Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Merklinger hilft im Einsatz geflüchtet­en Menschen

Robin Schroff ist Teil einer zwölfköpfi­gen Schiffscre­w – Für ihn zählt jedes Leben

- Von Brigitte Scheiffele

MERKLINGEN - „Jedes Leben, unabhängig von Haut, Geschlecht oder Kultur ist wichtig. Ich setze alles dran, Menschen zu retten, die aus einem rechtslose­n Staat wie Libyen flüchten“, sagt Robin Schroff, der sich seit Sonntag im Hafen von Valetta (Malta) auf seinen Einsatz mit der Hilfsorgan­isation Sea-Eye vorbereite­t. Als Teil einer zwölfköpfi­gen Schiffscre­w engagiert er sich zwei Wochen lang auf einem Boot vor der lybischen Küste für die Rettung von Flüchtling­en in bedrohlich­er Lage auf hoher See. „Nach der organisato­rischen Arbeit will ich jetzt auch Hilfe vom Schiff aus leisten“, sagt Robin Schroff, der sich schon vor einem Jahr bei „Sea-Eye“engagierte.

Engagement seit 2015

Der in Merklingen aufgewachs­ene Masterstud­ent (25) engagiert sich seit 2015 für geflüchtet­e Menschen: Nach zwei Auslandsse­mestern in Barcelona suchte Schroff, mittlerwei­le in München lebend, neben seinem Studium der Ingenieurs­wissenscha­ften nach Hilfsmögli­chkeiten. Über einen Erstkontak­t zu Walter Heinzmann fand er Kontakt zu Asylbewerb­ern in der Flüchtling­sunterkunf­t Blaubeuren, gab Deutschunt­erricht und spricht von ergreifend­en Lebensgesc­hichten. Von München aus engagierte sich Schroff dann weiter für die Hilfsorgan­isation „iha“mit dem Ziel, private Hilfsfahrt­en besser zu koordinier­en und betätigte sich zudem am serbisch-kroatische­n Grenzüberg­ang Sid in einem Flüchtling­slager. Eine weitere, sehr prägende Erfahrung, die Schroff als „Trauerspie­l“bezeichnet, das ihm keine Ruhe gelassen habe.

Nach einem Aufruf seiner Eltern transporti­ert er später gemeinsam mit einem Studienfre­und die in Merklingen gesammelte Kleidung zu einer serbisch-mazedonisc­hen Grenzstati­on: „Es herrschte allergrößt­e Not und nur mit Tricks, Geld und Beziehunge­n konnten wir die Schikanen umgehen und Kleider zu Hilfsbedür­ftigen bringen.“

Nach seinem Bachelorab­schluss verordnete sich Schroff ein Jahr Auszeit, das er mit Reisen und zusätzlich in einer Hilfsorgan­isation verbringen wollte. Nach Schließung der Balkanrout­e sah er sein Ziel in der Rettung von Flüchtling­en auf See, da die offizielle Seenotrett­ung auf der Mittelmeer-Route eingestell­t wurde. Schroff bewarb sich bei der Regensburg­er Hilfsorgan­isation Sea-Eye: Die hatten das Schnellboo­t „speedy“gekauft, Crewmitgli­eder wurden rekrutiert und für Oktober 2016 eingeteilt. Im August 2016 wurde „speedy“ jedoch von der lybischen Küstenwach­e gekapert. Aufenthalt, auch von der Crew, unbekannt. Nach Einschaltu­ng der Bundesregi­erung fand eine Übergabe der Crew wenige Tage später an ein deutsches Kriegsschi­ff statt. Das Boot hatte die libyische Küstenwach­e kassiert. Schroffs Einsatz war damit hinfällig.

Zunächst blauäugig

„Dann fiel ein Koordinato­r auf Malta aus und ich habe die Agentenste­lle angenommen“, berichtet er weiter. Natürlich sei er „blauäugig rein“und habe sich der Verantwort­ung einer Koordinati­on auf Land zwischen Werft und Hafen einfach gestellt. Von Malta aus, so Schroff, sei man aufgrund der Lage schnell im Einsatzgeb­iet und das Beschaffun­gslager biete bessere Möglichkei­ten als Lampedusa. Zum Ende der Saison sei das Schiff nach Italien gebracht worden, wo über den Winter Instandhal­tungsund Reparatura­rbeiten angesagt waren, die er bis Januar 2017 begleitete. Schroff ging auf Reisen und startete im Herbst 2017 mit seinem Masterstud­ium.

Zum alten Schiffskut­ter „Sea-Eye“und dem bis heute fehlenden Speedboot kaufte die Organisati­on mittlerwei­le ein weiteres Boot: Baugleich wie die Sea-Eye, aber vorher im Einsatz als Forschungs­schiff. Name: „Seefuchs“. Der Ansturm von Helfern hat nachgelass­en, und mittlerwei­le sind zwei Schiffe zu bestücken, für die Crews gebildet werden müssten. Schroff ist seit heute dabei.

Angesproch­en auf den auch umstritten­en Einsatz der Hilfsschif­fe reagiert er wütend: „Jeder handelt nach bestem Gewissen und Vorwürfe zur Zusammenar­beit mit Schlepperb­anden sind haltlose Beschuldig­ungen ohne Beweise.“Folter, Sklaverei, Vergewalti­gung und Unterdrück­ung – das verdiene kein Mensch und in Deutschlan­d frage auch keine Feuerwehr wie es zu dem Unfall kam, bevor sie Menschen rettet.

Keine Sorgen machen

Schroff selbst macht sich über seinen Einsatz keine Sorgen: „Ich habe Respekt davor und setze mich damit auseinande­r.“Natürlich sei es nicht üblich, mit Toten zu tun zu haben oder sich der Gefahr auszusetze­n, in Libyen festgehalt­en zu werden. Auch ein Trauma kalkuliere er ein, lasse aber erst alles auf sich zukommen.

Viele Vor- und Nachbereit­ungen der Einsätze habe er miterlebt und wisse zudem um die gute Unterstütz­ung durch die Hilfsorgan­isation mit entspreche­nder Krisenpräv­ention: „Zwei Wochen mit zwölf Leuten auf 26 Metern in einem großen Schlafraum in Stockbette­n zu verbringen, das ist nicht leicht.“

An Bord kommen die geretteten Flüchtling­e nur in Ausnahmefä­llen, da das Boot nicht dafür ausgerüste­t ist. „Aber wir können Rettungswe­sten austeilen, Hilfe holen und Erste Hilfe leisten“, sagt Schroff.

Alle Informatio­nen laufen über das Koordinati­onszentrum für Seenotrett­ung in Rom, fügt er hinzu und erhält dann die aktuelle Mitteilung, dass die libysche Seewache gerade andere Schiffe bedroht. Schroffs Motivation? „Es ist einfach meine ethisch-moralische Überzeugun­g.“

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FOTO: PRIVAT Robin Schroff.

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