Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Illertalklinik wird weiter gebraucht“
Der Kreistag NU spricht lange über die Krankenhäuser und will alle drei behalten - Nur die Grünen möchten eines der Häuser schließen
LANDKREIS NEU-ULM - Den vielleicht treffendsten Satz der gut vierstündigen Diskussion in der jüngsten Sitzung des Neu-Ulmer Kreistages sprach Wolfgang Schrapp von den Freien Wählern: „Wir haben einen Funken Hoffnung, wir müssen den Versuch wagen!“Damit fasste er zusammen, was wohl viele Kreistagsmitglieder umtrieb, als sie sich mit der Zukunft der drei Kliniken befassten. Aus den Debattenbeiträgen klang viel Skepsis heraus, dass es tatsächlich gelingen könnte, dauerhaft alle Häuser zu erhalten. Dennoch setzte die überwältigende Mehrheit der Kreispolitiker darauf, dass die Ideen des neuen Stiftungsdirektors Marc Engelhard tatsächlich dafür sorgen, alle Kliniken weiterbetreiben zu können.
Er will das mit einigen Umstrukturierungen erreichen, die der Krankenhausausschuss am Montag bereits abgesegnet hat (wir berichteten).
Lediglich die Grünen mochten sich nicht überzeugen lassen, sie beantragten, die Illertalklinik schnellstmöglich dichtzumachen, denn: „Sie wird immer ein Klotz an unserem Bein sein.“So formulierte es Heinz-Peter Ehrenberg. Die Pläne des Stiftungsdirektors sorgten doch nur dafür, das Krankenhaus „stückchenweise“aufzulösen. Die Grünen, die allerdings nicht geschlossen auftraten, blieben letztlich alleine auf weiter Flur. Sämtliche anderen Mitglieder des Kreistages votierten für das Sanierungskonzept des Stiftungsdirektors.
Dabei war Anfang des Jahres die Illertalklinik schon so gut wie geschlossen, denn da wurden hinter verschlossenen Türen die Berechnungen der Wirtschaftsprüfer von KPMG präsentiert und die besagten, es käme am günstigsten, Illertissen aufzugeben, alle anderen Lösungen würden teilweise deutlich teurer. Der CSU-Fraktionsvorsitzende Franz-Clemens Brechtel sagte, angesichts der Zahlen sei klar gewesen, das Haus werde dichtgemacht. Doch „bei näherer Betrachtung“habe sich gezeigt, der Standort müsse erhalten bleiben: „Illertissen wird weiterhin gebraucht.“
Das hatte Stiftungsdirektor Engelhard den Kreisräten klargemacht. Die große altersmedizinische Abteilung der Illertalklinik könne keinesfalls auf die verbleibenden zwei Häuser verteilt werden, dazu seien die dort vorhandenen Kapazitäten nicht ausreichend. Es müsste gebaut werden.
Operationsbereich verlagern
Engelhard plant stattdessen, den Operationsbereich von Illertissen nach Weißenhorn zu verlagern und auch entsprechendes Personal mitzunehmen. Er argumentierte, bestimmte Aufgaben, die doppelt und dreifach vorhanden seien, müssten konzentriert werden, um damit Geld zu sparen.
Illertissen will er zu einer Portalklinik umgestalten, die Räume für niedergelassene Ärzte biete, welche sich vorhandene Einrichtungen teilten. Die gut eingeführte Altersmedizin, die ohne OP-Bereich auskommt, will er in Illertissen erhalten. Unter dem Strich gehe es um eine Verschiebung der Standorte. Hinzu kommen noch einige Einsparungen durch Kooperationen mit anderen medizinischen Einrichtungen.
Dadurch will er erreichen, das prognostizierte Defizit der Stiftungskliniken von fast neun Millionen Euro jährlich bis zum nächsten Jahr auf rund 5,2 Millionen zu drücken.
Massive Skepsis formulierte vor allem Antje Esser (SPD), die meinte, die Maßnahmen beruhten auf dem Prinzip Hoffnung. Sie findet die vorgelegten Zahlen immer noch ungenügend, denn bei der Hochrechnung der Verluste sei ja nicht mal berücksichtigt, dass neben den reinen Betriebskosten noch viel Geld für den Substanzerhalt der Kliniken ausgegeben werden müsse. Das summiere sich nach bisherigen Schätzungen auf rund 35 Millionen Euro. Das prognostizierte jährliche Defizit sei nur die halbe Wahrheit.
Kreiskämmerer Mario Kraft bestätigte das im Prinzip, gab allerdings zu bedenken, niemand wisse, wann und in welcher Höhe die Investitionen anfallen werden. Landrat Thorsten Freudenberger sagte: „Wir müssen mit einer gewissen Ungewissheit leben.“Das solle die Politik aber nicht hindern, endlich Entscheidungen zu treffen. Dabei dürfe aber den vorgelegten Zahlen der Gutachter nicht blind gefolgt werden, sprach er in Richtung Grüne, ansonsten müsse Illertissen geschlossen werden.
Freie Wähler sind skeptisch
Ähnlich argumentierte Jürgen Bischof (FW), denn sämtliche von KPMG berechneten Zukunftsszenarien führten „ins Verderben“. Sein Fraktionsvorsitzender Kurt Baiker bekannte, er sei „absolut skeptisch“, dennoch sagte er, Defizite im Gesundheitswesen seien kein Weltuntergang. Es gehe darum, eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen.
Der Kreistag segnete die von Engelhard empfohlenen Maßnahmen zum Weiterbetrieb der drei Kliniken ab. Was die ferne Zukunft betrifft, so soll überprüft werden, ob sich die Standorte Illertissen und Weißenhorn einmal in einem gemeinsamen Neubau zusammenführen lassen.