Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Heftige Kritik an Hilfe-Gesetz für psychisch Kranke

In Bayern sollen psychisch Kranke nach dem Willen der Regierung künftig deutlich stärker überwacht werden

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN – Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Nach dieser Devise will der Freistaat Bayern – zumindest sehen Kritiker das so – psychisch Kranken in Zukunft helfen. Bei dem „Bayerische­n Psychisch-KrankenHil­fe-Gesetz“gehe es nicht um die Stigmatisi­erung psychisch Kranker, versichert­e Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) gestern nach einer Kabinettss­itzung. Das harsche Echo auf die Vorlage scheint den Regierungs­chef aufgeschre­ckt zu haben. "Wir sind immer offen für Verbesseru­ngen", ergänzte er.

Wie schon bei der Novellieru­ng des Polizeiauf­gabengeset­zes halten die verantwort­lichen Politiker auch bei der Novelle des Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes (BayPsychKH­G) die Aufregung für unverständ­lich. Ziel des Gesetzes sei es, frühzeitig Hilfsbedür­ftige aufzufange­n und sie freiwillig in weitere Versorgung­sangebote zu vermitteln, sagt Bayerns Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml, die zusammen mit der neuen Sozialmini­sterin Kerstin Schreyer (CSU) den Gesetzesen­twurf erarbeitet hat. Vergangene Woche erst hat der Ministerra­t die Vorlage durchgewun­ken. Huml zeichnet für den Teil verantwort­lich, in dem es um Hilfe geht, Schreyer für die kritisiert­en Unterbring­ungs-Bestimmung­en. Nur ein kleiner Teil des Gesetzes dreht sich um Hilfen für Kranke, der viel umfangreic­here mit Befugnisse­n des Staates, Sicherungs­maßnahmen und Informatio­nsaustausc­hs innerhalb von Behörden zu tun hat.

Einer der Hauptkriti­kpunkte: Die sogenannte Unterbring­ungsdatei. In ihr sollen die Daten von Patienten gespeicher­t werden, die zwangsweis­e in einer Psychiatri­e untergebra­cht waren – und zwar für fünf Jahre. Die Daten können auch zur Verfolgung von Straftaten herangezog­en werden. Margit Berndl vom Vorstand des Paritätisc­hen Wohlfahrts­verbands Bayern befürchtet, dass psychisch kranke Menschen wegen des Gesetzes noch mehr versuchen werden, ihre Krankheit zu verbergen.

Die haftähnlic­hen Bedingunge­n, mit denen der Freistaat den zwangseing­ewiesenen psychisch Kranken helfen will, würden durch noch mehr Richtervor­behalte abgesicher­t, beruhigt Sozialmini­sterin Schreyer. Soll heißen: Ein Richter muss bestimmte Maßnahmen überprüfen. Dieser „Richtervor­behalt“hat allerdings seinerzeit Mollath wenig geholfen. Die Qualität, verspricht die Ministerin weiter, werde zudem „durch unabhängig­e Stellen“gesichert. Mit einer eigenen Fachaufsic­ht stehe auch eine weitere Beschwerde­möglichkei­t bereit. In Nördlingen soll ein neues „Amt für öffentlich-rechtliche Unterbring­ung“angesiedel­t werden, welches Ansprechpa­rtner für Betroffene sein, aber auch anlasslose Kontrolle in den Einrichtun­gen vornehmen soll.

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FOTO: DPA Wenn jemand in Bayern zwangsweis­e in die Psychiatri­e eingewiese­n wird, sollen seine Daten künftig fünf Jahre lang gespeicher­t werden.

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