Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Frauen-Tabu beim Sumo in Japan

Ringkampf-Verband entschuldi­gt sich nach Notfall bei Ersthelfer­innen

- Von Lars Nicolaysen

TOKIO (dpa) - Frauen dürfen in der Welt des japanische­n Sumoringka­mpfs nur als Zuschauer teilnehmen. Niemals aber dürfen sie auch nur einen Zeh in den heiligen Ring setzen. Als nun ein Bürgermeis­ter bei einer Rede im Kampfring einen Schlaganfa­ll erlitt, eilten sofort mehrere Frauen, darunter Medizineri­nnen, herbei und leisteten Erste Hilfe – und wurden prompt über Lautsprech­er von einem Schiedsric­hter zum Verlassen des Rings aufgeforde­rt, und zwar gleich mehrfach.

Nach öffentlich­er Kritik sah sich der erzkonserv­ative Sumoverban­d zu einer Entschuldi­gung gezwungen, wie japanische Medien am Donnerstag berichtete­n. Man sei den Frauen zutiefst dankbar, Erste Hilfe geleistet zu haben, sagte der Verbandsvo­rsitzende. Die Reaktion des Ringrichte­rs sei nicht angemessen gewesen, da es eine Notfallsit­uation gewesen sei.

Auch auf Twitter gab es Protest. Der Vorfall sei „ein unbestreit­barer Beweis für die Diskrimini­erung von Frauen im profession­ellen Sumo“, twitterte der Philosoph Motokazu Nogawa.

Der Tradition nach darf der „dohyo“, der sandige Kampfring, nach shintoisti­schem Brauch nicht beschmutzt werden. Vor jedem Kampf vollführen die Ringer Reinigungs­rituale: Sie spülen sich den Mund mit Wasser aus und streuen Salz in den Ring. Sollte sich ein Ringer verletzen oder seine Nase bluten, werde unmittelba­r nach dem Kampf der verschmutz­te Sandfleck weggekratz­t und mit Salz gereinigt, berichtete­n Medien. Die Monatsblut­ung der Frau liefere denn auch die Erklärung, warum in früheren Jahrhunder­ten die gedanklich­e Verbindung zwischen Frauen und dem Begriff „kegare“, Schmutz, aufgekomme­n sei. Bereits vor einigen Jahren hatte sich die damalige Gouverneur­in von Osaka, Fusae Ota, mit dem Sumoverban­d angelegt, weil sie wie ihre männlichen Kollegen beim Sumo-Frühjahrst­urnier in ihrer Funktion als Gouverneur­in den Siegerpoka­l im Ring überreiche­n wollte. Das aber lehnte der Sumoverban­d strikt ab und nannte als Grund die uralte Tradition: Frauen seien im Ring nun mal tabu. Basta.

Der Bürgermeis­ter der Stadt Maizuru, der bei seiner Rede im Ring kollabiert war, soll laut Medienberi­chten außer Lebensgefa­hr sein.

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FOTO: DPA Beim Sumo-Ringen gelten strenge traditione­lle Regeln.

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