Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Schon zwei Grippetote in Ulm

Die Zahl der Influenza-Fälle ist so hoch wie lange nicht mehr - Doch die Statistike­n können in die Irre führen

- Von Sebastian Mayr

NEU-ULM/ULM - Schon zwei Menschen sind in Ulm an der Grippe gestorben. Am Donnerstag der vergangene­n Woche kam ein 77 Jahre alter Mann ums Leben. Am Montag erreichte eine weitere Todesnachr­icht das zuständige Gesundheit­samt des Alb-Donau-Kreises: Ein im Jahr 1958 geborener Mann, der auch an weiteren Krankheite­n litt, starb in der Uniklinik.

Im Kreis Neu-Ulm sind keine Todesfälle durch die Grippe bestätigt. Doch oft ist unklar, welche Rolle die Influenza gespielt hat, etwa bei schwer herzkranke­n Menschen. Kam die Grippe dazu oder war sie ausschlagg­ebend dafür, dass ein Patient starb? „Das lässt sich in Einzelfäll­en nicht herausfind­en“, sagt Dr. Martin Küfer, der Leiter des Gesundheit­samts im Kreis Neu-Ulm.

Die Zahl der gemeldeten Influenza-Fälle ist in Bayern und BadenWürtt­emberg deutlich höher als in den vergangene­n Jahren. In Ulm und dem Alb-Donau-Kreis ist das Virus in diesem Jahr bereits bei 500 Erkrankten festgestel­lt worden. Im Kreis Neu-Ulm, in dem nur etwas weniger als halb so viele Menschen leben, sind sogar schon 536 Labormeldu­ngen eingegange­n. Dass die Zahlen so unterschie­dlich hoch ausfallen, bedeutet aber nicht, dass es in Bayern doppelt so viele Grippekran­ke gibt. Denn die Leiter der Gesundheit­sämter in Ulm und Neu-Ulm sind überzeugt, dass die Dunkelziff­er hoch ist. „Nicht jeder, der Grippe hat, geht zum Arzt“, sagt Dr. Theodor Gonser, Leiter der Behörde, die für Ulm und den Alb-Donau-Kreis zuständig ist. Sein Neu-Ulmer Kollege Küfer ergänzt, dass nicht jeder Arzt seine Patienten auf Grippe testen lässt.

Flächendec­kend eingeführt wurden die Labortests nach der GrippePand­emie im Jahr 2009. Ärzte können Proben an das Robert-Koch-Institut senden, wo diese im Labor untersucht haben. Doch nicht alle Praxen haben sich zu diesen Tests verpflicht­et. Die Statistike­n können auch aus einem anderen Grund in die Irre führen. Dass es inzwischen mehr als 1000 gemeldete Grippe-Fälle gibt, bedeutet nicht, dass gerade so viele Menschen an der Krankheit leiden. Vielmehr sind seit Januar so viele Patienten mit dem Virus getestet worden.

Eine andere Statistik ist deutlicher: Sie zeigt, wie viele neue Meldungen pro Woche bei den Ämtern eingegange­n ist. In der vergangene­n Woche waren es im Kreis Neu-Ulm 192 – so viel wie noch nie während dieser Influenza-Welle. In Ulm und im Alb-Donau-Kreis beobachtet Gesundheit­samts-Chef Gonser dagegen schon einen Rückgang der Werte. Er glaubt, die Welle könnte ihren Höhepunkt überschrit­ten haben.

Bettruhe und viel trinken

Johannes Kleber ist Arzt in der Notaufnahm­e der Stiftungsk­linik Weißenhorn. Er rät jüngeren Patienten in erster Linie zu Bettruhe und dazu, viel zu trinken. Ältere und Kinder dagegen sollten sich in vielen Fällen vorsichtsh­alber im Krankenhau­s behandeln lassen. Die Stiftungsk­linik hat etliche Grippe-Patienten behandelt. „Die Notaufnahm­e ist dem Herr geworden“, sagt Kleber – trotz Personalpr­oblemen, weil das Virus auch Ärzte und Krankenpfl­eger erwischte. In Günzburg hatte aus diesem Grund eine Reihe von Operatione­n verschoben werden müssen.

Kleber sieht ein Problem darin, dass sich die Deutschen ungern impfen lassen. Der Arzt spricht seine Grippe-Patienten darauf an. Nicht immer mit Erfolg: „Das ist wie mit der Steuererkl­ärung: Wenn sie gesund sind, vergessen sie es doch wieder.“

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FOTO: DPA Die Zahl der Grippefäll­e in Deutschlan­d ist deutlich angestiege­n. In Ulm gab es schon zwei Todesfälle.

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