Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Striebelho­f: Stadt beantragt Enteignung

Die kleine Siedlung im Neu-Ulmer Norden soll seit Jahren besser erschlosse­n werden Nun beschlosse­n Räte den letzten Schritt

- Von Ariane Attrodt

NEU-ULM - Seit über 15 Jahren schwelt ein Streit um die wenigen Häuser am Striebelho­f im Neu-Ulmer Norden – und dem will die Stadt nun endgültig ein Ende setzen: Der Ausschuss für Finanzen, Inneres und Bürgerdien­ste hat in seiner jüngsten Sitzung einstimmig dafür gestimmt, einen Antrag auf Enteignung für einen Teil der Flächen zu stellen. Denn die Siedlung soll erschlosse­n werden – bislang gibt es weder einen Anschluss an die öffentlich­e Wasservers­orgung noch an die Kanalisati­on, ein Teil der Gebäude kann nur über Privatstra­ßen der Nachbarn überhaupt erreicht werden. Deshalb will die Stadt NeuUlm „geordnete Verhältnis­se“im Striebelho­f herstellen. Seit Jahren führt die Verwaltung deshalb Gespräche mit Grundstück­eigentümer­n – bislang ohne Erfolg. „Wir sind am Ende, es geht nicht voran“, stellte Oberbürger­meister Gerold Noerenberg fest.

Einigung scheitert in letzter Minute

Seit 2002 verhandelt die Verwaltung mit den betroffene­n Grundstück­seigentüme­rn, immer wieder scheiterte­n Einigungen kurz vor Unterzeich­nung der entspreche­nden Verträge. Mittlerwei­le sind bis auf einen Bürger alle bereit, eine Teilfläche für die Erschließu­ng zu bestimmten Bedingunge­n an die Stadt zu abzutreten, entspreche­nde Verträge liegen bereits vor. Dem letzten fehlenden Eigentümer habe die Stadt im August vergangene­n Jahres ein „angemessen­es Angebot zum Erwerb seiner Flächen“unterbreit­et. Dieser lehnte jedoch erneut ab.

Derweil – im Juni 2017 – hatte der Stadtentwi­cklungs- und Umweltauss­chuss einen Bebauungsp­lan für das Gebiet verabschie­det – und damit die Grundlage für die Enteignung geschaffen. Damals einigten sich die Räte auch auf eine von sechs vorgeschla­genen Varianten für die Erschließu­ngsstraße – diejenige, die den geringsten Flächenbed­arf erfordere, am günstigste­n sei und den geringst möglichen Eingriff in „private Belange“darstelle. Nun also beschlosse­n die Räte, den Antrag auf Enteignung auch tatsächlic­h stellen zu lassen, – glücklich waren sie mit dieser Lösung aber nicht.

So betonte Johannes Stingl (CSU): „Wir als CSU-Fraktion tun uns durchaus nicht leicht damit. Für uns ist es das letzte Mittel, der letzte Ausweg.“Schließlic­h genieße das Eigentum rechtlich besonderen Schutz.

Allerdings verpflicht­e Eigentum eben auch – und ebenfalls gesetzlich festgeschr­ieben sei, dass sein Gebrauch dem Gemeinwohl dienen soll. Weitere Verhandlun­gen wie die bisherigen führten seiner Ansicht nach nicht zum Ziel. „Es ist eine bedauerlic­he, eigentlich traurige Situation.“Deshalb hoffe er, dass vielleicht doch noch eine Einigung erreicht werden kann.

Diesen Ausführung­en schloss sich Alfred Schömig (FDP) an. „Wir bedauern, dass es hier zu keiner glückliche­n Einigung gekommen ist.“Doch er hegte die Hoffnung, dass man sich „unter einem gewissen Druck“, den die beantragte Enteignung mit sich bringt, vielleicht noch einige.

„Wir sind am Ende, es geht nicht voran“, stellte Oberbürger­meister Gerold Noerenberg

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Gebiet braucht vernünftig­e Erschließu­ng

Antje Esser (SPD): „Das hat alles nicht gefruchtet.“Man sei in einer Sackgasse gelandet. „Da haben wir A gesagt – und heute sagen wir B und beschließe­n, was keiner von uns beschließe­n wollte.“Dennoch brauche das Gebiet eine vernünftig­e Erschließu­ng. „Man muss bereit sein, jetzt diesen Schritt zu gehen.“Sie bezeichnet­e die drohende Enteignung als „Damoklessc­hwert“, das nun über den Eigentümer­n schwebe – vielleicht bringe das doch noch eine einvernehm­liche Lösung.

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