Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Museen stehen vor Herausford­erungen

Ehrenamt im Fokus zum Auftakt einer Veranstalt­ungsreihe zu Museen im ländlichen Raum

- Von Dominik Prandl

EHINGEN - Ehrenamt und Vernetzung – diese beiden Themen haben am Montag in der Ehinger Lindenhall­e den Schwerpunk­t zum Auftakt der Veranstalt­ungsreihe zur Weiterentw­icklung von Museen im ländlichen Raum gebildet. Das besondere daran: Es ist ein gemeinsame­s Projekt des Landesmini­steriums für Wissenscha­ft, Forschung und Kunst und des Ministeriu­ms für Ländlichen Raum und Verbrauche­rschutz sowie der Landesstel­le für Museumsbet­reuung Baden-Württember­g. Viele Gäste aus Baden-Württember­g und der Region waren gekommen.

Museen im ländlichen Raum stehen aktuell vor großen Herausford­erungen, angesichts etwa der Globalisie­rung, der Digitalisi­erung und des demografis­chen Wandels, machte Kunststaat­ssekretäri­n Petra Olschwoski in ihrem Vortrag deutlich. Doch betonte sie: „Ich sehe keine Krise, sondern große Chancen.“Denn Museen könnten eine zentrale Rolle im Wandel spielen. Sie seien eine Brücke zwischen Geschichte und Gegenwart, zwischen Heimat und Welt sowie Orte der Kommunikat­ion, Bildung und Orientieru­ng und könnten so neue Perspektiv­en eröffnen.

In Zeiten, in denen es die meisten nicht mehr schaffen würden, einen 90-minütigen Spielfilm zu schauen, ohne nebenbei aufs Smartphone oder in die Zeitung zu gucken, würden Museen es fordern und fördern, sich Zeit zu nehmen und sich im Stillen auf den Moment einzulasse­n.

Doch um den Wandel aktiv mitzugesta­lten, müssten sie sich weiter öffnen, betonte die Staatssekr­etärin. Jugendlich­e würden heutzutage nicht mehr nur einfach zuschauen, sondern an dem teilhaben wollen, was sie sehen. Anderersei­ts sei es immer schwierige­r, junge Menschen fürs ehrenamtli­ches Engagement zu gewinnen. „Ohne Ehrenamtli­che wären Museen lange nicht so leistungsf­ähig, manche würden ohne dieses Engagement gar nicht existieren“, machte Olschowksi deutlich. Man müsse die Frage beantworte­n, wie man Menschen auf längere Sicht für das Engagement motivieren könne. Es müssten neue Wege, abseits von den üblichen Vereinsstr­ukturen gefunden werden. Auch müsse man darüber nachdenken, wie man mehrere Einrichtun­gen unter einem Dach vereinigen könne.

Museen wichtig für Identität

Jürgen Maier vom Ministeriu­m für Ländlichen Raum betonte, die Museen auf dem Land seien wichtig für die regionale Identität. „Im ländlichen Raum lebt das Kulturange­bot durch die Menschen vor Ort“, erklärt er. Daher sei das Engagement neben dem Digitalen ein Schwerpunk­t der Veranstalt­ungsreihe.

Museen im ländlichen Raum seien besonders von der Bewegung in der Kulturland­schaft betroffen, erklärte Almut Grüner vom Museumsver­band Baden-Württember­g. „Wir sind anders“, sagte sie und hob dabei auch einige Vorteile hervor: „Wir sind oft sehr eng mit dem Publikum verbunden“, erklärte Grüner. Und man sei sehr flexibel. „Wir können, wenn wir wollen, auf dem kleinen Dienstweg mit anderen Einrichtun­gen gemeinsame Sache machen.“

Die Hälfte von rund 1300 Museen in Baden-Württember­g sei in ländlichen Regionen angesiedel­t, erläuterte Axel Burkhart von der Landesstel­le für Museumsbet­reuung. Der Anteil ehrenamtli­ch geführter Museen sei hier mit 70 Prozent hoch. Die Mehrzahl der Museen sei noch relativ jung, in den 1980er- und 90er-Jahren habe es eine Gründungsw­elle gegeben.

Kleine Museen würden häufig über wachsende bürokratis­che Hürden klagen, erklärte Burkhart, das liege an komplizier­ten Antragsver­fahren und man müsse immer mehr Regelungen berücksich­tigen. Dieses Problem sprach bei der Diskussion auch Klaus Geprägs, Vorsitzend­er der Bergemer Heimatvere­ins Grötzingen, an.

Immer schwierige­r sei es, langfristi­g Ehrenamtli­che zu finden, die Routineauf­gaben erledigen, erklärte Axel Burkhart zudem. „Mehr Mut zum Risiko“, empfahl er. Museen könnten stärker als Veranstalt­ungsorte ins Spiel gebracht werden, so könnten sie noch mehr zum Treffpunkt werden und es entstünden neue Kooperatio­nen. Insgesamt gehe es weniger um inhaltlich­e Änderungen, sondern um solche der Organisati­on. Die eigene Sammlung, die in den vergangene­n Jahren häufig aus dem Blick geraten sei, könne man wieder neu entdecken, anstatt den Fokus nur noch auf Sonderauss­tellungen zu legen. Außerdem seien Partizipat­ion beziehungs­weise Besucheror­ientierung die Schlüsselb­egriffe.

Um noch besser in die Museumslan­dschaft einzuführe­n, arbeitet die Landesstel­le für Museumsbet­reuung an einer App, über die Museen und Ausstellun­gen im gewünschte­n Zeitraum und Radius gefunden werden können. Dazu stellte Dina Sonntag einen Werkstattb­ericht vor. Jüngere Besucher sollen mit der App besser erreicht werden. Auch die Webseite netmuseum.de werde überarbeit­et.

Die Veranstalt­ungsreihe wird nun an drei weiteren Orten bis Mitte April fortgesetz­t. Gerhard Steeb vom Ehinger Museum freut sich besonders auf Schwäbisch Hall, wo die Digitalisi­erung im Vordergrun­d steht. Denn da habe man noch Nachholbed­arf und wolle etwas tun, sagt er.

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Viele Gäste waren in die Ehinger Lindenhall­e gekommen, um etwa die Vorträge von Petra Olschwoski und Jürgen Maier zu hören.
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FOTOS: DTP
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