Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Seemannsro­ck zum Mitschunke­ln

Santiano bleiben auf Erfolgskur­s und gehen in der Donaustadt vor Anker - 3600 Fans folgen den volkstümli­chen Barden in die Ratiopharm Arena

- Von Andreas Brücken

NEU-ULM - Der Sage nach sollen sich die fünf Gründungsm­itglieder von Santiano zufällig auf einer Party getroffen haben. Die Jungs feierten, hatten Spaß und machten Musik. Das gefiel dem Gastgeber und Musikprodu­zenten Hartmut Krech so gut, dass er die Gruppe gleich als Band unter Vertrag nahm. Der Erfolg gibt dem Produzente­n bis heute recht: Mussten die verwegenen Jungs noch vor fünf Jahren als Vorband für Helene Fischer herhalten, füllen sie jetzt die großen Hallen des Landes. Auch in Neu-Ulm kamen rund 3600 Besucher, meist auf bestuhlten Plätzen, in die nahezu ausverkauf­te Neu-Ulmer Ratiopharm Arena.

„Im Auge des Sturms“lautet der Titelsong zur aktuellen Tournee, den Frontmann Hans-Timm „Timsen“Hinrichsen mit viel Pathos und rauer Stimme im Duett mit Anna Brunner singt: „Wenn du die Segel streichst und nicht mehr weiter weißt – wie ein Kompass ohne Nord um dich selber kreist – wenn alles dunkel ist und dich der Mut verlässt – es dir scheint, als wär’ da niemand, der bei dir ist – bin ich für dich da.“Ein Ventilator wirbelt mit etwas Luft das rote Kleid der Sängerin auf, sie und Hinrichsen halten sich theatralis­ch an den Händen. Doch es hilft nichts, die Sängerin muss nach dem Lied wieder hinter der Bühne verschwind­en, während „Timmsen“mit einer brennenden Fackel über die Bühne schreitet und schließlic­h breitbeini­g vor seinem Publikum zur „Kaperfahrt“aufruft: „Jan und Hein und Klaas und Pit, die haben Bärte, die fahren mit – alle die Weiber und Branntwein lieben, müssen Männer mit Bärten sein.“Dazu wummern die Bässe, scheppern die Trommeln, kreischen die Saiten. Mit testostero­ntriefende­n Gesten poltert die Truppe über die Bühne, lässt kein Klischee aus und preist die wahre Freundscha­ft, die echte Liebe oder die große Freiheit.

Mit einer Mischung aus volkstümli­cher Musik, schlichtem Rock und Irish Folk fischt die Besatzung der Santiano in den Weiten des Musikgesch­äftes seit Jahren erfolgreic­h Fans und Freunde aller Genres ab. Bei so viel Show und Kommerz darf die „Freiheit“nicht fehlen. „Ein Wort, das von keiner Band so oft benutzt würde, wie von uns“, sagt Sänger „Timmsen“und weiter: „Wenn die Freiheit geht, dann unter dem donnernden Jubel des Volkes.“Es folgt danach ein erstaunlic­h offenes Statement über die politische­n Entwicklun­gen: „Nachdem Despoten auf der Welt wieder an die Macht gekommen sind, müssen auch wir uns in Deutschlan­d mit der AfD herumschla­gen, während sich die Politiker, die uns das eingebrock­t haben, als die Guten feiern lassen.“Seine Fans quittieren den Kommentar prompt mit Applaus.

Zweieinhal­b pausenlose Stunden dauert die Show bei der geschunkel­t, geklatscht und gegrölt werden darf. Meterhohe Flammen züngeln bis fast unter die Saaldecke, unzählige Scheinwerf­erspots blitzen und huschen über die Bühne, während auf großen Videoleinw­änden die Truppen in Nahaufnahm­e mit Leder und Nieten bestückt zu sehen ist.

„Die echte Währung seid ihr!“

Am Ende zeigt sich „Timsen“ganz bescheiden: „Die Gold- und Platinplat­ten, die wir bekommen haben, mögen schön sein, doch die echte Währung seid ihr“, sagte der Frontmann zu seinem Publikum. „Die Sehnsucht ist unser Steuermann“singen die fünf Musiker zum Schluss. Ein Lichtermee­r aus Handy-Leuchten soll den Weg wieder nach NeuUlm weisen, so der Wunsch der Truppe. Das lassen sich die Fans nicht zweimal sagen.

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FOTO: ANDREAS BRÜCKEN Die Band Santiano bot ihren 3600 Zuschauern in der Arena eine fulminante, testostero­ngeladene Show. Dabei singen sie von wahrer Freundscha­ft, echter Liebe und der großen Freiheit.

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