Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Mehr als nur ein „Stadt-Troubadour“
Grant-Lee Phillipps schlägt auf seinem neuen Album „Widdershins“politische Töne an
BERLIN (dpa) - Im übervölkerten Folkrock-Genre ist er einer der Besten – und doch haben viele den Singer-Songwriter und Gitarristen Grant-Lee Phillips bisher wohl nur in der US-Fernsehserie „Gilmore Girls“wahrgenommen. Immerhin war es eine passende Rolle, die er da spielte.
Als „Stadt-Troubadour“, eine Art Bänkelsänger im fiktiven Provinzort Stars Hollow, flankierte Phillips mit eigenen und gecoverten Liedern an der Straßenecke die Geschichten von Tochter und Mutter Gilmore. Die tolle Stimme des 54-Jährigen haben Millionen Fans der in etlichen Staffeln gesendeten Serie also schon kennengelernt.
Doch Grant-Lee Phillips ist vor allem ein herausragender Studio- und Live-Musiker, der auch mit dem neunten Soloalbum seit „Ladies’ Love Oracle“(2000) nachhaltig überzeugt. Mehr noch: „Widdershins“erweist sich als sein stärkstes Werk seit den grandiosen 90er-Jahre-Platten mit der von ihm gegründeten Alternative-Rock-Band Grant Lee Buffalo.
Neue Dringlichkeit
Nach weniger zwingenden Alben bis zum soliden Countryrock-Abstecher „The Narrows“(2016) schien das Feuer etwas erloschen. Doch wie so viele US-Musiker hat Phillips nun mit der frustrierenden Präsidentschaft von Donald Trump in seinen Texten, aber auch im Sound eine neue Dringlichkeit entwickelt.
Songtitel wie „King Of Catastrophes“oder „Liberation“deuten schon an, dass dies eine politisch aufgeladene Platte ist. Zudem lässt der gebürtige Kalifornier seine Gitarre wieder wütender klingen, etwa im wuchtigen „Great Acceleration“.
Nicht zuletzt hat er einige der schönsten Melodien seiner rund 30jährigen Karriere im Gepäck, etwa die an Grammy-Gewinnerin Aimee Mann erinnernden Folkpop-Preziosen „Unruly Mobs“, „Totally You Gunslinger“und „History Has Their Number“. Es wird höchste Zeit, dass Phillips auch als Musiker endlich den verdienten Ruhm einheimst.