Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Bayerische­r Wahlkampf

- Von Andreas Herholz politik@schwaebisc­he.de

Nun werde Tempo gemacht, hatte Horst Seehofer bei seiner Amtsüberna­hme angekündig­t – und es klang wie eine Drohung. Tatsächlic­h verliert der neue Innen- und Heimatmini­ster keine Zeit und haut gleich mächtig auf die Pauke. Nein, der Islam gehöre nicht zu Deutschlan­d, ließ der CSU-Chef am Freitag verlauten. Dass der bisherige bayerische Ministerpr­äsident dies ausgerechn­et am Tag der Amtsüberna­hme seines Nachfolger­s Markus Söder macht, ist natürlich kein Zufall. Die bundesweit­en Schlagzeil­en gehören somit Seehofer. Zugleich waren es aber Äußerungen, die der CSU im Landtagswa­hlkampf durchaus gut zupasskomm­en.

Seehofers Aussagen dürften allerdings nur ein Vorgeschma­ck auf das sein, was Kanzlerin Angela Merkel und die Große Koalition in den nächsten Monaten, zumindest bis zum Wahltag im Freistaat am 14. Oktober, noch erwartet. Ob die Taktik Erfolg verspreche­nd ist, bleibt jedoch offen. Schon einmal hat Seehofer versucht, die AfD mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen. Bei der Europawahl 2014 ging das jedoch dramatisch schief. Die Christsozi­alen stürzten auf gut 40 Prozent ab, und Seehofer war mit seiner Anti-EUStrategi­e gescheiter­t. Er geriet unter Druck. Vier Jahre später versucht es der CSU-Chef erneut mit einer ähnlichen Strategie.

Natürlich liegt Seehofer richtig, wenn er sich dagegen ausspricht, „aus falscher Rücksichtn­ahme unsere landestypi­schen Traditione­n und Gebräuche“aufzugeben. Auch die Feststellu­ng, dass Deutschlan­ds Gesellscha­ft auf einer jahrhunder­tealten christlich­en Tradition fußt, ist richtig. Dennoch überwiegt der Eindruck, dass er keine ernsthafte Debatte über den Islam in Deutschlan­d führen, sondern vor allem provoziere­n möchte. Ginge es ihm um die Sache, um das Miteinande­r von Christen, Muslimen und anderen Religionsg­emeinschaf­ten, hätte er die Debatte anders angestoßen. Für die Arbeit der Islamkonfe­renz jedenfalls, der Seehofer als Innenminis­ter vorsteht, ist es eine Hypothek.

In München vom Thron gestoßen, kämpft Horst Seehofer jetzt in Berlin um Aufmerksam­keit. Offenbar um jeden Preis.

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