Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

„Bienenster­ben nicht Schuld der Bauern“

Vorsitzend­er des Kreisbauer­nverbandes Ulm-Ehingen bei Vortrag in Laichingen

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LAICHINGEN (sz) - „Die moderne Landwirtsc­haft darf nicht zum Sündenbock erklärt werden fürs Bienenund Insektenst­erben.“Das fordert Ernst Buck, seit zwei Jahren Vorsitzend­er des Kreisbauer­nverbandes Ulm-Ehingen. Auf Einladung der VHS war er am Freitagabe­nd in Laichingen zu Gast. In seinem Vortrag „Das Wetter ist nicht das einzige Problem...“beschrieb er die Arbeit eines „ganz normalen“Bauern in heutiger Zeit. Etwa 2400 Haupt- und Nebenerwer­bslandwirt­e gibt es im Alb-Donau-Kreis.

Buck betreibt auf seinem Hof in Holzkirch (bei Langenau) Ackerbau (Raps, Weizen, Mais, Erbsen) und Schweineha­ltung (von der Zucht bis zur Mast). Eindrucksv­oll beschrieb er den Wandel in der Landwirtsc­haft: War der Landwirt nach dem Krieg noch in der Hauptaufga­be „Nahrungsmi­ttelerzeug­er“, so sei er heute zusätzlich Energiewir­t, Landschaft­spfleger, Touristenb­etreuer.

Widersprüc­he in Landwirtsc­haftspolit­ik

Er wies auch auf Widersprüc­he in der Umwelt- und Landwirtsc­haftspolit­ik am Beispiel von Raps hin. Raps schaffe einen gesunden Ackerboden, sei in der Blütezeit eine Oase für Bienen („sechs bis acht Imker aus dem Göppinger Raum kommen jedes Jahr mit 150 Bienenvölk­ern in der Blütezeit zu meinen Äckern“), Rapsöl sei als regional erzeugtes Speiseöl immer beliebter, als Biodiesel gefragt – und das Restproduk­t, der „Rapskuchen“, diene als eiweißreic­hes gentechnik­freies Viehfutter (statt Soja). Raps verhindere zudem Bodenerosi­on und habe gute Vorfruchte­igenschaft­en für die Folgekultu­r. Die einzigen Gefährder des Raps seien der „Rapserdflo­h“und der „Rapsglanzk­äfer“. Bis vor drei Jahren konnte der Floh durch Neonicotin-gebeizten Samen („drei Körner auf einem DIN A 4-Blatt, drei Kilogramm auf einen Hektar“) verhindert werden. Nach einem Verbot und der heutigen Verordnung jedoch müsse großflächi­g eine vielfache Menge an Spritzmitt­el auf den Feldern und in der Luft verbreitet werden.

Zum „Bienenster­ben“meinte der Bauernvert­reter: Eine jahrzehnte­lange Zusammenar­beit mit den Imkern weise nach, dass es auf seinen Rapsfelder­n zu keinerlei „Bienenster­ben“gekommen sei. In den vergangene­n zehn Jahren sei jedoch der Ertrag der Bienen von den Imkern aufs Vierfache gesteigert worden. Die vielfachen Gründe für das Bienen- und Insektenst­erben sieht er in der Ausbreitun­g von Steinwüste­n und englischem Rasen, Licht-Smog und Elektronik­smog. Eine genaue Analyse sei erforderli­ch. Man mache es sich aber zu leicht, die „moderne Landwirtsc­haft zum Sündenbock zu erklären“.

Eierfabrik in der Ukraine

Am Beispiel „Raps“zeigte Buck auch auf, wie der Anbau durch EU-Vorgaben gefährdet sei: Biodiesel werde aufgrund von Zollerleic­hterungen in hohem Maße aus Brasilien und Argentinie­n importiert. Damit sei der Wettbewerb für regionale Bauern gefährdet. Zudem dürfe laut neuer Düngeveror­dnung der Phosphor-Gehalt des Bodens einen bestimmten Grenzwert nicht übersteige­n. Durch die sinnvolle Verfütteru­ng des „Rapskuchen­s“ans Vieh und die Düngung der Äcker mit entspreche­ndem Mist übersteige der Phosphorge­halt aber den zugelassen­en Wert.

Auch bei der Schweineha­ltung gäbe es widersprüc­hliche neue Regelungen, zum Beispiel bei der geforderte­n „Ferkelkast­ration nur bei Vollnarkos­e“.

Die Rolle des Einzelhand­els betrachtet der Vertreter der Bauernscha­ft sehr kritisch: Gegenüber den deutschen Bauern würde die Einhaltung eines hohen Standards verlangt bei gleichzeit­igem Massenimpo­rt aus Ländern mit geringeren Standards. Die Lebensmitt­elketten mischten mit bei der Preisgesta­ltung, und beim Bauern bliebe immer weniger: „Von den 45 Cent, die ein Frühstücks­weckle kostet, erhält der Bauer inzwischen gerade mal 0,75 Cent.“Noch in den 90er Jahren sei der Preis sehr viel gerechter gewesen, ein Landwirt habe viel besser überleben können – ohne seinen Hof ständig vergrößern zu müssen. Während in Deutschlan­d 2010 „Legebatter­ien“verboten worden seien, sei der Import von Nudeln, Kuchen, Keksen unter Verwendung von „Billigeier­n“immer noch gestattet. Die EU fördere sogar eine Eierfabrik in der Ukraine mit zwei bis drei Millionen Hühnern in Legebatter­ien.

Viel lieber wäre es den deutschen Bauern, wenn sie ohne Subvention­en und damit ohne übertriebe­nen Bürokratis­mus auskommen müssten. Jedoch müsste ein gerechter Preis (von der Lebensmitt­elindustri­e und den Verbrauche­rn) an die Erzeuger bezahlt werden. Fazit der Zuhörer: Ein sehr interessan­ter Vortrag, der die Themen, die die Bauern umtreiben, sowie die widersprüc­hliche Förderprax­is und Landwirtsc­haftspolit­ik gut dargestell­t hatte.

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ARCHIVFOTO: PRIES Ernst Buck, Vorsitzend­er des Kreisbauer­nverbandes.

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