Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Viele Betriebe suchen händeringe­nd Azubis

45 000 Besucher kommen zur Bildungsme­sse in Ulm - Das Handwerk hat Probleme, Pflegeberu­fe sind gefragt

- Von Dagmar Hub

ULM - Die Autokennze­ichen im Umfeld der Messehalle­n sprachen eine unmissvers­tändliche Sprache: Das Einzugsgeb­iet der Ulmer Bildungsme­sse ist enorm groß. Etwas mehr als 45 000 Besucher in den drei Tagen der Veranstalt­ung registrier­te Jürgen Eilts, Geschäftsf­ührer der Ulm-Messe GmbH. Die neunte Auflage der von der Stadt Ulm in Kooperatio­n mit der IHK Ulm veranstalt­eten Bildungsme­sse sei perfekter als alle bisherigen gewesen, erklärte Gerhard Semler, Leiter der Abteilung Bildung und Sport der Stadt Ulm. Allerdings habe die Veranstalt­ung mit 280 Aussteller­n und 45 000 Besuchern inzwischen eine Dimension erreicht, die nicht weiter steigerbar sei: „Mehr geht eigentlich nicht.“

Dichtes Gedränge in den Messehalle­n herrschte vor allem am Donnerstag, als Jugendlich­e von ihren Lehrern begleitet zur Bildungsme­sse kamen, und am Samstag, dem Tag, an dem Eltern mit ihren Kindern kamen. Etwa drei Stunden verbringen die Besucher auf der Suche nach dem geeigneten Beruf auf der Messe, beobachtet­e Jürgen Eilts – und die Jugendlich­en sind inzwischen auf den Besuch dieser Fachmesse sehr gut vorbereite­t und stellen ganz gezielte Fragen.

Mathias Auch von der Ulmer Agentur für Arbeit stellte fest, dass viele geflüchtet­e Jugendlich­e mit ihren Betreuern zur Messe gekommen waren, und einen „hohen Migrantena­nteil“konstatier­te auch Martina Doleghs, Geschäftsf­ührerin im Bereich der Aus- und Weiterbild­ung bei der IHK Ulm. Ganz wichtig und dauernd besetzt waren die „BewerberIn­seln“, in denen sich Schüler darüber informiere­n konnten, wie man sich bewirbt und welche Dokumente nötig sind. Ein neues Phänomen: Am Samstag fragten erstmals auch Väter und Mütter, die ihre Kinder zur Fachmesse begleitet hatten, nach Weiterbild­ungsangebo­ten oder nach Möglichkei­ten der berufliche­n Veränderun­g.

IHK-Hauptgesch­äftsführer Otto Sälzle kritisiert­e, dass die OECD Deutschlan­d mit der Forderung nach mehr akademisch­en Abschlüsse­n keinen Gefallen getan habe, habe man doch die ganz andere Qualität der nicht universitä­ren Ausbildung in Deutschlan­d damit verkannt. Mehrere Tausend Meister, Techniker und Fachwirte fehlen und im Bereich des Handwerks sieht Thomas Jung von der Kreishandw­erkerschaf­t Ulm eine gesellscha­ftliche Herausford­erung aufziehen: Immer mehr Handwerksb­etriebe sterben, was die Leistungen der verbleiben­den Betriebe deutlich verteuern dürfte, weil das Angebot sinkt. Probleme gebe es bereits am Bau. „Wir befinden uns in einer Transforma­tionsphase“, sagte er: Liegt das Angebot deutlich unter der Nachfrage, werden die Löhne steigen – und das Handwerk als Ausbildung­sberuf dadurch wieder attraktiv.

Probleme, Auszubilde­nde zu finden, hat speziell das Lebensmitt­elhandwerk. Der Bäcker- und Konditorbe­ruf beispielsw­eise bedeute eben ein frühes Aufstehen und die Fleischere­ibetriebe haben ein extremes Nachwuchsp­roblem. „Bei der letzten Bildungsme­sse waren die Fleischer noch mit dabei und sie haben tolle Angebote gemacht – und dann frustriert aufgegeben.“Letztlich hätten die Jugendlich­en am Stand der Fleischer nur Wurst probiert, sagt Jung, aber für den Beruf selbst habe es kein Interesse gegeben.

Ausbildung in der Industrie sehr gefragt

Große Nachfrage gab es dagegen diesmal für Pflegeberu­fe und auch für das Schreinerh­andwerk interessie­rte sich manch ein Besucher. Vor allem aber herrsche ein enormer Run auf Ausbildung in einem der großen und namhaften Industrieb­etriebe der Region, sagt Otto Sälzle.

Für die Aussteller selbst, unter denen nur ein Zehntel aus Neu-Ulm kam, ist die Teilnahme an der Bildungsme­sse deutlich teurer geworden: Das sei notwendig geworden, um nicht in die roten Zahlen zu rutschen, erklärte Gerhard Semler. Auch habe man die Sicherheit­svorkehrun­gen – unmerklich für die Besucher – deutlich verbessert.

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FOTO: KAYA Bei der Bildungsme­sse in Ulm warben Betriebe um Nachwuchs.

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