Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Schon zwei Grippetote in Ulm
Die Zahl der Influenza-Fälle ist so hoch wie lange nicht mehr - Doch die Statistiken können in die Irre führen
NEU-ULM/ULM - Schon zwei Menschen sind in Ulm an der Grippe gestorben. Am Donnerstag der vergangenen Woche kam ein 77 Jahre alter Mann ums Leben. Am Montag erreichte eine weitere Todesnachricht das zuständige Gesundheitsamt des Alb-Donau-Kreises: Ein im Jahr 1958 geborener Mann, der auch an weiteren Krankheiten litt, starb in der Uniklinik.
Im Kreis Neu-Ulm sind keine Todesfälle durch die Grippe bestätigt. Doch oft ist unklar, welche Rolle die Influenza gespielt hat, etwa bei schwer herzkranken Menschen. Kam die Grippe dazu oder war sie ausschlaggebend dafür, dass ein Patient starb? „Das lässt sich in Einzelfällen nicht herausfinden“, sagt Dr. Martin Küfer, der Leiter des Gesundheitsamts im Kreis Neu-Ulm.
Die Zahl der gemeldeten Influenza-Fälle ist in Bayern und BadenWürttemberg deutlich höher als in den vergangenen Jahren. In Ulm und dem Alb-Donau-Kreis ist das Virus in diesem Jahr bereits bei 500 Erkrankten festgestellt worden. Im Kreis Neu-Ulm, in dem nur etwas weniger als halb so viele Menschen leben, sind sogar schon 536 Labormeldungen eingegangen. Dass die Zahlen so unterschiedlich hoch ausfallen, bedeutet aber nicht, dass es in Bayern doppelt so viele Grippekranke gibt. Denn die Leiter der Gesundheitsämter in Ulm und Neu-Ulm sind überzeugt, dass die Dunkelziffer hoch ist. „Nicht jeder, der Grippe hat, geht zum Arzt“, sagt Dr. Theodor Gonser, Leiter der Behörde, die für Ulm und den Alb-Donau-Kreis zuständig ist. Sein Neu-Ulmer Kollege Küfer ergänzt, dass nicht jeder Arzt seine Patienten auf Grippe testen lässt.
Flächendeckend eingeführt wurden die Labortests nach der GrippePandemie im Jahr 2009. Ärzte können Proben an das Robert-Koch-Institut senden, wo diese im Labor untersucht haben. Doch nicht alle Praxen haben sich zu diesen Tests verpflichtet. Die Statistiken können auch aus einem anderen Grund in die Irre führen. Dass es inzwischen mehr als 1000 gemeldete Grippe-Fälle gibt, bedeutet nicht, dass gerade so viele Menschen an der Krankheit leiden. Vielmehr sind seit Januar so viele Patienten mit dem Virus getestet worden.
Eine andere Statistik ist deutlicher: Sie zeigt, wie viele neue Meldungen pro Woche bei den Ämtern eingegangen ist. In der vergangenen Woche waren es im Kreis Neu-Ulm 192 – so viel wie noch nie während dieser Influenza-Welle. In Ulm und im Alb-Donau-Kreis beobachtet Gesundheitsamts-Chef Gonser dagegen schon einen Rückgang der Werte. Er glaubt, die Welle könnte ihren Höhepunkt überschritten haben.
Bettruhe und viel trinken
Johannes Kleber ist Arzt in der Notaufnahme der Stiftungsklinik Weißenhorn. Er rät jüngeren Patienten in erster Linie zu Bettruhe und dazu, viel zu trinken. Ältere und Kinder dagegen sollten sich in vielen Fällen vorsichtshalber im Krankenhaus behandeln lassen. Die Stiftungsklinik hat etliche Grippe-Patienten behandelt. „Die Notaufnahme ist dem Herr geworden“, sagt Kleber – trotz Personalproblemen, weil das Virus auch Ärzte und Krankenpfleger erwischte. In Günzburg hatte aus diesem Grund eine Reihe von Operationen verschoben werden müssen.
Kleber sieht ein Problem darin, dass sich die Deutschen ungern impfen lassen. Der Arzt spricht seine Grippe-Patienten darauf an. Nicht immer mit Erfolg: „Das ist wie mit der Steuererklärung: Wenn sie gesund sind, vergessen sie es doch wieder.“