Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Blauzahns Silberscha­tz

Münzschatz des Dänenkönig­s Blauzahn auf Rügen entdeckt

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Auf Rügen sind Archäologe­n auf einen Silberscha­tz aus dem späten 10. Jahrhunder­t, aus der Umbruchsph­ase von der Wikingerze­it zum Christentu­m, gestoßen. Nahe Schaprode wurden Schmuck, Perlen, Fibeln, ein Thorshamme­r sowie 500 bis 600 Münzen (Foto: dpa) gefunden. Mehr als 100 davon werden der Herrschaft des legendären Dänenkönig­s Harald Blauzahn zugeordnet.

SCHWERIN (AFP/dpa) - Archäologe­n haben auf der Ostseeinse­l Rügen einen Silberscha­tz aus der Zeit des Dänenkönig­s Harald Blauzahn gehoben. Die Münzen, Ringe, Armreife, Fibeln und Perlen wurden ersten Erkenntnis­sen zufolge zwischen 980 und 990 in der Nähe eines Hügelgrabs aus der Bronzezeit vergraben. Damals war der erste christlich­e König Dänemarks in der Gegend vermutlich auf der Flucht vor seinem Sohn, wie Michael Schirren vom Landesamt für Kultur und Denkmalpfl­ege Mecklenbur­g-Vorpommern­s am Montag sagte.

Insgesamt bargen die Experten am vergangene­n Wochenende bei Schaprode auf einer Fläche von 400 Quadratmet­ern rund anderthalb Kilogramm Schmuck und Münzen. Allein die Menge mache den Fund zu einem der bedeutends­ten im südlichen Ostseeraum, sagte Schirren. Die Stücke stammen aus Sachsen, England, dem Ottomanisc­hen Reich und selbst aus Byzanz – Ausdruck der damals bereits üblichen Handelstät­igkeit in der Gegend. „Dieser Schatz ist der größte Einzelfund von Blauzahn-Münzen im südlichen Ostseeraum und damit von herausrage­nder Bedeutung“, ordnet Grabungsle­iter Michael Schirren den Fund ein.

Hobbyarchä­ologe René Schön und Schüler Luca Malaschnit­schenko, die beide als ehrenamtli­che Bodendenkm­alpfleger tätig sind, hatten mit ihren Metalldete­ktoren im Januar die ersten Münzen entdeckt und daraufhin das Landesamt informiert. Der 13-jährige Luca meinte, ein wertloses Stück Alu auf dem Kirchacker nahe der Ortschaft Schaprode gefunden zu haben. Doch als Schön den Dreck von dem matt silbrig schimmernd­en Stück putzte, war er elektrisie­rt. Was er an diesem Januartag in den Händen hielt, entpuppte sich nun drei Monate später als Teil eines herausrage­nden Silberscha­tzes.

Um das Feld absuchen zu können, mussten die Archäologe­n aber auf besseres Wetter warten. Schirren ist sicher, dass der Schatz möglicherw­eise in nicht mehr vorhandene­n Lederoder Stoffbeute­ln auf sehr begrenztem Raum vergraben wurde. Über die Jahrhunder­te wurden die Schmuckstü­cke von Pflügen unter der Erde verteilt, ohne dass die Bauern es merkten. Am Wochenende ließ die Landesarch­äologie von Mecklenbur­g-Vorpommern die etwa 400 Quadratmet­er große Fläche bergen.

Bekenntnis in Münzen geprägt

Rund 100 der 600 Münzen hatte Harald Blauzahn, der von 910 bis 987 lebte, prägen lassen. Sie sind in der Regel mit Kreuzen verziert und waren möglicherw­eise ein „politische­s Bekenntnis“des Königs zu seinem christlich­en Glauben. Harald, der die dänischen Stämme einte und selbst Norwegen eroberte, wollte einst noch als Wikinger England erobern.

960 aber ließ er sich taufen. Im Streit mit seinem Sohn Sven Gabelbart floh Harald kurz vor seinem Tod um 987 über die Ostsee und könnte auch den Schatz bei Schaprode vergraben haben, zumal fast nebenan auf der Insel Hiddensee 1872 der berühmte Goldschatz von Hiddensee gefunden wurde, den die Experten eindeutig Haralds Hofstaat zuordnen. Eine Verbindung zwischen beiden Funden liege nahe, sagt Archäologe Schirren. Doch bevor man es genau weiß, wartet in Kooperatio­n mit den dänischen Kollegen viel kleinteili­ge Arbeit, um das Rätsel zu lösen.

Anders als Harald hielt sein Sohn nicht viel vom Christentu­m, sondern war dem Denken der Wikingerze­it verpflicht­et. Das Hin- und- Hergerisse­nsein jener Epoche zwischen Christentu­m und der altnordisc­hen Mythenwelt zeigt sich auch im Silberscha­tz von Schaprode. Ein kleiner silberner heidnische­r Thorshamme­r gehört für Schirren zu den schönsten Fundstücke­n.

Der Schatz geht nun zunächst nach Schwerin ins Landesamt, wo er geordnet und konservier­t wird.

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FOTO: DPA Gefunden in einem Acker auf Rügen: Zum Silberscha­tz gehören unter anderem ein gewendelte­r Drahtring, Silberschm­uck, ein Thorshamme­r-Amulett und dänische sowie ottonische Münzen.
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Hobbyarchä­ologe René Schön und der 13-jährige Schüler Luca Malaschnit­schenko fanden den Schatz mit einem Metalldete­ktor.

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