Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Bayerischer Wahlkampf
Nun werde Tempo gemacht, hatte Horst Seehofer bei seiner Amtsübernahme angekündigt – und es klang wie eine Drohung. Tatsächlich verliert der neue Innen- und Heimatminister keine Zeit und haut gleich mächtig auf die Pauke. Nein, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, ließ der CSU-Chef am Freitag verlauten. Dass der bisherige bayerische Ministerpräsident dies ausgerechnet am Tag der Amtsübernahme seines Nachfolgers Markus Söder macht, ist natürlich kein Zufall. Die bundesweiten Schlagzeilen gehören somit Seehofer. Zugleich waren es aber Äußerungen, die der CSU im Landtagswahlkampf durchaus gut zupasskommen.
Seehofers Aussagen dürften allerdings nur ein Vorgeschmack auf das sein, was Kanzlerin Angela Merkel und die Große Koalition in den nächsten Monaten, zumindest bis zum Wahltag im Freistaat am 14. Oktober, noch erwartet. Ob die Taktik Erfolg versprechend ist, bleibt jedoch offen. Schon einmal hat Seehofer versucht, die AfD mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen. Bei der Europawahl 2014 ging das jedoch dramatisch schief. Die Christsozialen stürzten auf gut 40 Prozent ab, und Seehofer war mit seiner Anti-EUStrategie gescheitert. Er geriet unter Druck. Vier Jahre später versucht es der CSU-Chef erneut mit einer ähnlichen Strategie.
Natürlich liegt Seehofer richtig, wenn er sich dagegen ausspricht, „aus falscher Rücksichtnahme unsere landestypischen Traditionen und Gebräuche“aufzugeben. Auch die Feststellung, dass Deutschlands Gesellschaft auf einer jahrhundertealten christlichen Tradition fußt, ist richtig. Dennoch überwiegt der Eindruck, dass er keine ernsthafte Debatte über den Islam in Deutschland führen, sondern vor allem provozieren möchte. Ginge es ihm um die Sache, um das Miteinander von Christen, Muslimen und anderen Religionsgemeinschaften, hätte er die Debatte anders angestoßen. Für die Arbeit der Islamkonferenz jedenfalls, der Seehofer als Innenminister vorsteht, ist es eine Hypothek.
In München vom Thron gestoßen, kämpft Horst Seehofer jetzt in Berlin um Aufmerksamkeit. Offenbar um jeden Preis.