Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Türkische Offensive „Olivenzweig“trägt Früchte
Truppen erobern nordsyrische Stadt Afrin – Lage in Ost-Ghuta weiter dramatisch
AFRIN (AFP) - Rund zwei Monate nach Beginn der türkischen Offensive in Nordsyrien haben die türkischen Truppen und ihre Verbündeten am Sonntag die mehrheitlich kurdische Stadt Afrin eingenommen. Das Stadtzentrum sei „vollständig“erobert, sagte der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan. Wie Reporter vor Ort berichteten, waren türkische Soldaten und ihre syrischen Verbündeten in sämtlichen Stadtteilen präsent. In den vergangenen Tagen waren nach Aktivistenangaben rund 200 000 Zivilisten aus der Stadt geflohen.
Eine „große Zahl“kurdischer Kämpfer sei „mit eingezogenem Schwanz geflohen“, sagte Erdogan. Türkische Spezialeinheiten seien in der Stadt stationiert worden. „Die türkische Flagge weht jetzt dort! Die Flagge der Freien Syrischen Armee weht dort!“, sagte Erdogan. Der türkische Generalstab veröffentlichte im Kurzbotschaftendienst Twitter ein Video, das einen Soldaten beim Hissen der türkischen Flagge zeigt.
Die in der gleichnamigen Enklave gelegene Stadt Afrin war das Hauptziel der am 20. Januar von der Türkei gestarteten Offensive „Olivenzweig“. Die Einnahme der Stadt ist ein wichtiger Sieg der Türkei gegen die Kurdenmiliz YPG. Ankara sieht die YPG wegen ihrer engen Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als Terrororganisation an.
Der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge flohen in den vergangenen Tagen mindestens 200 000 Zivilisten aus Afrin. Demnach wurden bei türkischen Bombenangriffen am Freitag und Samstag mindestens 27 Zivilisten in Afrin getötet, darunter 16 beim Beschuss eines Krankenhauses. Seit Beginn der Offensive seien mehr als 280 Zivilisten getötet worden. Ankara weist das zurück, ebenso wie den Angriff auf das Krankenhaus.
Wie die Beobachtungsstelle mitteilte, wurden seit Beginn der Offensive zudem mehr als 1500 kurdische Kämpfer getötet. Seit dem 20. Januar seien überdies mehr als 400 protürkische Rebellen getötet worden. Die türkische Armee spricht von 46 getöteten türkischen Soldaten.
Die Lage in der Rebellenenklave Ost-Ghuta am Rande der syrischen Hauptstadt Damaskus war am Wochenende weiter dramatisch. Nach Angaben der Beobachtungsstelle flohen seit Donnerstag mehr als 50 000 Menschen. Das syrische Staatsfernsehen zeigte Flüchtlingstrecks, die aus Ost-Ghuta in die Regierungszone strömten: Schwarzgekleidete ältere Frauen, Mädchen mit Decken im Arm, Männer mit Bündeln auf der Schulter, ein Vater mit einem Fahrrad, seinem kleinen Sohn und einem riesigen Jutesack.
Proteste in Hannover
Rund 11 000 Menschen haben am Samstag in Hannover gegen die türkischen Angriffe auf Kurden demonstriert. Die Proteste verliefen trotz einzelner Zwischenfälle aber ohne die befürchteten größeren Krawalle. Die Demonstranten schwenkten Fahnen der Kurdenmiliz YPG und nannten den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan einen Terroristen.