Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Wie die Polizei Raser stoppen will
Tuner und Temposünder fahren mit aufgemotzten Autos viel zu schnell
ULM - Mit mindestens 100 Stundenkilometern rasten zwei Fahrer über die Ulmer Frauenstraße, dabei rammten sie sich gegenseitig mit ihren Autos und bretterten phasenweise über den Gehsteig – so zumindest beschrieben Zeugen ein illegales Autorennen Mitte März. Inzwischen hat die Polizei beide Fahrer ermittelt, ihre Autos stillgelegt und den Männern – sie sind 18 und 19 Jahre alte Fahranfänger – die Führerscheine abgenommen.
Das Rennen ist kein Einzelfall, Anwohner berichten von regelmäßigen Übertretungen. Neu ist das Phänomen auch nicht: Anfang August 2015 soll ein damals 22-Jähriger einen Radfahrer mit dem 280-PS–Schlitten seines Vaters erfasst haben. Die Staatsanwaltschaft sprach davon, der 22-jährige Autofahrer sei mit Tempo 102 statt der erlaubten 50 Stundenkilometer unterwegs gewesen.
Die Polizei will Verkehrsrowdys in Ulm mit sporadischen Kontrollen stoppen. Dabei geht es nicht nur um Raser, sondern auch um Tuner, die ihre Fahrzeuge illegal hochrüsten. „Da entwickelt sich eine Szene, die absolut inakzeptabel ist“, sagt Ulms Polizeipräsident Christian Nill. Ein oder zwei Mal im Monat warten die Beamten spätabends und nachts auf die Verkehrsrowdys – „Balz-Strecken“nennt Nill deren Lieblingsrouten. Denn das Rasen und Lärmen mit den aufgemotzten Autos sei nichts anderes als Angeberei. „Das sind Nadelstiche, aber sie sprechen sich herum“, sagt Nill über die Methode der Polizei. In der Regel lege man auf diese Weise zwölf bis 15 Autos in einer Nacht still.
Zusammenarbeit der Behörden
Für die Kontrollen verabredet sich die Polizei mit der Staatsanwaltschaft, Prüfern von TÜV und Dekra sowie einem Autohaus, deren Werkstatt die Beamten in der Nacht nutzen dürfen. Wird ein Wagen aus dem Verkehr gezogen, kommt er direkt auf die Hebebühne und wird untersucht. Ist das Auto illegal getunt, wird es sofort stillgelegt. StandardTermine für die Kontrollen gibt es nicht. Wann sich die Polizei auf die Lauer legt, werde oft erst kurzfristig entschieden, sagt Polizeisprecher Wolfgang Jürgens.
Beim FDP-Forum vor einigen Tagen hatte ein Bürger Nill auf die illegalen Autorennen angesprochen. „Das geht nur, weil die jungen Fahrer nicht befürchten müssen, kontrolliert zu werden“, kritisierte er. Der Polizeipräsident wies den Vorwurf zurück und nannte die sporadischen Kontrollen effizient. „Wenn wir berechenbar sind, verlieren wir unsere Schlagkraft“, erklärte er.
In der Vergangenheit gab es in Ulm immer wieder unterschiedliche Ansätze, Raser und Tuner zu stoppen. Im Oktober 2016 setzte sich die Grüne Gemeinderatsfraktion erfolglos für einen stationären Blitzer in der Frauenstraße ein. Andernorts hat die Stadt Maßnahmen ergriffen: An der Olgastraße hat sie einen solchen Automaten aufstellen lassen. Die Herdbruckerstraße ist seit Februar 2001 zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens gesperrt, um den Rasern Einhalt zu gebieten, die früher mit Vorliebe mit röhrendem Auspuff und dröhnenden Musikanlagen am Ulmer Rathaus vorbeibretterten. Hinweisschilder hatten dort zuvor keine Wirkung gezeigt.