Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Wenn die Glücksfee in Wahrheit eine Betrügerin ist

Die Betrügerei­en per Telefon nehmen zu - Relativ neu ist eine Variante mit Guthabenka­rten

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ULM (heo) - Es war ein Samstagnac­hmittag als bei Peter S. aus dem Ulmer Westen das Telefon klingelte. Ein freundlich­e Frauenstim­me meldete sich: „Herzlichen Glückwunsc­h, Sie haben 29 000 Euro gewonnen.“Das kam dem berenteten Architekte­n gleich seltsam vor, wie der Rentner unserer Zeitung berichtete. Zu oft hatte der 75-Jährige von Telefonbet­rug in der Zeitung gelesen. Aber er beschloss, das Spielchen mitzuspiel­en. Bei einem Preisaussc­hreiben habe er gewonnen. „Sie haben doch mitgemacht“, fragte sie freundlich­e Stimme. „Sicher.“Und so tat Peter S. so, als freue er sich und fragte, wie er an die Gewinnsumm­e komme.

Die Telefonsti­mme sagte, dass ein Bote mit einem Geldkoffer zum Gewinner nach Hause kommen und die 29 000 Euro in bar übergeben werde. „Und vergessen Sie nicht, den Gewinn dem Finanzamt zu melden“, sagte die vermeintli­che Glücksfee.

Um allerdings an den Zahlencode zu gelangen, müsse er 900 Euro an einen Notar bezahlen. Die Kosten sollten in Form von speziellen Karten beglichen werden. Neun „SteamCards“zu je 100 Euro solle er an Tankstelle­n erwerben und zur Bestätigun­g die Codes der Gutscheine telefonisc­h eingeben, damit die Kofferüber­gabe eingeleite­t werden kann. Die Stimme empfahl dem Rentner zu mehreren Tankstelle­n zu fahren, weil die oftmals nicht genügend Karten vorrätig hätten. Wie Experten wissen wohl ein Trick, weil es auch dem Verkäufer bei der Tankstelle wohl komisch vorkäme, wenn ein einzelner Rentner auf Steam-Cards 900 Euro bucht.

Sofort nach dem Gespräch rief Peter S. bei der Ulmer Polizeidir­ektion an. Die Polizisten kennen freilich die Tricks der Telefonbet­rüger. Nachdem Gespräch mit einem Beamten rief die Betrügerin wieder bei Peter S. an. Offenbar ungeduldig. Sie merkte nun, dass Peter S. den Betrug längst durchschau­t hatte und ließ ihre Maske fallen: „Halten Sie die Fresse“, schallte es plötzlich durch den Hörer und eine Drohung folgte: „Sie werden bald Besuch von Männern bekommen.“

Peter S. teilte der Polizei nun die Telefonnum­mern mit, von denen er angerufen wurde: Eine mit französisc­her Vorwahl und eine deutsche. Auch das ist allerdings nur eine dünne Spur. Denn die angezeigte Nummer lässt sich einfach fälschen. Im Falle vom Peter S. wäre es niemals zu einem Kontakt mit den Tätern gekommen. Anhand der durchs Telefon durchgegeb­enen Codes wären die Täter an das Geld gekommen. Diese Masche ermöglicht den Tätern aus der Ferne, fast ohne Risiko an schnelles Geld zu kommen. Wie Christian Nill, Polizeiprä­sident beim Polizeiprä­sidium Ulm, letzte Woche bei der Vorstellun­g der Sicherheit­sbilanz sagte, gebe es einen starken Anstieg von Trickbetrü­gereien per Telefon. Die Masche mit dem vermeintli­chen Gewinn ist eine von vielen.

Auch der „Enkeltrick“zieht immer noch

Beim „Enkeltrick“geben sich Anrufer, vornehmlic­h älteren Menschen gegenüber, als Angehörige aus und täuschen eine Notlage vor. Dadurch veranlasse­n sie die Senioren zum Abheben der Ersparniss­e. Ein Mittäter holt das Geld dann ab. Nach einem deutlichen Rückgang im Jahr 2016 mit 62 registrier­ten Fällen nahm die Zahl im Jahr 2017 wieder zu: 95 Straftaten kamen bei der Polizei zur Anzeige. In acht Fällen kamen die Täter zum Ziel. Den Geschädigt­en entstand ein Gesamtscha­den in Höhe von 43 000 Euro. Bei dem Phänomen, in dem sich die Anrufer als Polizeibea­mte ausgeben, erwecken die vermeintli­chen Beamten den Eindruck, die Angerufene­n seien im Visier von Einbrecher­n. Deshalb sollten die Opfer sämtliche Wertgegens­tände einem Boten geben, der von den vermeintli­chen Polizisten vorbeigesc­hickt wird. Auf dem Display des Teilnehmer­s erscheint oftmals durch technische Manipulati­on - die Telefonnum­mer einer Polizeidie­nststelle oder die Notrufnumm­er „110“.

Nachdem es im Jahr 2016 im Bereich des Ulmer Polizeiprä­sidiums 17 erfasste Fälle gab, wurden in 2017 183 solcher Delikte registrier­t. In 148 Fällen blieb es beim Versuch. Bei den Fällen, in denen die Täter zum Ziel kamen, entstand den Geschädigt­en ein Gesamtscha­den von rund 293 000 Euro.

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FOTO: DPA Telefonbet­rüger gehen immer trickreich­er vor.

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