Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Damen mit Geheimnissen
Das Theater Neu-Ulm bietet mit „Fünf Frauen und ein Mord“ein klassisches Krimi-Rätsel, in dem nichts ist, wie es scheint
NEU-ULM - Der Mörder ist immer der Gärtner. 1971 war es, als Reinhard Mey diese These zum Titel eines Liedes machte und damit die Stereotypen von Krimis aufs Korn nahm. Ein klassischer „Whodunnit“-Fall, spannend und ohne jedes Blutvergießen kehrt im Theater Neu-Ulm jetzt die Szenerie um: Das Opfer ist in „Fünf Frauen und ein Mord“eben der Gärtner. Malcolm Shawnessy, ein Bild von einem Mann, endet mit gebrochenem Genick an der untersten Stufe einer Treppe im abgelegenen herrschaftlichen Anwesen der Witwe Margret Heartstone. Deren Ehemann ließ drei Monate zuvor an selbiger Stelle und auf gleiche Weise sein Leben.
Fünf Frauen leben im Haus – und jede hat ihr Geheimnis. Dass mindestens vier von ihnen ein Verhältnis mit Malcolm Shawnessy hatten, deckt Inspektor Edward Hollister (Marco Klammer) im Lauf seiner Untersuchungen auf. Doch welche der fünf Frauen hatte ein Motiv, den umschwärmten Mann die Treppe hinabzustoßen? Oder stolperte er gar selber unter Alkoholeinfluss? Der Inspektor trifft in Heinz Kochs Inszenierung auf die resolut-elegante Hausherrin Margret Heartstone (Claudia Riese), auf ihre exaltierte und völlig überdrehte Tochter Jane (Kristina Altenhöfer), auf die Hausdame Mrs. Worthing (Helga Reichert), auf die viersprachige Gesellschafterin Miss Ratow (Regina Leitner) und auf ein Hausmädchen von eher schlichtem Gemüt (Melanie Schmidt). Vor allem trifft er auf eine abstruse Gemengelage aus Halbwahrheiten, Lügen, Wahrheiten und gegenseitigen Alibis, die sich da im 20er-Jahre-Ambiente (Claudia Riese/Günther Brendel) und etlichen Karaffen mit bonbonfarbenen Likörchen entwickelt. Diese Momente des Zögerns, wenn Hollister fragt – sie deuten darauf, dass keine die Wahrheit sagt. „Fünf Frauen und ein Mord“spielt auf reizvolle Weise mit den Klischees der englischen Kriminalliteratur. Gewiss ist nur eines: Nichts ist, wie es scheint.
Fürs Publikum wird das Mitraten – wie einst bei Agatha Christie, deren erster Kriminalroman 1920 erschien – zum spannenden Spiel. Kombinieren und Schlüsse ziehen, die doch wieder nicht aufgehen, das ist die Aufgabe des Abends. Meint Hollister, weiter gekommen zu sein und eine Mordverdächtige verhaften zu können, dreht sich das Karussell weiter. Bis zum überraschenden Ende. Warum nur, beispielsweise, lieben die fünf Frauen im Haus den Schnee so sehr, der alles zudeckt?
Eine raffinierte Tücke verbirgt sich auch hinter der angeblichen Verfasserin einer dem Stück zugrunde gelegten Novelle, Gladys Heppleworth, geboren 1889. Deren „Biografie“ist zwar im Zusammenhang mit dem Titel des gern gespielten Bühnen-Krimis zu finden, doch ist diese Biografie fiktiv. Tatsächlich ist Gladys Heppleworth eine Romanfigur bei Edgar Wallace, und „Five Women And A Corpse“(so der englische Titel) wurde erstmals 2008 in Hamburg aufgeführt. Nichts ist, wie es scheint.
Weitere
12., 13., und 14. April.
am 6., 7.,