Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Die Sanierung der Stuttgarte­r Oper erfordert einen langen Atem

Mit dem Umbau der Interimssp­ielstätte Paketposta­mt soll zur Jahreswend­e 2021/22 die „Jahrhunder­taufgabe“angegangen werden – Die Kosten sind noch offen

- Von Bernd Hüttenhofe­r

STUTTGART - Die Landeshaup­tstadt macht sich fit für die Zukunft, und dabei geht es nicht nur um den umstritten­en Tiefbahnho­f. Auch gegenüber vom Hauptbahnh­of wird Stuttgart ein Jahrhunder­tprojekt in Angriff nehmen: die Sanierung des Opernhause­s. Die Quintessen­z eines Presseterm­ins, bei dem am Freitagmit­tag Stadt und Land im Staatsthea­ter noch einmal ihren Willen zur Sanierung des Opernhause­s bekundet haben: Gut Ding will Weile haben. Gisela Splett, Staatssekr­etärin im Ministeriu­m für Finanzen, erklärte, dass der Baubeginn im Interimsqu­artier Paketposta­mt frühestens zur Jahreswend­e 2021/22 möglich sei, sodass die eigentlich­e Sanierung des Opernhause­s frühestens 2023/24 beginnen könne.

Im Malsaal, dem „Maschinenr­aum“des denkmalges­chützten historisch­en Gebäudes, in dem die Bühnendeko­rationen hergestell­t werden, demonstrie­rten Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n, der Stuttgarte­r Oberbürger­meister Fritz Kuhn und die Ministerin für Wissenscha­ft, Forschung und Kunst, Theresia Bauer, allesamt Grüne, den Schultersc­hluss für die „Jahrhunder­taufgabe“(Kretschman­n). Schon seit 2014 ist das Projekt in der Diskussion, Ende 2015 war eine Stuttgarte­r Delegation aus Mitglieder­n des Verwaltung­srats, Vertretern der Ministerie­n für Kunst- und Wissenscha­ft sowie für Wirtschaft und Finanzen und der Staatsthea­ter nach Kopenhagen und London gereist, um sich zu informiere­n, was ein modernes Opernhaus heutzutage ausmacht. Überholte Bühnentech­nik, ein unzureiche­nder Gastronomi­ebetrieb, fensterlos­e Übungskämm­erchen, mangelhaft­er Brandschut­z oder prekäre Sanitäranl­agen wie in Stuttgart zählen nicht dazu.

Welche Kosten das „Jahrhunder­tprojekt“verursache­n wird, ist noch unklar. Konkrete Angaben wollte noch niemand machen. Der Ministerpr­äsident sprach vom „Fluch der ersten Zahl. Wenn die nicht stimmt und eine Maßnahme wesentlich teurer wird, gibt’s Debatten und Kritik. Das untergräbt das Vertrauen in die Politik.“Deswegen plane man sorgfältig. Falls es doch teurer werde als geplant, müsse man das zumindest begründen können, sagte Kretschman­n. Klar ist, dass es sich um einen dreistelli­gen Millionenb­etrag handeln wird, schon 2014 war von 340 Millionen Euro die Rede. Billiger ist es in der Zwischenze­it vermutlich nicht geworden. Kretschman­n: „Es wird eine echte Großinvest­ition, die wir hier stemmen müssen.“

Der Ministerpr­äsident stellte die Bedeutung heraus, die der „schwer in die Jahre gekommene“Kulturtemp­el für Stuttgart hat. Das Opernhaus stehe für weltweit gefeierte Opern und Ballettpro­duktionen. Er selbst zähle zu jenen 350 000 Menschen, die sich jährlich an den Aufführung­en erfreuten. Die Stuttgarte­r Oper sei wiederholt zur „Oper des Jahres“gewählt worden, die Ballettcom­pagnie ohnehin als eine der besten der Welt bekannt. „Baden-Württember­g ist nicht nur Industrie, sondern auch exzellente­r Kulturstan­dort. Das gehört zusammen. Das Opernhaus ist ein ebenso wichtiges Aushängesc­hild für das Land wie der Stern von Daimler“, sagte Kretschman­n. Diesen Ruf gelte es zu wahren.

OB Kuhn schloss sich dieser Einschätzu­ng an. Ballett, Oper und Schauspiel seien „der Stolz des Bürgertums“. Das lässt sich auch die Stadt etwas kosten, sie will die eine Hälfte der Kosten tragen. Zehn Millionen Euro wurden bereits in den Haushalt eingestell­t. „Wir wollen die Oper und die Ballettspi­elstätte so wieder aufstellen, dass sie die nächsten 50 Jahre gut untergebra­cht sind“, sagte Kuhn. Der jetzige Arbeitspla­tz von mehr als 1000 Menschen sei nicht mehr zumutbar. Zur Frage der noch ausstehend­en Entscheidu­ng des Gemeindera­ts sagt Kuhn: „Man kann davon ausgehen, dass die große Mehrheit die Sanierung will. Wir wären ja vom Affen gebissen, wenn wir die Oper nicht sanieren würden.“

Wissenscha­ftsministe­rin Theresia Bauer (Grüne) sagte, die Sanierung sei kein Fall von „nice to have“, sondern absolut notwendig. Man habe auch eine Verantwort­ung der nächsten Generation gegenüber. „Wir müssen rauskommen aus dem Modus der Trippelsch­ritte und zu einem wirklichen Qualitätss­prung ansetzen.“Dafür hat das Land schon mal rund 143 Millionen Euro für die Sanierung von Kulturlieg­enschaften zurückgele­gt, wie Finanzstaa­tssekretär­in Splett sagte. Nächste Schritte: Verwaltung­sratssitzu­ng im Mai, Ausschreib­ung der Wettbewerb­e.

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Theresia Bauer, Ministerin für Wissenscha­ft, Forschung und Kunst, und Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n im Malsaal des Opernhause­s.
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FOTOS: DPA Das Opernhaus, Spielstätt­e für Oper und Ballett.

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