Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Schweiß und Fleiß
Ingrid Ensle lebt für den Sport. Die 70-Jährige ist fit wie ein Turnschuh.
HEROLDSTATT - „Warum ich Sport mache? Da hab’ ich nie drüber nachgedacht. Ich tu es einfach!“, sagt Ingrid Ensle (70), aktiv, fit und lebensfroh wie nur wenige in ihrem Alter. Ihre Freude am Sport ist ansteckend: Schon seit 30 Jahren trainiert sie die Aerobic-Frauengruppe beim Sportclub Heroldstatt (SCH) als ehrenamtliche Übungsleiterin, mit vielen Fans, die ihr seit Jahren die Treue halten.
Ingrid Ensle hat einen festen Händedruck, wache grüne Augen, einen leicht gebräunten Teint und eine super Figur, ist viel unterwegs und immer verplant – mit FitnessStudio, Tennis, Wandern und Sportverein. Kurzum – Ingrid Ensle sieht zehn Jahre jünger aus. Die meisten Frauen in ihrer Turngruppe sind um die 50, somit 20 Jahre jünger als sie. Trotzdem kann sie ihren Damen immer noch ordentlich einheizen: „Schwänzen gibt’s nicht. Montags ist Aerobic in der Berghalle, und da geht man einfach hin – es sei denn, man hat keine Freude dran. Dann sollte man vielleicht eine andere Sportart probieren.“
Die Aerobic-Frauen schätzen ihre liebenswerte Art und ihre positive Ausstrahlung: „Ingrid ist immer optimistisch. Das ist sehr motivierend“, erzählt eine ihrer AerobicFrauen beim Training. Sich zum Sport überwinden, Pflichtübungen abarbeiten oder Durststrecken durchstehen – solche Qualen sind der sportlichen Seniorin unbekannt. Ihrer Frauengruppe offensichtlich auch.
Aufgewachsen in Sprendlingen bei Frankfurt ging sie schon als Fünfjährige ins Kinderturnen, zwischen zehn und 20 war sie Kunstturnerin, absolvierte Meisterschaften im Gerätturnen und in der Leichtathletik. „Wir waren eine sportlich engagierte Gruppe junger Frauen und hatten eine tolle Trainerin.“Boden, Barren, Pferd und Schwebebalken waren damals ihr Ding. „Manche machen so was ja sogar noch mit 90“, sagt Ensle und zeigt auf ihrem Handy ein Video von einer Amerikanerin in diesem stolzen Alter, die immer noch turnt wie eine 30-Jährige.
Zusätzlich ins Sportstudio
„Beim SCH machen wir natürlich nur Breitensport, aber das ist wichtiger als Spitzenleistungen. Mir geht es um die Freude an der Bewegung, und die will ich gern mit anderen teilen.“Ingrid Ensle hat keine Kinder. Vor vier Jahren verlor sie ihren Mann. Alleine ist sie trotzdem nicht: Ob in Sprendlingen oder Heroldstatt, der Sport ist ihr schon immer eine Heimat gewesen. Dort hat sie ihre Aufgabe, ihre Freunde und Bekannten. Mit ihren Aerobic-Frauen spielt sie Karten, mit ihren Tennisfreunden geht sie zum Walken, mit anderen Sportfreunden zum Wandern. Zusätzlich geht sie ins Sportstudio; Spinning, Rücken- und Faszien-Training, Pilates: ein Leben für den Sport.
„Es gibt nichts, was ich noch nicht ausprobiert hab’ im Sport“, sagt die SCH-Übungsleiterin, die neben Aerobic auch einige Jahre lang SkiGymnastik unterrichtet hat. „Das Einzige, was ich mir nicht vorstellen kann, ist allein daheim im Wohnzimmer zu trainieren. Ich brauch’ Leute um mich herum, da muss was laufen.“Gemeinsam mit anderen Sport zu machen und nach dem Training Zusammensitzen und Kaffeetrinken ist für sie eine große Bereicherung.
Manchmal gönnt sie sich zum Kaffee einen Kuchen oder ein süßes Stückle. Chips, Gummibärchen und Schokolade mag sie nicht: „Da kann ich gut darauf verzichten.“Die sportliche Seniorin kocht gern, isst gesund und bewegt sich am liebsten im Freien an der frischen Luft. Andere Menschen bleiben lieber auf dem Sofa sitzen – mit 70 sowieso, viele schon früher. Was Sportmuffel von ihr lernen können? „Es gibt keinen Trick, kein Geheimnis. Wer Lust hat, sollte nicht lang überlegen und einfach zu mir ins Aerobic-Training kommen. Wir sind eine offene Gruppe. Jede Frau ist uns herzlich willkommen!“