Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Vieles richtig gemacht
25 Jahre ist es her, dass „Gentleman-Boxer“Henry Maske seinen ersten Weltmeistertitel gewonnen hat
BERLIN (dpa/sz) - Henry Maske feiert 25-Jähriges. Am 20. März 1993 wurde der frühere Vorzeigesportler der DDR im Westen Profibox-Weltmeister – und leitete eine Zeitenwende ein. Aus der laut Maske „Igitt-Branche mit einem Publikumsinteresse unter Null“wurde im wiedervereinigten Deutschland ein funkelndes Vorzeigeprodukt, nach dem sich fast alle rissen. Bis zu 18 Millionen TV-Zuschauer waren wild auf die Kämpfe Maskes und seines Stallgefährten Axel Schulz. Welch ein Aufstieg vom Träger des Vaterländischen Verdienstordens in Gold und NVA-Oberleutnants zum umjubelten Popstar.
Manager Wilfried Sauerland, der TV-Sender RTL und die ehrlichen Ringarbeiter Maske und Schwergewichtler Schulz schnürten unter Regie von Trainer Manfred Wolke in Frankfurt/Oder ein Paket, das ankam. „Wir haben die Ernsthaftigkeit gelebt“, sagte Maske, der auch elf Jahre nach seinem letzten Kampf und Sieg gegen Virgil Hill noch gut vom vergangenen Ruhm lebt.
„Natürlich erinnere ich mich noch gut an den 20. März und den gewonnenen Kampf gegen Prince Charles Williams, auch wenn er mir nicht jeden Tag präsent ist“, sagte der dreifache Familienvater, der längst aus der Plattenbau-Siedlung Hansa-Nord in Frankfurt/Oder nach Overath bei Köln umgezogen ist und als Franchisenehmer zahlreicher McDonaldsZentralen bestens im Geschäft ist.
„Mir geht’s gut, ich hab’ vieles richtig gemacht“, resümierte der 54-Jährige, der weiß: „Entweder man mag Boxen oder man findet es gruselig. Dazwischen gibt es nichts.“Er gehört natürlich zu den Liebhabern. Der defensive Stil des Rechtsauslegers, sein hohes technisches Können und taktisches Vermögen bewahrten ihn vor einer Reihe schwerster Treffer. Bei seinem Übertritt ins Profilager unmittelbar nach dem Mauerfall haben sich laut Maske viele Journalisten gewundert, dass er als Boxer „mehr als drei Sätze geradeaus reden“konnte. Maske wurde als „Gentleman-Boxer“inszeniert, einer ohne Skandale.
Den heutigen Niedergang der Sportart sieht er mit Bedauern. Seiner Meinung nach liegt es an der „fehlenden Leidenschaft“der Protagonisten im Ring. Natürlich habe auch er sich „immer gefreut, wenn der Scheck von Sauerland kam. Aber das war nicht unsere Hauptmotivation.“
Gegen Rocchigiani an der Grenze
Im Rückblick auf zwölf WM-Kämpfe in 14 Jahren mit nur einer Niederlage (im ersten Kampf gegen Hill) stufte Henry Maske ohne langes Nachdenken das Duell mit dem Berliner BadBoy Graciano Rocchigiani am 27. Mai 1995 als seinen „schwersten Kampf“ein. Im Schlaghagel von Dortmund war nicht viel vom Nimbus des Unbezwingbaren geblieben. Mit dem Abstand von 23 Jahren kann Maske zugeben: „Graciano hat mich – durch eigene taktische Fehler – an meine Grenze geführt.“Die späte Analyse des höchst schmeichelhaften Punktsieges bietet Maske mit einem Augenzwinkern an: „Bei der Anzahl der Treffer lag ich zwar vorne und habe den Ring auf beiden Beinen verlassen. Ich bin eben nur fast umgefallen.“Fünf Monate später revidierte Henry Maske den ersten Eindruck mit einem klaren Punktsieg.