Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Zeitreise in Blau
Peter Maffay spielt unplugged in der ausverkauften Ratiopharm Arena seine Hits
NEU-ULM - Die Fans von Peter Maffay müssen für die Konzertkarten ziemlich tief in die Taschen greifen. Dafür gibt der 68-Jährige, der vor wenigen Tagen für sein Engagement für die Verständigung zwischen Juden und Christen mit der Buber-Rosenzweig-Medaille ausgezeichnet wurde, unglaublich viel: 160 Minuten ohne Pause stand oder besser saß Maffay am Montagabend auf der Bühne der ausverkauften Ratiopharm-Arena und begeisterte sein Publikum mit lauten und leisen Tönen.
Das Konzert in Neu-Ulm war eines der letzten der „Unplugged“Tournee; Erschöpfung nach vielen langen Abenden aber scheint dem Sohn einer siebenbürgischen Mutter und eines ungarndeutschen Vaters fremd. Mit enormer Kraft in der Stimme und mit klarer politischer Aussage gegen jede Form von Gewalt brachte Peter Maffay die Menschen in der Arena zum Jubeln und zum Tanzen.
Es ist erstaunlich: Unter den dicht gedrängt mitsingenden Fans sind sowohl Jugendliche als auch Paare, die sich gerade kennengelernt haben mögen, als Maffay mit „Du“seinen Durchbruch feiert. 48 Jahre liegen zwischen dem größten deutschsprachigen Hit des Jahres 1970 und der „Unplugged“-Tour – und damit auch die Entwicklungen, welche die Unterschiedlichkeit der Fans erklären. Vom Mädchenschwarm, der den Teenies 1971 vom Bravo-Titelblatt entgegen lächelte, zum harten Biker 2018, der an Hals und Armen tätowiert ist, ist es ein weiter Weg, persönlich wie musikalisch.
Maffay ist locker, selbstbewusst, entschieden
Nicht nur die Kettchen um den Hals sind markanter geworden. Peter Maffays Stärke ist, dass er authentisch rüberkommt. Locker, selbstbewusst, entschieden. So macht Maffay das „Unplugged“-Konzert in der Arena zu einer Zeitreise. Er steht augenzwinkernd zu den erfolgreichen Schnulzen der 70er wie „So bist du“sowie – in einer rockigen Fassung – „Und es war Sommer“. Er singt für die Nostalgiker im Publikum (nach vorheriger Weigerung) anders als in der Münchner Olympiahalle sogar jenen allerersten Erfolg: „Du“.
In den frühen 80ern wandelte sich Peter Maffay vom Schlagersänger zum Deutschrocker. Nach den Gassenhauern entstanden Texte aus den Themen, die ihn beschäftigten. „Wenn der letzte Regen fällt“bezieht sich auf die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl im April 1986, „Eiszeit“auf den Atombombenabwurf auf Hiroshima und den Kalten Krieg.
Maffays Coverversion des KaratHits „Über sieben Brücken musst du geh’n“singen die Fans andächtig mit, textsicher sind sie auch beim rockigen „Bring mich nach Haus“.
Zwischen den Songs gibt Peter Maffay seinen Gästen Raum: Johannes Oerding ist dabei und der scheue Liedermacher Philipp Poisel, die oberbayerische Folkrockband Django 3000, Linda Teodosiu und Maffays langjähriger Weggefährte Tony Carey, der für seinen 1989er Riesenhit „Room With A View“dankbaren Applaus bekommt.
Peter Maffay ohne Tabaluga? Der kleine grüne Drache des gleichnamigen Rock-Märchens der 80er wurde zum Symbol für die Stiftung des Sängers, die traumatisierten Kindern und Jugendlichen hilft. Nessajas Lied „Ich wollte nie erwachsen sein“setzt den Schlusspunkt unters eigentliche Konzertprogramm Maffays in der Neu-Ulmer Arena.
Über eine halbe Stunde Zugaben fordern sich die Fans in der ausverkauften Ratiopharm Arenaein – und ganz am Ende drehen Maffay und seine Band die Verstärker auf und lassen´s richtig krachen.