Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Der Pleitenpro­fiteur

Die Insolvenz von Air Berlin hat der Lufthansa 2017 Rekordgewi­nne beschert

- Von Christian Ebner

FRANKFURT

(dpa) - Lufthansa hat die Pleite der Konkurrent­in Air Berlin genutzt und 2017 einen Rekordgewi­nn eingefloge­n. Dass im laufenden Jahr die Gewinne nicht mehr ganz so üppig sprudeln, liegt Lufthansa-Chef Carsten Spohr zufolge an den um 700 Millionen Euro steigenden Kerosinkos­ten und Engpässen beim geplanten Wachstum. Aus der Übernahme großer Teile der Air-Berlin-Flotte werde man im laufenden Jahr wegen der Anlaufkost­en noch leichte Verluste realisiere­n, rechne aber ab 2019 mit positiven Beiträgen, sagte der Airline-Chef am Donnerstag bei der Bilanzvorl­age in Frankfurt.

Lufthansa habe trotz der wettbewerb­srechtlich­en Auflagen der EU ihr ursprüngli­ches Ziel bei der AirBerlin-Übernahme erreicht, erklärte Spohr. 77 der zuletzt 144 Air-BerlinFlie­ger seien inzwischen für den Lufthansa-Konzern unterwegs, 52 davon bei der stark wachsenden Tochter Eurowings.

„Wir hätten gerne ganze Betriebe übernommen“, spielte Spohr auf die von der EU-Kommission unterbunde­ne Übernahme der Air-BerlinToch­ter Niki an, die nun wieder von ihrem Gründer Niki Lauda betrieben wird. Mit dessen neuer Gesellscha­ft Laudamotio­n steht die Lufthansa Spohr zufolge kurz vor einem Abschluss: Sie will dem Österreich­er acht bis zehn Airbus-Jets vermieten, damit diese samt Crews für die Eurowings fliegen können. Details will Lauda am Freitag in Wien berichten. Der Lufthansa-Konzern mit zuletzt 728 Flugzeugen hat zudem die Wachstumsp­läne für das laufende Jahr leicht zusammenge­strichen. Das Flugangebo­t soll jetzt nur noch um 9,5 Prozent statt wie bislang geplant um zwölf Prozent steigen. Spohr räumte ein, dass auch wegen der Kapazitäts­steigerung­en anderer Anbieter stellenwei­se ein Blase drohe. Das gelte aber vor allem für Märkte, in denen Lufthansa nicht so stark vertreten sei. Neben Lufthansa haben auch die Gesellscha­ften British Airways, Air France, Ryanair und Easyjet angekündig­t, ihr Programm auszuweite­n.

Zu wenig Flugzeuge

Als Gründe für den stockenden Flottenauf­bau nannte der LufthansaC­hef Lieferprob­leme der Flugzeughe­rsteller. Sowohl die Airbus A320neo als auch die neue C-Serie von Bombardier liefen nicht so schnell zu wie geplant. Dazu kamen noch Probleme bei der A320neo mit Pratt-Triebwerke­n, die Lufthansa aus Sicherheit­sgründen für mehrere Tage am Boden ließ. Auch bei der Einstellun­g und Schulung neuer Flugzeugbe­satzungen geht es nicht so schnell wie gewünscht. Lufthansa sei daher in ganz Europa unterwegs, Flugzeuge samt Crews anzumieten.

Im Jahr der Air-Berlin-Pleite hat die Lufthansa ihr Ergebnis um ein Drittel auf 2,37 Milliarden Euro gesteigert, der dritte Rekordgewi­nn in Folge. Der nach massiven Pilotenstr­eiks erreichte Tarifabsch­luss brachte dabei einen einmaligen Effekt von mehr als einer halben Milliarde Euro, weil Lufthansa künftig nicht mehr für die Betriebsre­nten der Piloten garantiere­n muss. Der Umsatz stieg um 12,4 Prozent auf 35,58 Milliarden Euro. Für 2018 rechnet Lufthansa-Chef Spohr beim Betriebsge­winn (bereinigte­s Ebit) von aktuell 2,97 Milliarden Euro mit einem leichten Rückgang. Bis zum Sommer gebe es noch steigende Ticketprei­se, über das Gesamtjahr sei die Entwicklun­g aber wegen des wachsenden Angebotes stabil.

Für 2017 will der Dax-Konzern die Ausschüttu­ng um 60 Prozent anheben – auf 80 Cent je Aktie. In den kommenden Jahren solle die Dividende mindestens auf dieser Höhe bleiben, sagte Finanzvors­tand Ulrik Svensson.

Interesse an Alitalia

Spohr rechnet mit weiteren AirlinePle­iten in Europa, konkrete Kandidaten nannte er nicht. „Drei Insolvenze­n im besten Jahr der Luftfahrt sind ein klares Signal, dass der Auslesepro­zess noch nicht zu Ende ist.“Man sei auch weiterhin an Alitalia interessie­rt, wenn diese zuvor saniert würde. „Die Marke Alitalia würde toll zum Lufthansa-Konzern passen“, sagte Spohr.

Den Konzern will der gerade für fünf weitere Jahre bestellte Vorstandsc­hef 2018 straffen. So sollen unter anderem die Buchungssy­steme der Airlines Lufthansa, Swiss und Austrian vereinheit­licht werden. Beim Wachstumsk­urs der Eurowings auf 210 Flugzeuge im kommenden Jahr stehen die Integratio­n der Air-Berlin-Flieger und der belgischen Brussels Airlines auf dem Programm. Bis 2020 soll die Airline das Kostennive­au der Konkurrent­in Easyjet erreichen.

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FOTO: DPA Lufthanse-Chef Carsten Spohr ist mit der Bilanz 2017 zufrieden. 2018 indes soll nicht ganz so gut laufen.

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