Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Selig ist ein Zustand
Die Band begeistert im Roxy – und Sänger Jan Plewka erzählt eine Episode aus dem Ulmer Nachtleben
ULM Am Donnerstag schaute die Musikwelt nach Berlin, wo der Musikpreis Echo verliehen wurde. Im Ulmer Roxy gastierte am gleichen Tag ein Preisträger des Jahres 1995. Damals hatte die Band Selig für ihren Titel „Wenn ich wollte“eine Auszeichnung erhalten. Dass dieser Song vor den rund 300 Zuhörern als Zugabe gespielt werden würde, war nicht unbedingt zu erwarten. Denn schon das zweite Lied des Abends war ein Klassiker der Band: „Ist es wichtig?“Die Kashmir Karma Tour 2018, die nach dem gleichnamigen aktuellen Album benannt ist, hatte Selig nach Ulm geführt.
Kurz nach 21 Uhr traten die vier Musiker auf die Bühne – ohne Vorgruppe, ohne Ansage. Der Stimmung tat das keinen Abbruch. Von Beginn an waren die Besucher begeistert und sangen weitestgehend textsicher mit. Das gefiel Jan Plewka. Der charismatische Sänger dirigierte das Publikum mehrmals wie einen Chor. Bei „Zu bequem“kletterte er auf den Technikmast. Vor dem Song kritisierte er die Nachrichten auf Twitter und forderte: „Wir brauchen mehr Liebe.“Das Lied stammt vom aktuellen Album der Hamburger Band, die auch einige weitere neue Songs spielte.
Zwischendurch wurden ältere Titel mindestens genauso stark bejubelt. Nach etwa 100 Minuten spielten die Musiker ihre Klassiker „Sie hat geschrien“, „Wenn ich wollte“und „Ohne Dich“– der Höhepunkt des Abends. Als viele dachten, das Konzert sei vorbei, kamen Selig für „Kashmir Karma“nochmals auf die Bühne. Sie verabschiedeten sich mit der Aussage „Wir sind Selig, das ist ein Zustand“erneut und – kamen in bester Spiellaune ein weiteres Mal zurück. Diesmal durfte sich das Publikum einen Titel wünschen. Gespielt wurde „Die Besten“. Für das abschließende Schlaflied „Regenbogenleicht“versammelte Jan Plewka seine Bandkollegen Stephan „Stoppel“Eggert (Schlagzeug), Christian Neander (Gitarre) und Leo Schmidthals (Bass) um sich. Dabei war es teils mucksmäuschenstill. Um halb zwölf verließ die Kultband unter großem Jubel endgültig die Bühne im Roxy.
Nach Ulm will die Band nächsten Sommer zurückkommen. Plewka fragte das Publikum „Kennt ihr das Ulmer Zelt? Könnt ihr uns da anmelden?“Das kam an. Der Sänger mit der unverwechselbaren Stimme erzählte auch eine Episode aus dem Nachtleben in der Donaustadt: Die Band sei tags zuvor in der Olga Bar gewesen. Ein angetrunkener Mann kam mit dem Taxi dorthin und holte seine Jacke, die er vergessen hatte. Als die Band ihrerseits aufbrechen wollte, bemerkte Plewka, dass seine Jacke fehlte – und mit ihr Handy, Ausweis, Geld. Das Taxiunternehmen lotste die Musiker in eine andere Bar, in die der Mann gefahren war. Plewka fand den Angetrunkenen, die beiden tauschten ihre Jacken, umarmten sich und der Abend nahm ein glückliches Ende.