Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
„Von der Leyen stellt Prestigedenken in den Mittelpunkt“
Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger zur Einkaufsliste der Bundesverteidigungsministerin
RAVENSBURG - Mit Anschaffungswünschen im hohen dreistelligen Millionenbereich geht Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen in die Haushaltsverhandlungen. Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger erläutert im Gespräch mit Ulrich Mendelin, warum mehr Geld die Probleme der Bundeswehr aus ihrer Sicht nicht lösen wird.
Die Bundesverteidigungsministerin fordert mehr Geld – unter anderem für Rettungshubschrauber, Transportflugzeuge, Raketenwerfer und Drohnen. Setzt sie die richtigen Schwerpunkte?
Natürlich gibt es auf der Liste auch sinnvolle Projekte, ob das der Kauf von Rettungshubschraubern oder die Bekleidung von Soldatinnen und Soldaten ist. Gleichzeitig gibt es aber auch eine Reihe von hoch umstrittenen Projekten. Ursula von der Leyen hat schon oft die falschen Prioritäten gesetzt, weil für sie nicht die Notwendigkeiten der Bundeswehr, und auch nicht die Interessen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ausschlaggebend sind, sondern oft ihr Prestigedenken oder auch die Wahlkreiswünsche einzelner Koalitionsabgeordneter.
Können Sie für Letzteres ein Beispiel nennen?
Ursula von der Leyen hat das Hochrisikoprojekt Meads wiederbelebt, ein Luftabwehrsystem. Das hatte ihr Vorgänger Thomas de Maizière aus guten Gründen beendet, weil in der Entwicklung schon viel Steuergeld versenkt wurde. Da haben einzelne Koalitionsabgeordnete mit Blick auf ihre Wahlkreise versucht, Druck auszuüben. Dieses Projekt droht mehrere Milliarden Euro zu verschlingen, weil es mit hohen Risiken behaftet ist. Zugleich haben sich die europäischen Partner für andere Lösungen entschieden, was auch die Zusammenarbeit in dem Bereich erschweren wird.
Ein wichtiger Punkt ist die geplante Beschaffung israelischer HeronTPKampfdrohnen, die aber ohne Waffen geliefert werden. Ist damit eine Vorentscheidung dafür gefallen, dass die Bundeswehr irgendwann Kampfdrohnen einsetzt?
Drohnen sind zu Recht ein hoch umstrittenes Waffensystem, das von vielen Staaten jenseits des Völkerrechts eingesetzt wird. Wir als Grüne haben uns klar gegen die Beschaffung von Kampfdrohnen ausgesprochen. Natürlich braucht es auch im Bereich Aufklärung gute Fähigkeiten. Man könnte ja die Aufklärungsdrohnen, die wir schon geleast haben, weiter nutzen – hier aber wurde bewusst entschieden, den Weg für die Beschaffung von Kampfdrohen zu ebnen. Wenn man die Ministerin konkret fragt, für welche Aufträge und Prioritäten der Bundeswehr denn Kampfdrohnen angeschafft werden sollen, sind ihre Antworten sehr dünn.
Zuletzt war immer wieder von eklatanten Ausrüstungsmängeln bei der Bundeswehr die Rede. Frau von der Leyen argumentiert, mehr Geld sei nötig, um Deutschlands Verlässlichkeit als Partner zu belegen. Wie sehen Sie das?
Das ist eine Ablenkungsdebatte, die Ursula von der Leyen führt, um darüber hinwegzutäuschen, dass im Rahmen der Bundeswehrreform große Fehler begangen worden sind. Statt sich damals die Frage zu stellen: Was sind denn die Fähigkeiten der Bundeswehr, die sie für die Zukunft braucht, hat sie unkritisch die Reform ihrer Vorgänger übernommen und so getan, als ob mehr Geld alle Probleme heilen würde. So verschleppt und verschärft sie die Probleme der Bundeswehr, statt sie nachhaltig zu lösen.