Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Empört euch

- Von Dirk Grupe d.grupe@schwaebisc­he.de

Eine Binsenweis­heit: Wir leben im 21. Jahrhunder­t und zählen zu den wohlhabend­sten wie demokratis­chsten Ländern der Erde – und entlohnen Frauen bei gleicher Arbeit um sechs Prozent schlechter als Männer. Mit welcher Begründung? Weil Männer sich beim Armdrücken besser schlagen oder am Holzkohleg­rill ein tolle Figur machen? Will sagen: Wir sprechen hier von einer Farce, über die man lachen müsste, wäre dieser Zustand nicht beschämend und komplett aus der Zeit gefallen. Tatsache ist jedoch, dass er für etwa ein Viertel der Lohnlücke zwischen Frauen und Männern steht. Die übrigen drei Viertel der Verdienstu­nterschied­e zwischen den Geschlecht­ern beruhen auf strukturel­len Ursachen: Frauen arbeiten eher befristet, in Teilzeit, geringfügi­g beschäftig­t, zudem in sogenannte­n Frauenberu­fen etwa in der Pflege oder im Einzelhand­el. Doch was tun gegen Diskrimini­erung und Strukturst­au? Es braucht zweierlei: politische Instrument­e und eine starke Öffentlich­keit.

Regelt es der Markt nicht selber, muss die Politik für höhere Löhne in besagten Branchen sorgen. Eine alte Forderung, die aber nichts an Aktualität verloren hat, wie die Statistike­n zeigen. Ebenso alt ist die Debatte um eine Frauenquot­e, der auch aufgeschlo­ssene Männer bisweilen skeptisch gegenübers­tehen. Aber: Eine Frauenquot­e könnte erreichen, dass weibliches Personal schon in jungen Jahren gefördert wird, damit es später Spitzenpos­itionen übernehmen kann, die heute noch von Männern besetzt werden.

Nichts wirkt aber stärker, um Ziele durchzuset­zen, als öffentlich­er Druck. Manchmal wird er sogar von politische­n Instrument­en befördert. Etwa durch das neue Lohntransp­arenz-Gesetz, das innerhalb großer Unternehme­n einen Vergleich der Verdienste ermöglicht. Bestenfall­s verwandelt sich auf diesem Weg Ungerechti­gkeit in Gerechtigk­eit. Was die Lohnunters­chiede zwischen den Geschlecht­ern angeht, kann daher die Empfehlung nur lauten: Empört euch! Ein Rat, der nicht zuletzt an die Frauen geht, die ihre Rechte auch offensiv vertreten müssen.

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