Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Häfler Gelassenheit entscheidet den Krimi
Volleyballer des VfB Friedrichshafen gehen mental gestärkt ins Champions-League-Rückspiel
BERLIN – Spannender hätten die Häfler Volleyballer das ChampionsLeague-Hinspiel in Berlin am Mittwochabend kaum machen können. Noch nie waren sie in dieser Saison näher an einer Niederlage. Doch selbst als sie einzelne Sätze verloren und es im Tiebreak unentschieden stand: Die Häfler blieben gelassen.
Es ist das Ende des fünften Satzes. Punktestand 12:12. Die mehr als 6000 Berliner Zuschauer schaffen es vor Spannung nicht mehr, einen einheitlichen Fangesang anzustimmen. VfBTrainer Vital Heynen nimmt eine Auszeit.
Bis dahin waren der VfB Friedrichshafen und die Berlin Recycling Volleys ebenbürtig. Während des gesamten Spiels schon, in diesem alles entscheidenden Satz aber besonders. Es braucht nur noch drei Punkte zum Sieg, aber bisher haben sich weder Vital Heynens Häfler, noch die von der Friedrichshafener Trainerlegende Stelian Moculescu trainierten Berliner in diesem Satz einen Vorsprung von mehr als einem Zähler herausspielen können.
In diesen Minuten entscheiden weder Technik, noch Taktik das Spiel. Es ist die mentale Stärke der Häfler Volleyballer, die sie zur besseren Mannschaft und damit zum Sieger macht. 13:12, 14:12, 15:12 – vorbei.
„Ich habe in keinem Moment Panik bei meinen Spielern gesehen. Wir haben einen Punkt verloren, mal zwei Punkte, aber nie unsere Ruhe“, sagt Vital Heynen. Für ihn ist das ein entscheidender Schritt nach vorne, im Vergleich zum vergangenen Jahr.
Und die Ergebnisse sprechen für sich: Bisher sind die Volleyballer vom Bodensee in allen Wettbewerben ungeschlagen. Das heißt 32 Spiele – 32 Siege.
Der Druck einer solchen Siegesserie kann durchaus belastend sein, doch das konnten die Spieler ausblenden. Einigen sei erst in den vergangenen Tagen wirklich bewusst geworden, wie besonders eine solche Serie ist, verrät Zuspieler Tomas Kocian.
Auch Stelian Moculescu schaffte es nicht, die Häfler Erfolgsserie abreißen zu lassen. Wobei es beeindruckend ist, wie schnell der einstige Meistermacher vom Bodensee, der mit dem VfB Friedrichshafen in 20 Spielzeiten 27 Titel holte, und erst vor vier Wochen eine zutiefst verunsicherte Berliner Mannschaft übernommen hatte, sein Team wieder auf Kurs gebracht hat.
Die Berliner verbuchten das 2:3 so dann auch als „Fast-Sieg“gegen die momentane Übermannschaft vom Bodensee. „Man hat gesehen, dass wir mittlerweile auf Augenhöhe mit Friedrichshafen spielen können“, sagt Diagonalangreifer Paul Carroll.
Tatsächlich waren es Kleinigkeiten in einem ansonsten ebenbürtigen Spiel, die die Satzgewinne ausmachten. Im vierten Satz hätten die Häfler den Sack zumachen können. Doch gegen die Aufschlagsserie vom Berliner
„Ich habe in keinem Moment Panik bei meinen Spielern gesehen. Wir haben einen Punkt verloren, mal zwei Punkte, aber nie unsere Ruhe“VfB-Coach Vital Heynen
„Wir können mittlerweile auf Augenhöhe spielen mit Friedrichshafen“Berlins Paul Carroll
Adam White fanden sie keine Lösung und verloren. Im Tiebreak war es vor allem der seit Wochen überragende Athanasios Protopsaltis, der für den Triumph des VfB sorgte.
Bereits am Sonntag sehen sich die Mannschaften in der ZF Arena wieder. Das ist dann allerdings noch nicht das Champions-League-Rückspiel, sondern das vorletzte Bundesligahauptrundenspiel.
Die ersten beiden Tabellenplätze sind schon zementiert. Der VfB wird die Hauptrunde als Erster abschließen, Berlin als Zweiter. Sportlich könnte das Duell zu einem Freundschaftsspiel geraten. Richtig spannend wird wohl vor allem der Empfang des Mannes sein, der den VfB Friedrichshafen erfolgreich machte und den viele Häfler noch mit dem Verein verbinden.
Am Donnerstag, 22. März, reisen die Berliner nochmals an den Bodensee. Dann geht es in der Champions League Rückrunde allerdings um den Einzug ins Viertelfinale. „Der Sieg ist ein mentaler Vorteil für uns“, sagt Heynen. Zwei Sätze müssen die Häfler noch holen, um weiterzukommen. Sie müssen nur die Nerven bewahren.