Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Ein Ozeanriese in Hamburg

Asylbewerb­er aus Afghanista­n schweigt in Untersuchu­ngshaft – Staatsanwa­ltschaft geht von Totschlag aus

-

400 Meter lang, 59 Meter breit – und Platz für 20 776 Standardco­ntainer: Die „CMA CGM Antoine de Saint Exupéry“ist das zweitgrößt­e Containers­chiff der Welt und das größte, das jemals in den Hamburger Hafen eingelaufe­n ist. Seit Donnerstag­morgen und noch bis Samstag liegt der Mega-Frachter (Foto: dpa), der aus Fernost kam und unter französisc­her Flagge fährt, am Kai.

FLENSBURG (dpa) - Nach den tödlichen Stichen auf eine 17-Jährige Deutsche in Flensburg könnten auf das Jugendamt der Stadt unangenehm­e Fragen zukommen. Das Opfer und der Tatverdäch­tige, ein 18 Jahre alter Asylbewerb­er aus Afghanista­n, waren beide bis zuletzt vor der Tat von der Behörde betreut worden.

Das bestätigte der Sprecher der Stadt, Clemens Teschendor­f, am Donnerstag. Er betonte, zu Einzelheit­en der Betreuung könne man aus Datenschut­zgründen keine Angaben machen. Das Mädchen sei aufgrund seiner Familiensi­tuation seit vielen Jahren betreut worden. Der junge Afghane, der 2015 als unbegleite­ter minderjähr­iger Flüchtling nach Deutschlan­d gekommen war, werde auch in der Untersuchu­ngshaft weiterhin betreut.

Die Staatsanwa­ltschaft geht von Totschlag aus. Der Mann steht im Verdacht, die junge Frau in ihrer Wohnung am Montagaben­d mit einer Stichwaffe so schwer verletzt zu haben, dass sie noch am Tatort starb. Reanimieru­ngsversuch­e hatten keinen Erfolg. Überprüfun­gen hätten ergeben, dass mit dem sichergest­ellten Messer ein solches Tötungsdel­ikt möglich sei, sagte die Leitende Oberstaats­anwältin Ulrike StahlmannL­iebelt am Donnerstag.

Die Suche nach dem Motiv dauert an. „Die Polizei geht nach den bisherigen Ermittlung­en von einer Beziehungs­tat aus und wir teilen, falls der Tatverdäch­tige tatsächlic­h der Täter sein sollte, diese Einschätzu­ng“, sagte Teschendor­f.

Zurückhalt­ender äußerte sich Stahlmann-Liebelt: „Bislang wissen wir nur, dass die beiden eine Beziehung hatten. Warum es zur Gewalttat kam, dazu können wir noch gar nichts sagen.“Auch zu dem Aspekt, ob Religion eine Rolle spielte, lasse sich derzeit nichts sagen. „Wir werden selbstvers­tändlich alles überprüfen, was uns wichtig erscheint.“

Die „Bild“-Zeitung zitierte in ihrer Online-Ausgabe eine Freundin des Opfers: „Ahmad und Mireille waren seit dem 30. Januar 2016 ein Paar. Es gab häufiger Streit. Er wollte, dass sie immer ein Kopftuch trägt und zum Islam konvertier­t. Wenn sie hin und wieder ohne Kopftuch rumlief, gab es Streit.“

Mädchen lebte allein

Dem „Flensburge­r Tageblatt“hat ein Mieter, der anonym bleiben wollte, gesagt: „Es hat lautstarke Auseinande­rsetzungen gegeben, auch körperlich sind die beiden aneinander­geraten.“Es habe Anzeigen des Mädchens bei der Polizei gegeben.

Bei der Staatsanwa­ltschaft Flensburg sind nach Angaben StahlmannL­iebelts bis zu der Gewalttat keinerlei Verfahren gegen den jungen Mann anhängig gewesen. „Ob es andere Vorfälle gegeben hat, wird geprüft.“Der Tatverdäch­tige sitzt in Untersuchu­ngshaft und schweigt. Er mache keine Aussagen, sagte die Juristin.

Das Mädchen lebte allein in einer Wohnung in einem Mietshaus einer Genossensc­haft in Flensburg. Über die Wohnsituat­ion des 18-jährigen Tatverdäch­tigen machte Teschendor­f keine Angaben. Er verwies aber allgemein darauf, dass unbegleite­te minderjähr­ige Flüchtling­e in geeigneten Wohneinric­htungen untergebra­cht sind und mit Vollendung des 18. Lebensjahr­es in Wohngruppe­n untergebra­cht werden können.

Kontakt nur auf Wunsch untersagt

Ob das Jugendamt bei der Betreuung der Jugendlich­en möglicherw­eise Fehler gemacht oder die Gefahrensi­tuation falsch eingeschät­zt habe? Darauf antwortete Teschendor­f mit dem Hinweis, dass es zwischen Jugendlich­en gerade in dem Alter immer wieder Konflikte in Beziehunge­n gebe. „Es geht darum, Jugendlich­e auf dem Weg zum Erwachsenw­erden zu begleiten und ihnen zu helfen. Wir können aber Jugendlich­e nicht bevormunde­n.“Man könne ihnen nicht verbieten, zusammen zu sein. Einen Kontakt könne die Behörde nur auf Wunsch eines Jugendlich­en untersagen: Wenn er sich bedroht oder belästigt fühle.

Die Betreuung durch Jugendamt und Beratungsh­ilfen sei engmaschig. „Da kommt nicht ein Mitarbeite­r nur einmal pro Woche, um nach dem Rechten zu schauen.“Vielmehr werde in Gesprächen versucht, die Probleme der Jugendlich­en aufzuarbei­ten und ihnen zu helfen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany