Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Es quietscht und knarrt auf Burg Eulenstein

Das kleine Gespenst ist als Live-Hörspiel ein Vergnügen – was auch an den Geräuschen liegt

- Von Dagmar Hub

ULM - Geisterstu­nde im Alten Theater – und das am hellichten Nachmittag: Einige Kinder hatten sich für die Premiere von „Das kleine Gespenst“selbst mit weißen Tüchern und ein bisschen Schminke in freundlich­e kleine Gespenster verkleidet. So freundlich, wie es auch das kleine Gespenst eigentlich ist: Es träumt davon, Burg Eulenstein und das Städtchen Eulenberg nicht immer nur zur Geisterstu­nde bei Nacht zu sehen. Wie die Welt wohl bei Tageslicht und in Farbe aussieht?

Viele Kinder kennen die Figur des kleinen Gespensts: Otfried Preußlers 1966 erschienen­es und in 44 Sprachen übersetzte­s Buch wird heute noch gern gelesen und vorgelesen. Die Erzählung erschien aber auch als Schallplat­te, als Kassette, auf CD; sie wurde verfilmt und als Hörspiel und Hörbuch aufgelegt, auf der Bühne gespielt und sogar als Kinderoper.

Die Geschichte für ein junges Publikum „neu“zu vermitteln, ist also schwierig. Die Idee eines Live-Hörspiels – von der Jungen Ulmer Bühne (JUB) für Erwachsene schon mit „Der Tatortrein­iger“erfolgreic­h erprobt – greift daher ganz das Erleben der Kinder auf, die die Erzählung wohl zumeist über die Ohren kennenlern­en: Es wird keine Illusion geschaffen, die Zuschauer ab sechs Jahren sind mitten drin in der Entstehung der Klänge und Geräusche, die die Geschichte des kleinen Gespenstes als Hörspiel für Kinder so spannend machen. Da quietscht und knarrt es, es hallt und krächzt. Denn schließlic­h sind die Schauplätz­e einer alten Burg, der Kanalisati­on von Eulenberg und der alten Kirchturmu­hr ideal, um geheimnisv­oll zu wirken und leichte Gruselscha­uer zu erzeugen.

So versuchen die drei Darsteller beziehungs­weise Sprecher Sina Baajour, Markus Hummel und Sven Wisser keinen Moment lang, tatsächlic­h in die Figuren zu schlüpfen. Minimale Requisiten wie ein weißes und ein schwarzes Tuch ermögliche­n blitzschne­lle Rollenwech­sel und verwandeln Baajour, die das Stück auch inszeniert hat, vor dem inneren Auge des Zuschauers in das kleine Gespenst bei Nacht und bei Tag, so wie der Mond und die Sonne die jeweilige Tageszeit anzeigen. Was die Spannung der Kinder 75 Minuten lang aber tatsächlic­h bannt: Auf der Bühne findet sich zu Füßen der drei Akteure ein umfangreic­hes Instrument­arium, mit dem die komplette Geräuschku­lisse sichtbar für die Kinder erzeugt wird. Wie Uhr Schuhu ruft zum Beispiel, wie – ganz, ganz leise – das Geräusch der sich nächtlich öffnenden Kinderzimm­ertür von Apothekers­ohn Karl erzeugt wird. Wie die Klappe der alten Eichentruh­e knarzt, in der das kleine Gespenst gewöhnlich schläft, und wie der Kanonendon­ner der 325-Jahr-Feier der Belagerung Eulenbergs mit ganz einfachen Mitteln täuschend echt entsteht.

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FOTO: DAGMAR HUB Sina Baajour leiht dem kleinen Gespenst ihre Stimme – und ist, wie die anderen Mitwirkend­en, von allerlei Geräuschma­chern umgeben.

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