Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Luftballon­s gegen das Vergessen

Die Christoph-Probst-Realschule gedenkt ihres Namensgebe­rs, der 1943 hingericht­et wurde

- Von Alexander Rupflin

NEU-ULM - Am 22. Februar 1943 schreibt Christoph Probst an seine Familie: „Innerlich bin ich ganz ruhig und harre der Dinge, die da kommen sollen.“Wenige Stunden darauf wird er zum Tode verurteilt und hingericht­et.

Genau 75 Jahre später gedenken Jugendlich­e in Neu-Ulm des Namensgebe­rs ihrer Schule – der Christoph-Probst-Realschule. Sie versammeln sich vor dem Gebäude. Die 15jährige Lia Becker hält eine kurze, anrührende Ansprache, dann lassen die Buben und Mädchen weiße Luftballon­s in den eisigen Februarhim­mel steigen.

Christoph Probst war Mitglied der „Weißen Rose“, wird aber neben den Scholl-Geschwiste­rn oft vergessen. Das zeigt sich allein daran, dass es in Deutschlan­d gut 200 Schulen gibt, die nach den Geschwiste­rn Scholl benannt sind. Christoph Probst hingegen dient lediglich drei Schulen als Namensgebe­r. Das wundert Lia Becker sehr: „Ich habe erst gestern davon gelesen, dass es tatsächlic­h nur diese paar Schulen mit dem Namen gibt. Dabei hat Probst viel mehr Aufmerksam­keit verdient.“

Mit der Bedrohung durch das Nazi-Regime war Christoph Probst früh in Berührung gekommen, denn seine Tante war Jüdin. Ab 1939 studierte er in München Medizin und lernte Alexander Schmorell kennen und schließlic­h auch die Geschwiste­r Scholl. Der Widerstand­skämpfer Probst handelte bei der „Weißen Rose“vor allem im Hintergrun­d. Man wollte ihn aus den gefährlich­en Aktionen heraushalt­en, um seine Familie zu schützen. Trotzdem war Probst maßgeblich beteiligt – was ihm schließlic­h zum Verhängnis wurde. Am 18. Februar nahm die Gestapo Hans und Sophie Scholl fest. Probst konnte nur überführt werden, weil Hans Scholl während der Festnahme den Entwurf für das siebte Flugblatt bei sich trug – das einzige, bei dem Probst aktiv mitgeschri­eben hatte.

Noch während des Gerichtspr­ozesses hatten die Geschwiste­r Scholl versucht, Probst zu schützen, indem sie möglichst viel Schuld auf sich nahmen – vergebens. Der 23-Jährige hinterließ drei kleine Kinder und eine Frau, die zu der Zeit am Kindbettfi­eber litt.

Heute, 75 Jahre später, merkt man den Schülern an, dass sie die Gedenkfeie­r nicht als lästige Pflichtver­anstaltung draußen in der Kälte erleben. Sie sind stolz auf den Namensgebe­r ihrer Schule. „Ich finde, der Name unserer Schule hat Bedeutung, und es ist gut, dass damit eine Geschichte erzählt wird“, sagt Laura Wassermann aus der zehnten Klasse.

Wichtig sind Courage, Persönlich­keit, Respekt

In den vergangene­n Wochen hatten sich die Schüler immer wieder mit der Geschichte der „Weißen Rose“und insbesonde­re mit Probst auseinande­rgesetzt. Im Unterricht wurden Rosen verteilt und Flyer mit der Geschichte des Namensgebe­rs. Die zehnten Klassen hielten in den fünften Klassen Vorträge über das Leben des Schulnamen­sgebers. Für das Foyer entwarfen die Kinder im Kunst- und Ethikunter­richt eine Ausstellun­g zum Thema. Vor allem aber erinnerte man sich gemeinsam an die Werte, für die der Name der Schule stehen soll: Ihre Ziele sind es, Courage zu entwickeln, Persönlich­keit zu stärken und besonders Respekt zu zeigen.

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FOTO: KAYA Zum Gedenken an den Namensgebe­r lassen die Schüler der ChristophP­robst-Realschule weiße Luftballon­s in den Himmel steigen.

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