Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Den Werten verpflichtet
Biberacher Unternehmer Arthur Handtmann gestorben – Erhalt des Lebenswerks geregelt
BIBERACH - Zu seinem 90. Geburtstag, am 27. Februar 2017, hatte sich Arthur Handtmann ein großzügiges Geschenk ausgedacht – nicht für sich selbst, sondern für seine Belegschaft. Zusammen mit seiner Ehefrau Ilse gründete er eine Stiftung, die Mitarbeiter und deren Angehörige in einer Notlage unterstützt. Dies war ein Vorgang, der noch einmal die außergewöhnliche Persönlichkeit dieses großen oberschwäbischen Unternehmers besonders charakterisierte. Am vergangenen Samstag, 14. April, ist Arthur Handtmann im Kreise seiner Familie gestorben.
Der bemerkenswerte Berufs- und Lebensweg Arthur Handtmanns war so wahrscheinlich nur in der Nachkriegszeit möglich, aber keineswegs selbstverständlich. Bereits 1946 trat er als Gesellschafter in die väterliche Firma ein, eine handwerkliche Metallgießerei und Armaturenfertigung, die damals schon auf eine gut 70-jährige Geschichte zurückblicken konnte.
Verantwortungsbewusstsein
Der junge Mann, gerade mal 19 Jahre alt, sah sich in der Pflicht, auch ohne große Erfahrung Verantwortung für die knapp 20 Mitarbeiter zu übernehmen, war er doch der einzige Sohn, den seine Eltern nach dem Krieg noch hatten. Arbeit gab es in jenen Jahren zwar genug, aber auch reichlich Probleme. Vor allem fehlte es an Material für die Gießerei. Doch Arthur Handtmann und seine Mitarbeiter wussten sich zu helfen. Sie schlachteten die Wracks abgeschossener Flugzeuge aus, schmolzen das Aluminium ein und gossen daraus Spätzlespressen, Waffeleisen und andere Produkte, die sich bei den Hausfrauen bestens verkaufen ließen.
Was sich aus diesen bescheidenen Anfängen des Biberacher Familienunternehmens bis heute entwickelt hat und eine fast beispiellose Erfolgsgeschichte darstellt, ist untrennbar mit Arthur Handtmann verbunden. Er, der später auch noch ein Ingenieurstudium absolviert hatte, war zeitlebens von der Technik besessen, immer auf der Suche nach neuen, noch besseren Lösungen. Sein ausgeprägtes Gespür für Produkte und Märkte täuschte ihn kaum einmal, von seinem enormen Fleiß konnten seine Mitarbeiter ein Lied singen, aber auch von seinem sozialen Verantwortungsbewusstsein und von seiner Willensstärke, wenn es darum ging, etwas als richtig und notwendig Erkanntes kraftvoll durch- und umzusetzen.
Bereits 1998 hatte Arthur Handtmann die Leitung der Firmengruppe, die heute 3600 Mitarbeiter beschäftigt und fast 900 Millionen Euro umsetzt, an seinen Sohn Thomas übergeben. Von Ruhestand konnte freilich keine Rede sein. Er übernahm den Vorsitz im Beirat, war bis ins hohe Alter fast täglich im Betrieb, und man wird mit der Vermutung nicht falsch liegen, dass es bei Handtmann keine unternehmerische Entscheidung von nennenswerter Bedeutung gab, die ohne seinen Rat und seine Zustimmung gefallen ist.
Bescheidenheit
Es war aber auch seine persönliche Bescheidenheit, die Arthur Handtmann ausgezeichnet hat. Fast beiläufig hat er einmal in einem Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“erzählt, dass er seine Gewinnanteile immer zu 100 Prozent an den Betrieb zurückgegeben habe, denn Unternehmensgewinne seien für ihn dazu da, „dass man sie wieder ins Geschäft steckt und damit Arbeitsplätze sichert“.
Der Erhalt seines Lebenswerkes als Familienunternehmen lag Arthur Handtmann besonders am Herzen. 2014 hatte er seinen Anteil von 51 Prozent an der Firmengruppe auf die neu gegründete Arthur-HandtmannFamilienstiftung übertragen. Vorgesorgt ist aber auch dafür, dass Generationenwechsel weiterhin möglichst problemlos verlaufen werden. So regelt eine spezielle Familiencharta, wie bei einer möglichen Berufung von Familienmitgliedern in die unternehmerische Verantwortung zu verfahren ist. Zudem ist nicht nur für Familienmitglieder, sondern für alle Entscheidungsträger das vom Seniorchef maßgeblich geprägte Wertesystem des Unternehmens verbindlich festgeschrieben.