Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Prozess in Ulm: Vereinsschädigung ja oder nein?
Der langjährige Höhlenführer Werner Thierfelder klagt gegen den Höhlenverein Sontheim vor dem Landgericht
HEROLDSTATT - Werner Thierfelder contra Höhlenverein Sontheim: So ist eine Verhandlung an diesem Donnerstag vor dem Landgericht in Ulm überschrieben. Der langjährige Höhlenführer klagt gegen seinen Vereinsausschluss aus dem Höhlenverein Sontheim wegen Vereinsschädigung. Beide Seiten werden von einem Rechtsanwalt vertreten. Der zuständige Richter am Landgericht Ulm muss entscheiden, ob Thierfelder tatsächlich vereinsschädigendes Verhalten vorgeworfen werden kann. Ob ein Richterspruch bereits am Donnerstag gefällt wird, ist offen.
„Kann von einer Vereinsschädigung gesprochen werden, wenn man auf Gefahren in der Höhle aufmerksam macht? Kann von einer Vereinsschädigung ausgegangen werden, wenn man Sorgen um Leben und Gesundheit vor wirtschaftliche Interessen stellt?“Dies sind zwei Fragen, die Werner Thierfelder bei der Debatte um seinen Vereinsausschluss immer wieder stellte und auf die nun der zuständige Richter vor dem Landgericht Ulm Antworten finden muss.
Thierfelder, langjähriges Ausschussmitglied beim Höhlenverein, will bei der Gerichtsverhandlung den Vorwurf der Vereinsschädigung vom Tisch bekommen und erreichen, dass sein Ausschluss aus dem Höhlenverein Sontheim nicht gerechtfertigt und nicht rechtens war.
Der Vereinsausschluss liegt ziemlich genau ein Jahr zurück und die meisten Mitglieder des Höhlenvereins wie der Gemeinde Heroldstatt dachten, dass damit die Sache ad acta gelegt ist. Doch weit gefehlt: Das „Vereinsausschlussverfahren gegen Werner Thierfelder“wird nun neu aufgerollt und könnte eine neue Wendung erreichen. Bei der Jahresversammlung des Höhlenvereins Sontheim am 11. März 2017 war das Vereinsausschlussverfahren unter Punkt 8 der Tagesordnung aufgeführt. Die Mitglieder mussten damals über einen von Alfred Bayer bei einer zweiten außerordentlichen Mitgliederversammlung am 9. Juli 2016 eingereichten Antrag entscheiden. Bayer hatte den Ausschluss von Werner Thierfelder aus dem Höhlenverein gefordert – eben wegen Vereinsschädigung.
Alfred Bayer hatte Werner Thierfelder vor allem aus zweierlei Gründen Vereinsschädigung vorgeworfen: Weil er bei der öffentlichen Jahresversammlung im März 2016 ein allzu dramatisches und überzogenes Bild von der Sicherheitslage der Sontheimer Höhle dargelegt und nach außen getragen und dann Wochen später hinter dem Rücken der Vorstandschaft das Bergamt in Freiburg eingeschaltet habe. Hinzu kam ein Vorwurf der Wahlmanipulation, da kurzfristig eingetretene Mitglieder bei Abstimmungen mitentscheiden wollten.
Gegen diese Vorwürfe hatte sich Thierfelder energisch gewehrt und betont: Gerade eine Generalversammlung sei doch dazu da, Bedenken, Anliegen und Ängste offen vorzutragen, „die zuvor bei der Vereinsführung kein Gehör gefunden haben“. Er habe schon mehrmals in der Vergangenheit bei der Vereinsführung das Thema Sicherheit angemahnt und auf die Gefahr von losem Geröll im Eingangsbereich verwiesen. Da ihn keine Antwort erreicht habe, habe er handeln müssen. Er habe „schon 2015 die Sicherheit gepredigt und den Geröllabgang aufgezeigt“, hatte Thierfelder erklärt.
24 Mitglieder stimmten mit Ja
Wie kam nun der Vereinsausschluss zustande? Bei der Jahresversammlung am 11. März 2017 ist dem offiziellen Antrag Bayers mehrheitlich stattgegeben worden: 24 Mitglieder stimmten damals für den „Rauswurf“, fünf waren dagegen und zwei enthielten sich der Stimme. Dies war bereits die zweite Abstimmung in der Sache, da sie aus verfahrenstechnischen Gründen wiederholt werden musste. Eine gütliche Einigung der inzwischen eingeschalteten Rechtsanwälte schien greifbar, wurde aber auf der Zielgeraden verworfen.
Der Abstimmung bei der Jahresversammlung war eine hitzige Debatte vorausgegangen, bei der Werner Thierfelder nochmals seine Beweggründe darlegte und betonte, dass seiner Meinung nach der Vorstand des Höhlenvereins „keinerlei echtes Interesse bekundete“, die Höhle sanieren zu wollen. Thierfelder war bei der Versammlung aufgrund des Ausschlussverfahrens und aufgrund der Vorwürfe der „Vereinsschädigung“mehrheitlich nicht entlastet worden. Lediglich drei Mitglieder wollten ihm die Entlastung erteilen, sieben enthielten sich. So behielt es sich der Verein damals vor, den ehemaligen Höhlenforschungs-Abteilungsleiter eventuell regresspflichtig zu machen. Andreas Scheurer übernahm damals dessen Amt.
Die Folge nach der ordentlichen Jahresversammlung 2016, als Werner Thierfelder auf mögliche Gefahren im Eingangsbereich der Sontheimer Höhle verwiesen hatte: Er schaltete das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau als die zentrale geowissenschaftliche und bergbauliche Behörde des Landes BadenWürttemberg ein, ohne die damalige Vorstandschaft zu informieren. Thierfelder wollte, dass Fachleute den Geröllabgang und die Hangverschiebung im Eingangsbereich genauer betrachten. Er verlangte mit Nachdruck eine nähere Untersuchung, mit dem Hinweis, dass an der Sicherheit der Höhlenbesucher nicht gespart werden dürfe.
Das Bergamt mit Sitz in Freiburg gab dem Anliegen Thierfelders Recht: Von Mai bis Ende August 2016 durfte die Sontheimer Höhle nicht geöffnet werden. Der Eingangsbereich der Sontheimer Höhle ist bei Kosten von knapp 20 000 Euro saniert worden, die die Gemeinde Heroldstatt als Eigentümerin der Höhle übernommen hat. Lockeres Gestein bis zum festen Grundstein war in der Eingangshalle der Sontheimer Höhle abzumeißeln. Rund 14 Kubikmeter Abbruchgestein von der Decke und den Seiten waren zusammengekommen. Die Firma FSS Felssicherung aus Naumburg in Sachsen-Anhalt hatte die Arbeiten ausgeführt. Die Folge war natürlich, dass die Sontheimer Höhle in 2016 über Monate geschlossen war und nur wenige Besucher registriert wurden.