Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
London beschuldigt Putin persönlich
Russland will seinerseits Diplomaten ausweisen
LONDON/MOSKAU (dpa) - Nach dem Giftanschlag auf den Ex-Agenten Sergej Skripal spitzt sich die britisch-russische Krise zu. Am Freitag, zwei Tage vor den Wahlen in Russland, sagte der britische Außenminister Boris Johnson, die Entscheidung für die Tat sei „höchstwahrscheinlich“vom russischen Präsidenten Wladimir Putin selbst getroffen worden. Der Kreml wies dies prompt zurück. Der 65-jährige Putin will sich am Sonntag bei der Präsidentenwahl für eine vierte Amtszeit bestätigen lassen.
LONDON/MOSKAU (dpa) - Großbritannien hat den russischen Präsidenten Wladimir Putin als Drahtzieher des Attentats auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal bezichtigt. Die Entscheidung sei „höchstwahrscheinlich“von Putin selbst getroffen worden, sagte der britische Außenminister Boris Johnson am Freitag. Der Kreml wies die Vorwürfe umgehend zurück. „Jeder Verweis oder eine Erwähnung unseres Präsidenten in diesem Zusammenhang ist nichts anderes als eine schockierende und unverzeihliche Verletzung der diplomatischen Anstandsregeln“, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow.
Unterdessen beschäftigte ein weiterer mysteriöser Fall die Anti-Terror-Polizei in Großbritannien: Der russische Kreml-Kritiker und Geschäftsmann Nikolai Gluschkow wurde ermordet. An seinem Hals fanden Rechtsmediziner Gewaltspuren, wie Scotland Yard am Freitag in London mitteilte. Der 68-Jährige war am vergangenen Montag tot in seinem Haus in der Hauptstadt entdeckt worden.
Die Polizei sieht derzeit keine Verbindung zu dem Attentat auf Skripal und dessen Tochter. Die beiden waren am 4. März bewusstlos auf einer Parkbank in der südenglischen Kleinstadt Salisbury entdeckt worden. Sie befinden sich in einem kritischen Zustand. Bei dem Attentat war das in der früheren Sowjetunion produzierte, extrem gefährliche Nervengift Nowitschok verwendet worden.
Die britische Regierung hatte nach dem Attentat auf Skripal und dessen Tochter unter anderem die Ausweisung von 23 russischen Diplomaten angeordnet. Der russische Außenminister Sergej Lawrow erklärte nun, dass Moskau auch britische Diplomaten ausweisen werde. Details nannte er zunächst nicht.
Das für den Anschlag auf Skripal verwendete Nervengift könnte nach einem Medienbericht im Koffer von dessen Tochter versteckt gewesen sein. Davon gingen Geheimdienstkreise aus, berichtete die britische Zeitung „The Daily Telegraph“ohne eindeutige Quelle. Die sehr gefährliche Substanz sei bei einem Aufenthalt von Yulia Skripal in Moskau heimlich in ihrem Koffer deponiert worden. Als die Tochter anschließend den Vater in England besucht habe, soll sie das Gift dem Bericht zufolge unwissentlich freigesetzt haben.
Moskau hatte zuvor die Rhetorik des britischen Verteidigungsministers Gavin Williamson als rüpelhaft kritisiert. Der hatte am Donnerstag in Großbritannien gesagt: „Russland soll weggehen und die Klappe halten.“Der russische Botschafter in London, Alexander Jakowenko, sprach am Freitag von einer „AntiRussen-Kampagne“.
In seltener Geschlossenheit stellten sich Deutschland, Frankreich und die USA hinter Großbritannien. Am Freitag sicherten laut Downing Street Italien und Australien in Telefongesprächen ebenfalls ihre Rückendeckung zu.