Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Freispruch für Bello

Martin Rütter gibt als „Anwalt der Hunde“Tipps zur Tiererzieh­ung

- Von Andreas Brücken

NEU-ULM - Er ist wahrschein­lich Deutschlan­ds bekanntest­er Hundelehre­r. Für viele Frauchen und Herrchen sind die Worte von Martin Rütter wie Gesetze der Hundeerzie­hung. Und davon können sie offenbar gar nicht genug bekommen: Rund 3500 Besucher haben am neuen großen Ratgeberab­end des 47-Jährigen in der Ratiopharm-Arena teilgenomm­en.

Als „Anwalt der Hunde“versteht sich Rütter in seinem aktuellen Programm mit dem Titel „Freispruch“. Dementspre­chend schildert Rütter die Problemfäl­le auf vier Beinen als Anklagesch­riften wie „Betteln und Hausieren“, das der vierjährig­en Dogge Rudy vorgeworfe­n wurde. Seine Verteidigu­ng stützt Rütter auf das Fehlverhal­ten des Frauchens. Schließlic­h hätte das Tier das Betteln schon als Welpe gelernt.

Wenn der geliebte Vierbeiner allen Vorsätzen der Besitzer zum Trotz vom Tisch gefüttert wird, sei für ihn das Büfett eröffnet. Doch würde aus Betteln bald Fordern, erklärt Rütter weiter. Sein Tipp: „Gebt dem Hund nichts mehr vom Tisch!“So einfach die Lösung scheinen mag, sei sie in der Praxis oft nur schwer durchzuset­zen, räumt der Hundetrain­er ein. Schließlic­h würden die Gefühle Achterbahn fahren, wenn Frauchen in die Augen ihres geliebten Vierbeiner­s schaut, während der Blick in das Gesicht des langjährig­en Lebenspart­ner lediglich wie eine Fahrt im Kinderkaru­ssell sei.

„Angriff im Affekt“lautete die Anklage gegen die fünfjährig­e Bordercoll­ie Hündin Nelly. Deren Besitzer hätten sich beklagt, dass ihr Tier im Park unvermitte­lt reißaus nehmen würde, um zu jagen. Für Rütter ein Verhalten, das von den Besitzern einfach zu spät bemerkt wurde. Das Tier ständig zu beobachten und aufmerksam seine Körperspra­che zu verfolgen, sei das Mindeste, was ein Hundebesit­zer seinem tierischen Freund schuldig sei, erklärt Rütter.

Und weiter: „Es ist nicht fair, wie sich Hunde an uns anpassen, unser Leben bereichern, während wir nicht einmal zu bereit sind, uns auf seine Kommunikat­ion einzustell­en.“

Als weiteres Beispiel aus der Hundeerzie­hung sprach Rütter von der Anarchie, wie sie der zehn Monate alten Dogge Luis vorgeworfe­n wurde. Die Pubertät sei der Grund, warum bei den jungen Hunden auf einmal alle Kommandos wie gelöscht scheinen. Doch warnte der Tierpsycho­loge davor, das Tier in dieser Phase zu vermenschl­ichen: „Auch wenn der eigenen Ehemann so ähnlich riecht, ist der Hund noch immer kein Mensch.“

Postboten sind für den Hund „unbelehrba­re Feinde“

„Körperverl­etzung“sei dagegen sehr ernst zu nehmen, erklärt Rütter und meint damit die Postboten, welche die am meisten von Hunden gebissene Berufsgrup­pe sei: „Das liegt an der territoria­len Aggression“, wie Rütter erklärte. Aus der Sicht des Hundes sei der Briefträge­r nämlich ein unbelehrba­rer Feind, der täglich vor der Tür steht und den man nur mit bissiger Gewalt erziehen könne. Um den Postboten, der regelmäßig vor dem Hause Rütter steht, das Leben zu erleichter­n, hat Rütter vor der Gartentür immer eine Portion Hundeplätz­chen hinterlegt, mit einer Bitte an den Boten: „Geben sie der kleinen eine Handvoll und der Großen nichts – sonst geht sie mit ihnen nach Hause.“

Nach gut zwei Stunden mit Erziehungs­ratschläge­n entlässt Rütter seine Fans mit der einfachen, aber wichtigen Erkenntnis, dass das Problem der Hunde oft am anderen Ende der Leine hängt.

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FOTO: ANDREAS BRÜCKEN „Freispruch“fordert Hundeflüst­erer Martin Rütter in seinem neuen Programm – Freispruch für den Vierbeiner. Denn oft ist nicht das Haustier schuld, wenn es etwas schief läuft. Foto: Andreas Brücken

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