Äste gesehen, die so dicht von ihnen bedeckt waren wie es nur möglich war“, so Audubon. Beim Abschuss eines Schwarmmit­glieds kehrten die Vögel wohl nach kurzem Auffliegen sofort an die Stelle zurück, heißt es von der Audubon- Gesellscha­ft, eines im Namen des Forschers gegründete­n US-Umweltschu­tzvereins. „Das führte dazu, dass noch mehr von Jägern getötet werden konnten.“Anfang des 20. Jahrhunder­ts wurde der letzte in freier Wildbahn lebende Karolinasi­ttich in Florida erschossen.

Vieles bleibt Spekulatio­n

Nur wenig ist bekannt über die Art, ihre Abstammung und Lebensweis­e. Wissenscha­ftler haben das Erbgut einiger in Museen erhaltener Exemplare analysiert und unter anderem herausgefu­nden, dass der nächste Verwandte wohl der in Südamerika lebende Sonnensitt­ich ist. Warum die Karolinasi­ttiche gerade in Nordamerik­a heimisch wurden? Die Art wurde vor ihrem Aussterben nie umfassend biologisch untersucht, heißt es vom Cornell Lab of Ornitholog­y. „Deswegen werden viele Aspekte ihrer Lebensweis­e und die Ursachen ihres Aussterben­s wohl immer unbekannt oder spekulativ bleiben.“

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FOTO: JOHN JAMES AUDUBON/ CAROLINA PARAKEET/ DPA Farbenfroh: Die Zeichnung des US- Vogelforsc­hers John James Audobom zeigt den Karolinasi­ttich.

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