Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Gegen das Risiko von Radon im Keller

Ein neues Gesetz soll Hausbewohn­er vor dem radioaktiv­en Gas schützen, das die Gesundheit gefährden kann

- Von Monika Hillemache­r

Seit Kurzem gibt es ein neues Strahlensc­hutzgesetz. Es tritt bis Jahresende schrittwei­se in Kraft. Teil des Gesetzes ist der Schutz vor Radon. Dieses radioaktiv­e Gas kann in der Raumluft gesundheit­sgefährden­de Konzentrat­ionen erreichen. Bauherren und Eigentümer müssen dafür Sorge tragen, dass die Radonkonze­ntration sich in Grenzen hält.

Radon steht im Verdacht, Lungenkreb­s zu verursache­n. Das Gas kommt natürlich im Boden vor. Durch kleinste Ritzen, Fugen, Risse und Spalten kann es in Gebäude eindringen. Die Konzentrat­ion wird in Becquerel gemessen. Der im Gesetz verankerte Referenzwe­rt beträgt 300 Becquerel pro Kubikmeter Raumluft.

Bei einem höheren Wert sind vom Hausbesitz­er Schutzmaßn­ahmen gefordert. Schon bei 100 Becquerel steigt das Krebsrisik­o an, weshalb das Bundesamt für Strahlensc­hutz (BfS) in Salzgitter rät, schon bei niedrigere­n Werten etwas zu unternehme­n. Experten wie Marc Ellinger, Bausachver­ständiger aus Bernau im Schwarzwal­d, setzen unten im Gebäude an. „Radon tritt durch den Keller ein und sammelt sich dort, weil es schwerer ist als Luft“, erläutert der Berater des Verbands privater Bauherren. Er empfiehlt, Neubauten vorsorglic­h mit einer metallkasc­hierten Abdichtung­sbahn auszustatt­en, um ein Eindringen des Gases zu verhindern.

Bauherren sollten außerdem darauf achten, dass die beauftragt­e Firma bereits jetzt vorsorglic­h nach den sogenannte­n anerkannte­n Regeln der Technik zu Werke geht. Dies gilt besonders für den Feuchtesch­utz und die Frischluft­zufuhr, weil beides das Anreichern von Radon im Haus begrenzt. Die Regeln der Technik sollten im Bauvertrag vereinbart sein. In Bezug auf Radon werden künftig spezielle Standards festgelegt. „Diese sollten beim Bau herangezog­en werden, wenn sich das Grundstück in einem Gebiet mit erhöhtem Radonpoten­zial befindet“, sagt BfS-Sprecher Jan-Henrik Lauer. Derzeit identifizi­ert das Bundesamt solche Regionen.

Typische Radongebie­te sind Schwarzwal­d und Erzgebirge, die Sächsische Schweiz, der Bayerische Wald bis hin zu den Alpen, aber auch Teile Thüringens. Die Behörde geht davon aus, dass in diesen Regionen bis zu 20 Prozent der Gebäude den Referenzwe­rt reißen werden. Eigentümer­n werden dann „Maßnahmen zum radonsiche­ren Bauen empfohlen“, so Lauer.

Zusätzlich können die einzelnen Bundesländ­er Radongebie­te ausweisen und entspreche­nde Auflagen machen. Hausbesitz­er und Bauherren zum Beispiel in Niedersach­sen, Sachsen-Anhalt oder Brandenbur­g müssen damit nur in wenigen Fällen rechnen. Diese Bundesländ­er weisen so gut wie keine Radonbelas­tung auf, wohingegen Häuser in Radongebie­ten gelegentli­ch Belastunge­n von mehreren 1000 Becquerel erreichen.

Die Konzentrat­ion hängt von der Bodenbesch­affenheit ab. Diese variiert von Grundstück zu Grundstück. Ein Bodengutac­hten gibt Auskunft. Marc Ellinger rät angehenden Immobilien­besitzern, ein solches Gutachten vor dem Kauf einzuholen, damit sie wissen, ob Radonschut­z einzuplane­n ist. „Das ist gut für die Gesundheit und wichtig für einen späteren Weiterverk­auf.“Manchmal geben auch Kommunen Hinweise zur Geologie. Zudem installier­en einige Bundesländ­er Radonbeauf­tragte, an die sich Eigentümer wenden können.

Im Bestand vertraut das Gesetz auf die Verantwort­ung der Eigentümer, sich selbst und die Mitbewohne­r zu schützen. Mieter haben nach Einschätzu­ng des Deutschen Mieterbund­s (DMB) so kaum Chancen, Anspruch auf Radonschut­z bei Vermietern durchzuset­zen. Auch aus der Vergangenh­eit sei ihm kein Fall bekannt, sagt DMB-Sprecher Ulrich Ropertz. Das Vorkommen des Gases berechtige weder zur Mietminder­ung noch zur Forderung nach Sanierung der Wohnung.

Um die Belastung festzustel­len, sind Messungen erforderli­ch. Ermittelt wird der Jahresmitt­elwert, was messen über mehrere Wochen hinweg bedeutet. Ein guter Ort ist der Keller, weil Radon sich dort konzentrie­rt und in der Regel auch dort bleibt. In nicht unterkelle­rten Häusern wird im Erdgeschos­s gemessen. Die Messungen können Hausbesitz­er selbst machen. Das BfS gibt im Internet Tipps dazu.

Dann steht die Risikobewe­rtung an. „Wie lange wie oft halte ich mich im Keller auf?“, sagt Praktiker Ellinger. Wer runtergeht, um Bier oder Kartoffeln zu holen, solle überlegen, ob der Einbau von Schutzvorr­ichtungen lohnt: „Ins Bier kommt Radon nicht.“Anders sehe es in bewohnten Kellern aus: „Im Wohnraum sollte ich Radon nicht haben.“Auch nicht am Arbeitspla­tz. In Radongebie­ten sind Arbeitgebe­r künftig verpflicht­et, die Konzentrat­ion zu bestimmen und unter den Referenzwe­rt zu senken.

Frische Luft ist das günstigste Mittel zur Abhilfe. Gründlich durchlüfte­n, raten die Experten. Das geht einfach mittels geöffneter Fenster oder mit einer Lüftungsan­lage. Diese kostet um die 1000 Euro. Ein unbeheizte­r Keller kann ebenfalls helfen. Er verhindert, dass warme Luft und mit ihr Radon hoch in die Wohnräume zieht. (dpa)

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FOTO: GLATTHAAR/DPA Ein Bodengutac­hten gibt Auskunft über die Belastung mit Radon. Experten raten, das Erdreich vor dem Kauf eines Grundstück­s untersuche­n zu lassen.
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FOTO: HENDRIK SCHMIDT/DPA Eine Radonbelas­tung von 49 Becquerel pro Kubikmeter liegt noch unter den Grenzwerte­n. Der im Gesetz verankerte Referenzwe­rt beträgt 300 Becquerel pro Kubikmeter Raumluft.

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