Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Museen stehen vor Herausforderungen
Ehrenamt im Fokus zum Auftakt einer Veranstaltungsreihe zu Museen im ländlichen Raum
EHINGEN - Ehrenamt und Vernetzung – diese beiden Themen haben am Montag in der Ehinger Lindenhalle den Schwerpunkt zum Auftakt der Veranstaltungsreihe zur Weiterentwicklung von Museen im ländlichen Raum gebildet. Das besondere daran: Es ist ein gemeinsames Projekt des Landesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst und des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz sowie der Landesstelle für Museumsbetreuung Baden-Württemberg. Viele Gäste aus Baden-Württemberg und der Region waren gekommen.
Museen im ländlichen Raum stehen aktuell vor großen Herausforderungen, angesichts etwa der Globalisierung, der Digitalisierung und des demografischen Wandels, machte Kunststaatssekretärin Petra Olschwoski in ihrem Vortrag deutlich. Doch betonte sie: „Ich sehe keine Krise, sondern große Chancen.“Denn Museen könnten eine zentrale Rolle im Wandel spielen. Sie seien eine Brücke zwischen Geschichte und Gegenwart, zwischen Heimat und Welt sowie Orte der Kommunikation, Bildung und Orientierung und könnten so neue Perspektiven eröffnen.
In Zeiten, in denen es die meisten nicht mehr schaffen würden, einen 90-minütigen Spielfilm zu schauen, ohne nebenbei aufs Smartphone oder in die Zeitung zu gucken, würden Museen es fordern und fördern, sich Zeit zu nehmen und sich im Stillen auf den Moment einzulassen.
Doch um den Wandel aktiv mitzugestalten, müssten sie sich weiter öffnen, betonte die Staatssekretärin. Jugendliche würden heutzutage nicht mehr nur einfach zuschauen, sondern an dem teilhaben wollen, was sie sehen. Andererseits sei es immer schwieriger, junge Menschen fürs ehrenamtliches Engagement zu gewinnen. „Ohne Ehrenamtliche wären Museen lange nicht so leistungsfähig, manche würden ohne dieses Engagement gar nicht existieren“, machte Olschowksi deutlich. Man müsse die Frage beantworten, wie man Menschen auf längere Sicht für das Engagement motivieren könne. Es müssten neue Wege, abseits von den üblichen Vereinsstrukturen gefunden werden. Auch müsse man darüber nachdenken, wie man mehrere Einrichtungen unter einem Dach vereinigen könne.
Museen wichtig für Identität
Jürgen Maier vom Ministerium für Ländlichen Raum betonte, die Museen auf dem Land seien wichtig für die regionale Identität. „Im ländlichen Raum lebt das Kulturangebot durch die Menschen vor Ort“, erklärt er. Daher sei das Engagement neben dem Digitalen ein Schwerpunkt der Veranstaltungsreihe.
Museen im ländlichen Raum seien besonders von der Bewegung in der Kulturlandschaft betroffen, erklärte Almut Grüner vom Museumsverband Baden-Württemberg. „Wir sind anders“, sagte sie und hob dabei auch einige Vorteile hervor: „Wir sind oft sehr eng mit dem Publikum verbunden“, erklärte Grüner. Und man sei sehr flexibel. „Wir können, wenn wir wollen, auf dem kleinen Dienstweg mit anderen Einrichtungen gemeinsame Sache machen.“
Die Hälfte von rund 1300 Museen in Baden-Württemberg sei in ländlichen Regionen angesiedelt, erläuterte Axel Burkhart von der Landesstelle für Museumsbetreuung. Der Anteil ehrenamtlich geführter Museen sei hier mit 70 Prozent hoch. Die Mehrzahl der Museen sei noch relativ jung, in den 1980er- und 90er-Jahren habe es eine Gründungswelle gegeben.
Kleine Museen würden häufig über wachsende bürokratische Hürden klagen, erklärte Burkhart, das liege an komplizierten Antragsverfahren und man müsse immer mehr Regelungen berücksichtigen. Dieses Problem sprach bei der Diskussion auch Klaus Geprägs, Vorsitzender der Bergemer Heimatvereins Grötzingen, an.
Immer schwieriger sei es, langfristig Ehrenamtliche zu finden, die Routineaufgaben erledigen, erklärte Axel Burkhart zudem. „Mehr Mut zum Risiko“, empfahl er. Museen könnten stärker als Veranstaltungsorte ins Spiel gebracht werden, so könnten sie noch mehr zum Treffpunkt werden und es entstünden neue Kooperationen. Insgesamt gehe es weniger um inhaltliche Änderungen, sondern um solche der Organisation. Die eigene Sammlung, die in den vergangenen Jahren häufig aus dem Blick geraten sei, könne man wieder neu entdecken, anstatt den Fokus nur noch auf Sonderausstellungen zu legen. Außerdem seien Partizipation beziehungsweise Besucherorientierung die Schlüsselbegriffe.
Um noch besser in die Museumslandschaft einzuführen, arbeitet die Landesstelle für Museumsbetreuung an einer App, über die Museen und Ausstellungen im gewünschten Zeitraum und Radius gefunden werden können. Dazu stellte Dina Sonntag einen Werkstattbericht vor. Jüngere Besucher sollen mit der App besser erreicht werden. Auch die Webseite netmuseum.de werde überarbeitet.
Die Veranstaltungsreihe wird nun an drei weiteren Orten bis Mitte April fortgesetzt. Gerhard Steeb vom Ehinger Museum freut sich besonders auf Schwäbisch Hall, wo die Digitalisierung im Vordergrund steht. Denn da habe man noch Nachholbedarf und wolle etwas tun, sagt er.