Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Bürger streiten seltener vor Gericht

Wie der Amtsgerich­tsdirektor das begründet – und in welchen Bereichen die Justiz mehr zu tun hat

- Von Carolin Oefner

NEU-ULM (sz) - Im Landkreis NeuUlm ist die Welt noch weitestgeh­end in Ordnung. Diese Kernbotsch­aft zog Amtsgerich­tsdirektor Thomas Mayer jetzt aus der Justiz-Bilanz des vergangene­n Jahres. „Wenn man sich die Nachrichte­n ansieht, macht man sich durchgehen­d Sorgen um die Welt“, sagte Mayer eingangs. Doch das könne er – zumindest aus NeuUlmer Sicht – nicht nachvollzi­ehen. Die Zahlen liegen im Bereich des Amtsgerich­ts, der den Landkreis umfasst, schon viele Jahre im mittleren Bereich. Doch natürlich gebe es auch in der Region Probleme.

Die Jugendrich­ter etwa hatten wieder ein paar Fälle mehr zu bearbeiten. Darunter seien auch Anklagen gegen junge Flüchtling­e zu finden. Einige hätten eben kein Interesse, sich zu integriere­n, „und die anderen landen nicht bei uns“, sagte Mayer.

Generell sei bei den Jugendfäll­en jedoch keine große ansteigend­e Kurve zu sehen, was laut Mayer an der anhaltend guten Konjunktur liegt. Die geringe Jugendarbe­itslosigke­it führe dazu, dass die Kriminalit­ät erheblich zurückgehe. „Wer einen Job hat, stellt weniger an“, sagte er.

Meistens seien Suchtprobl­eme der Grund für einen unfreiwill­igen Besuch vor Gericht, und zwar bei Jugendlich­en und Erwachsene­n gleicherma­ßen. Ob legale Drogen wie Alkohol oder illegale wie Rauschgift – damit hatten laut Mayer viele ein Problem. Generell begingen Erwachsene etwa gleich viele Straftaten wie im vergangene­n Jahr.

Deutlich seltener streiten sie sich im zivilen Bereich. Vor zehn Jahren waren es noch 2000 Fälle, mittlerwei­le sind es 25 Prozent weniger, es gehen also keine 1500 mehr ein. „Man merkt, dass die Leute weniger streiten wollen“, meinte Mayer – und sieht auch dort die gute Konjunktur als Grund. Jeder könne seine Rechnungen begleichen und kämpfe nicht mehr um jeden Cent.

Aus Prinzip ziehen jedoch trotzdem noch einige Bürger vors Zivilgeric­ht. Denn in rund der Hälfte aller Fälle liegt der Streitwert unter 1000 Euro – eine Kleinigkei­t für das Amtsgerich­t, wie Mayer sagte. Schlimmer noch findet er, dass ab einem Wert von 600 Euro eine Berufung am Landgerich­t möglich sei. Dies nutzten laut Mayer einige aus, die meisten Fälle spielten sich auch am Landgerich­t im geringeren Wert-Bereich ab.

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