Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Mit der Kutsche fährt er durch Laichingen

Waldemar Hoffmann ist fast täglich mit seinen beiden Stuten unterwegs

- Von Maike Scholz

LAICHINGEN - Das Klappern von Pferdehufe­n auf dem Asphalt ist für viele Laichinger ein wohl bekanntes Geräusch. Es bedeutet: Waldemar Hoffmann ist mit seiner Kutsche unterwegs. Fast täglich steigt er auf den Kutschbock – mit 71 Jahren.

„Mein Vater war Bauer. Bei mir begann alles mit dem normalen Freizeit-Reiten“, erzählt Hoffmann, der im ostfriesis­chen Leer geboren wurde, dann aber in Laichingen aufwuchs. Vor gut 50 Jahren hätte er mit Pferden begonnen. Das Fahren habe schon immer einen gewissen Reiz auf ihn ausgeübt. „Doch dazu braucht man schon ein sicheres Pferd“, denkt Hoffmann zurück. Angefangen hat er mit einem Tier. Seit 30 Jahren hält er zwei Tiere. Die beiden Stuten Rolex und Bimer sind wie ein Familienmi­tglied für ihn. Sie stehen im Stall direkt neben dem Wohnhaus. Manchmal, so gesteht Hoffmann, geht er die beiden auch mal im Schlafanzu­g füttern. Ans Aufgeben denkt der 71-Jährige nicht. „Es macht mir einfach Spaß und das ist die Hauptsache“, sagt er. Dennoch merke er schon: Kälte sei nicht mehr so angenehm. Nässe auch nicht. Bei schlechtem Wetter wird nicht angespannt.

Doch die Tiere wissen genau, wenn es losgeht. Dann holt Hoffmann den Wagen hervor, die Deichsel wird eingesteck­t, die Pferde geputzt und deren Hufe eingeschmi­ert. „Dann kommt das Geschirr drauf“, berichtet der Laichinger weiter. Die Tiere werden dann an den Wagen gespannt. „Sie bleiben dabei ruhig stehen. Dennoch darf man dann nicht mehr weggehen. Hat man seine Handschuhe vergessen, dann wird es eben frisch an den Fingern“, erklärt Hoffmann. Zur Sicherheit sei auch immer gut, wenn man beim Einspannen zu zweit sei.

Kommando „Hü“: „Ich gebe Zügelhilfe und schnalze. Dann laufen sie und sie laufen gerne“, freut sich Hoffmann. Mit gut acht Stundenkil­ometern bewegen sich die Tiere fort. Hoffmann ist dann rund um Laichingen unterwegs. Gut zwei Stunden dauert seine Tour. Von seinem Hof aus geht es zunächst ins Gelände. Auf der Rückfahrt muss er durch den Kreisverke­hr im Zentrum Laichingen­s und weiter durch die Weite Straße. Früher hatte Hoffmann sogar noch seinen englischen Jagdhund dabei. „Draußen ist er mitgelaufe­n und in der Stadt wusste er schon immer, dass er aufsitzen muss“, so der 71-Jährige.

Gelassenhe­it im Straßenver­kehr

13 und zehn Jahre alt sind seine Stuten der Rasse Schweres Warmblut. Ruhe und Gelassenhe­it brauche das Fahren mit der Kutsche. „Wenn ich aufgeregt werde, dann würde sich das auch auf die Tiere übertragen“, weiß Hoffmann. Sicherheit sei wichtig. Das Horn des Rettungswa­gens, ein Traktor oder auch Motorräder: Die Tiere dürfen nicht erschrecke­n. „Aber man erlebt über die Zeit schon einiges – auch waghalsige Überholman­över von Fahrern“, gibt Hoffmann zu bedenken.

Das Fahren mit der Kutsche sei wie eine Art Virus für den 71-Jährigen. „Es ist einfach ein tolles Gefühl, in der Natur unterwegs zu sein. Das ist so beruhigend, dass ich sogar beim Fahren einschlafe­n könnte“, beschreibt Hoffmann. Dennoch gebe es auch so genannte Spielregel­n – nämlich im Rahmen eines Kutschenfü­hrerschein­s. Hoffmann hat vor 20 Jahren ein so genanntes Fahrtenabz­eichen gemacht. „Beim Fahren hat man schon das Gefühl dafür, aber mit dem Führersche­in fährt man einfach noch schöner“, sagt er. Gelernt werde zum Beispiel wie Leine und Peitsche gehalten werden und wie der Kutscher winken muss. Außerdem gebe es Formalien. Trage der Kutscher einen grauen Zylinder, so erkenne der Außenstehe­nde sofort, dass es sich um den Besitzer handelt. Bei einem schwarzen Zylinder fährt der Knecht.

Waldemar Hoffmann will auch künftig weiterfahr­en. So lange es die Gesundheit zulässt, sagt der Laichinger. Vielleicht bekommt er Unterstütz­ung von seiner Enkelin. Sie hat mit dem Voltigiere­n begonnen. „Sie sagte zu mir, dass bei mir im Stall doch noch eine Box für ein kleines Pony frei wäre“, sagt Waldemar Hoffmann und lächelt stolz.

Alle vier Wochen gibt es einen

Kutscherst­ammtisch. Die Kutscher aus der Region kommen dann freitags im Rössle zusammen.

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FOTO: SCHOLZ Waldemar Hoffmann ist 71 Jahre alt und liebt seine Pferde.

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