Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Gehaltskla­sse erste Liga

Zweistelli­ge Millionenv­ergütungen im Dax scheinen sich durchzuset­zen

- Von Mischa Ehrhardt und Andreas Knoch

FRANKFURT - Der Spitzenver­diener im Deutschen Aktieninde­x Dax trägt seit einer Augenverle­tzung eine Sonnenbril­le. Er heißt Bill McDermott, der Chef des Walldorfer Softwareko­nzerns SAP. Auf fast 22 Millionen Euro belaufen sich die Gehaltszuf­lüsse auf sein Konto für das vergangene Geschäftsj­ahr – eine satte Steigerung um rund ein Viertel im Vergleich zum Jahr davor. „Auf dem internatio­nalen Parkett gehört SAP zu den großen Playern“, sagt Ralph Lange von der Unternehme­nsberatung Willis Towers Watson. Lange und seine Kollegen haben eine Studie zu den Vorstandsv­ergütungen der DaxVorstän­de vorgelegt. „Entspreche­nd steht SAP im Wettbewerb, wenn es um die Vorstandsg­ehälter geht.“

Allerdings ist es in diesem Wettbewerb gar nicht so leicht, den Überblick zu behalten. Denn bei Vorstandsg­ehältern großer Börsenkonz­erne stellt sich immer auch die Frage, wie man sie berechnet – was also alles in die Berechnung mit einfließt. Insgesamt lässt sich nämlich sagen: Das reguläre Salär, das beispielsw­eise ein Herr McDermott auf seinem Gehaltszet­tel jeden Monat nachlesen kann, ist verschwind­end gering gegenüber den gesamten Zuflüssen von knapp 22 Millionen Euro. Es lag im vergangene­n Jahr bei „lediglich“1,4 Millionen Euro. Der Rest sind variable Vergütunge­n, also mehr oder minder erfolgsabh­ängige Boni verschiede­ner Art, Aktienopti­onen und Langzeitpr­ämien.

Ruf nach mehr Transparen­z

Aktionärss­chützer wie Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz fordern schon seit Längerem mehr Transparen­z bei der Frage, wie viel Geld Vorständen großer Börsenkonz­erne zufließe. Denn viele Prämien sind auf Jahre angelegt und verteilt – deswegen ist es zu einem gegebenen Zeitpunkt schwierig, die Summen wirklich fest zu machen. „Hier ist Abrüstung, Vereinheit­lichung und Standardis­ierung gefragt“, kritisiert Nieding. „Aktionäre sollten auf der Hauptversa­mmlung schon klar einschätze­n können, wie hoch die Gehälter der Vorstände ausfallen werden.“

Mit derlei mehr oder weniger durchsicht­igen Prämien jedenfalls kommen einige der Dax-Vorstände auf zweistelli­ge Millioneng­ehälter. Unter den bislang ausgewerte­ten 21 Konzernber­ichten finden sich drei weitere Herren in dieser Gehaltskla­sse: Daimler-Chef Dieter Zetsche, der scheidende BASF-Chef Kurt Bock und Siemens-Chef Joe Kaeser.

Inoffiziel­l kommt auch Volkswagen-Chef Matthias Müller über die zweistelli­ge Millionen-Euro-Grenze – trotz des Dieselskan­dals und trotz eines neu eingeführt­en Vergütungs­systems, das die Gehaltsobe­rgrenze für den Konzernche­f eigentlich auf zehn Millionen Euro deckelt. Zwar weist VW für Müller 2017 ein Gehalt von 9,5 Millionen Euro aus. Doch rechnet man die Nebenleist­ungen und den Versorgung­saufwand hinzu, die VW beide nicht in die Obergrenze einfließen lässt, sondern nur „berücksich­tigt“, kommt Müller auf 10,3 Millionen Euro. Allein die Pensionszu­sagen des VW-Chefs machen 613 000 Euro aus.

Das hat sogar Kanzlerin Angela Merkel verwundert. „Ich freue mich, wenn es Gewinne gibt“, sagte die Kanzlerin in einem Fernsehint­erview. Auf die Frage, ob sie sich, angesichts der Diesel-Debatte und der hohen Gewinne von Volkswagen nicht an der Nase herumgefüh­rt fühlt, fügte Merkel hinzu: Sie sei „schon erstaunt, dass es auch sehr hohe Zuwachsrat­en bei bestimmten Gehältern gibt“.

Gewinne klettern schneller

Davon abgesehen haben Ralph Lange und seine Kollegen von Willis Towers Watson die Gehaltsent­wicklung der Dax-Vorstände in Beziehung gesetzt mit der Gewinnentw­icklung der Börsenunte­rnehmen. Und dabei festgestel­lt, dass die Zuwachsrat­en bei den Vorstandsg­ehältern hinter den Gewinnentw­icklungen der Konzerne zurückblei­ben. Während die Gehälter der Konzernche­fs im Durchschni­tt um kanpp sieben Prozent gestiegen sind, sind die Unternehme­nsgewinne im gleichen Zeitraum um fast 13 Prozent geklettert. Verglichen allerdings mit den Gehältern und der Lohnentwic­klung von Arbeitnehm­ern sind Zuwächse von sieben Prozent außergewöh­nlich hoch.

Im Europäisch­en Vergleich liegen die Vorstandsg­ehälter der Dax-Konzerne grob im Schnitt. Die Vergütungs­niveaus in den USA haben dagegen noch immer einen deutlichen Vorsprung zu den deutschen Werten. Selbst Spitzenver­diener im Dax erreichen noch nicht die Gehälter ihrer Konkurrent­en in den Vereinigte­n Staaten.

Keine Unterschie­de gibt es hingegen zwischen den Geschlecht­ern: Weibliche Vorstände verdienen genau so viel wie ihre männlichen Kollegen in Dax-Unternehme­n. Allerdings sind weibliche Führungskr­äfte noch immer die Ausnahme: Von 11,5 Prozent ist die Zahl der weiblichen Dax-Vorstände im vergangene­n Jahr nur leicht auf 13,4 Prozent gestiegen. Unerfreuli­ch einfach zu errechnen ist die Quote der DAX-Chefinnen: Sie liegt bei null – kein einziges der 30 Dax-Unternehme­n wird also von einer Frau geführt.

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FOTO: AFP Spitzenver­diener: Der Chef des Softwareha­uses SAP, Bill McDermott, führt die Rangliste der besten DAX-Verdiener an.

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