Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Eine Klasse, viele Welten

Staatsmini­sterin Beate Merk macht sich ein Bild von einer Flüchtling­s-Sprachlern­klasse

- Von Oliver Helmstädte­r Politikerb­esuch in einer Sprachlern­klasse: Ministerin Beate Merk (links) vor Jürgen Adler, der Leiter des BFZ in Neu-Ulm. Rechts: Lehrerin Joanna Lauferswei­ler-Grabon.

NEU-ULM - Sorgen und Nöte aus erster Hand: Der Eritreer Keschay Fesahye hat weder Waschmasch­ine noch Herd, der Syrer Mohammad Alkhubi muss aus seiner Wohnung raus und Landsmann Abdulhamed Alali würde gerne öfter mit Deutschen reden. Doch die hätten oft Angst vor ihm. Ganz unbegründe­t. Staatsmini­sterin Beate Merk (CSU) machte sich am Donnerstag im Berufliche­n Fortbildun­gszentrum (BFZ) in Neu-Ulm ein Bild praktische­r Integratio­n. Am BFZ-Standort in der Boschstraß­e betreuen 28 Mitarbeite­r rund 120 Flüchtling­e aus elf Nationen mit dauerhafte­r Bleibepers­pektive und bereiten sie nach Vorgaben des Bundesamte­s für Migration und Flüchtling­e mit zahlreiche­n Integratio­nsmaßnahme­n auf den deutschen Arbeitsmar­kt vor.

In einigen Bereichen, wie dem Programm „Arbeitswel­t Deutschlan­d“, in dem Menschen aus anderen Kulturkrei­sen auf die harte Job-Realität vorbereite­t werden, gebe es eine Vermittlun­gsquote von 40 Prozent, so Jürgen Adler, der Leiter des BFZ in Neu-Ulm. Das A und O für eine gelungene Integratio­n, da waren sich am Donnerstag Merk und Adler einig, ist die Sprache. An dieser Stelle setzt Joanna Lauferswei­ler-Grabon seit 1991 an, in dem sie Deutschunt­erricht anbietet. Nach Engpässen 2015 und 2016 sei die Lage wieder gut. Jeder, der Deutsch lernen wolle, könne das ohne lange Wartezeite­n.

Abschlussp­rüfungen bestimmen die weiteren Chancen

Als „wunderbare Erfahrung“bezeichnet Lauferswei­ler-Grabon die Arbeit mit Flüchtling­en. Der tägliche Umgang mit den unterschie­dlichsten Schicksale­n habe sie „als Mensch verändert“, der Umgang mit anderen Kulturen sei eine Bereicheru­ng. Die einfache Kommunikat­ion in Deutsch sei schon nach wenigen Wochen möglich.

Schwierige­r werde es, wenn in Prüfungen bestimmte Level bestätigt werden müssten. Ob die Migranten Abschlussp­rüfungen mit Namen wie B1, B2 oder C1 bestehen, könne entscheide­nd fürs ganze Leben sein.

Der Fall des Auszubilde­nden im Landgastho­f Finningen wurde der Staatsmini­sterin als beispielge­bend präsentier­t: Der 18-jährige flüchtete aus Afghanista­n und lernt seit August den Beruf des Hotelfachm­anns. „Es klappt super“, sagt Personalch­efin Sonja Epple. Er habe verinnerli­cht, was Dienstleis­tung bedeutet. Epple ist überzeugt, dass er eine geeignete Hotelfachk­raft werden wird. „Betrieblic­h“, also was die Arbeit im Hotel angeht, habe sie keine Zweifel. Eine Hürde sei nur die Berufsschu­le. In Prüfungssi­tuationen würden alltagstau­gliche Sprachkenn­tnisse oft an Grenzen stoßen.

Wie Ministerin Merk betonte, will sie in einiger Zeit wieder ins BFZ kommen. „Man muss immer nachfragen, wie’s läuft.“Diesmal hörte die Politikeri­n hauptsächl­ich zufriedene­n Stimmen. Und um Herd und Waschmasch­ine für Keschay Fesahye wolle sich das BFZ kümmern.

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OTO: ANDREAS BRÜCKEN

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