Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Umstürzler
Die wenigsten hätten vor zwei Wochen geahnt, dass es Nikol
Paschinjan gelingen würde, Zehntausende Menschen in Eriwan und anderen armenischen Städten auf die Straße zu bringen und so den Regierungschef Sersch Sarkissjan in Armenien zu stürzen. Doch am Montag hatte es der 42-jährige Oppositionsführer geschafft. Sarkissjan, der zuvor bereits zehn Jahre lang Staatspräsident war, nahm seinen Hut und zollte dem Gegner Respekt: „Paschinjan hatte Recht. Ich lag falsch.“
Davor war Paschinjan vor allem im Zusammenhang mit den blutigen Ereignissen von 2008 bekannt. Kurz nach der Präsidentenwahl, die Sarkissjan erstmals ins Amt brachte, gab es beim gewaltsamen Vorgehen der Polizei gegen Anhänger des unterlegenen Oppositionskandidaten zehn Tote. Die Behörden beschuldigten Paschinjan der Rädelsführerschaft und des Aufrufs zum Umsturz. Der Regierungsgegner ging daraufhin in den Untergrund, stellte sich 2009 aber den Behörden und wurde inhaftiert. 2011 kam er im Zuge einer Amnestie frei.
Paschinjan wurde 1975 in der Kleinstadt Idschewan im Norden der damaligen Sowjetrepublik Armenien geboren. Er studierte Journalismus an der staatlichen Universität Eriwan, die er 1995 aber verlassen musste. Dennoch arbeitete er danach als Reporter und Chefredakteur. Er gründete die Zivilrechtspartei, die 2017 als Teil des Oppositionsbündnisses ins Parlament einzog.
Nach Sarkissjans Abtritt sagte Paschinjan, niemand könne dem armenischen Volk seinen Sieg rauben. „Ihr habt gewonnen, stolze Einwohner von Armenien“, schrieb der mehrfache Vater auf Facebook. „Ich gratuliere dir, siegreiches Volk.“(AFP)