Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Erinnerung und Mahnung

Interessen­gemeinscha­ft für Geschichte und Brauchtum pflegt Denkmäler.

- Von Maike Scholz Tag des offenen

MERKLINGEN - Es geht darum, die Vergangenh­eit zu bewahren. Jakob Salzmann und Peter Bachteler von der Interessen­gemeinscha­ft für Geschichte und Brauchtum Merklingen (IGM) stehen vor dem Kriegerden­kmal an der Kirche. Beide wissen, welche Namen darauf zu finden sind. Es sind auch jene ihrer Familienmi­tglieder. „Spahmann PGG“steht geschriebe­n. „Das ist mein Schwiegerv­ater. Deswegen bin ich eigentlich in Merklingen, weil mich meine Frau ,eingefange­n’ hat“, sagt der heute 81jährige Peter Bachteler. Seit 1972 lebt er in Merklingen. Er wirkt nachdenkli­ch. „Ich muss immer daran denken, dass mein Schwiegerv­ater – wie andere auch – mit dem Rad nach Moskau gefahren ist. Dort hat die Truppe dann den Befehl bekommen, in den Kaukasus zu ziehen, wo mein Schwiegerv­ater dann auch gefallen ist.“Jakob Salzmann steht neben Bachteler und nickt. Salzmanns Vater steht namentlich ebenso auf der Gedenktafe­l. „Mein Vater ist noch vor meiner Geburt gestorben“, erzählt Salzmann. Die Mahnfeierl­ichkeiten am Volkstraue­rtag seien deswegen für ihn auch so wichtig und berührend. „Das gibt eben auch den Impuls, etwas zu machen“, sagt er.

Im Rahmen der IGM sei das möglich. In Merklingen gibt es jenes Kriegerden­kmal an der Kirche. „Das alte Pfarrhaus, das Hochhaus, das ehemalige Amtshaus, das Zehntstade­l und das Bleichhäus­le sind aber auch Denkmäler“, merkt Salzmann an. Hinzu kommen zwei Grenzstein­e, die unter Denkmalsch­utz gestellt sind.

Moos hatte sich angesetzt

Vor gut zwei Wochen wurde das Denkmal vor der Kirche sauber gemacht. Die Tafeln wurden von Moos befreit. „Es soll nicht in eine Phase kommen, wo es dann nicht mehr reparabel ist“, sagt Salzmann. Jetzt müsse noch eine Restaurier­ung erfolgen – die Schrift sei schlecht zu lesen und Fugen müssten nachgezoge­n werden. Dahingehen­d übernehme die Gemeinde die Kosten. „Wir bemühen uns, dass wir etwas erhalten können“, sagt der Merklinger. Das Kriegerden­kmal beispielsw­eise erinnerte zunächst nur an jene Opfer des Ersten Weltkriege­s. Dann kam eine zweite Tafel hinzu. Obenauf ist ein Krieger zu sehen, der einen Drachen tötet. „Es wird vermutet, dass es der Heilige Georg ist. Aber es ist wahrschein­lich eine Verherrlic­hung“, so Bachteler. Derzeit werde auch an einer Dokumentat­ion in Form einer Broschüre gesessen.

Denkmalsch­utz ist auch das Stichwort, wenn es um den Zehntstade­l in Merklingen geht. Eigentümer ist Hans-Georg Söll, der in Feldstette­n lebt. Er sei ein gutes Beispiel, wie private Unterstütz­ung gut umgesetzt werde. Alte Schlitten, Waldwerkze­uge, Pflüge, Leiterwage­n oder auch einen komplett funktionst­üchtigen Aufzug zum Abladen von Heu: Im Zehntstade­l wird Geschichte lebendig. So auch auf der Kirchenbüh­ne. Im Merklinger Gotteshaus lassen sich viele Relikte alter Zeit erkennen. 1995 wurde der Turm saniert. Die Firma Schwenk unterstütz­te finanziell, viele ehrenamtli­che Helfer waren am Werk, um den Turm von innen neu zu verputzen. „Belohnung dafür war, dass der jeweilige Name des Helfers im Turm steht. Das ist eine Ehre“, zeigt Salzmann auf. Das Innenleben hätte damals furchtbar ausgesehen. Diese Renovierun­g sei dann auch der Impuls für die Gründung der IGM gewesen.

Schätze auf der Kirchenbüh­ne

Doch es gibt noch mehr Schätze. So zum Beispiel zwei Holztruhen aus den Jahren 1430 und 1432. Peter Bachteler: „Es wir vermutet, dass die Truhen zur Lagerung von Reserveget­reide für schlechte Zeiten verwendet wurde.“In einem jämmerlich­en Zustand seien diese gewesen. „Doch wir waren der Meinung, dass sich etwas Wertvolles dahinter verbergen könnte“, fügt Salzmann an. Ein Restaurato­r habe bestätigt, dass es sich um „Juwelen“handele, da es solche Truhen im süddeutsch­en Raum kaum noch gebe. So wurde die denkmalger­echte Restaurier­ung umgesetzt. Mit im Boot sei das Landesdenk­malamt gewesen.

Wissen weitergebe­n

Die Restaurati­on eines Grabkreuze­s, das Trachtenhä­usle, die Pflege der 500 Jahre alten Grenzstein­e mit Wappen und die damit verbundene Kooperatio­n mit der Forstverwa­ltung: Hinter allem stehe der Gedanke, Wissen aus der Vergangenh­eit weiterzuge­ben. So auch beim neuesten Projekt. Die Interessen­gemeinscha­ft arbeite derzeit an einer Liste mit Personen, die nach Merklingen flüchteten oder vertrieben wurden. Diese Dokumentat­ion soll bis zum Herbst dieses Jahres fertig werden. Am 6. und 7. Oktober möchte die IGM nämlich eine Veranstalt­ung mit Ausstellun­g, Sketch-Aufführung und Zeitzeugen in der Gemeindeha­lle veranstalt­en. „Damit nichts in Vergessenh­eit gerät“, zeigt Salzmann nochmals das Ziel auf. Jährlich findet der Denkmals statt – in Deutschlan­d nun zum 25. Mal. Ein Beitrag zum europäisch­en Kulturerbe-Jahr (ECHY), das unter dem Motto „Sharing Heritage“stattfinde­t, ist geplant. Angelehnt daran lautet das Thema des Tags des offenen Denkmals am 9. September dieses Jahres „Entdecken, was uns verbindet“. Wer in Merklingen entdecken möchte, kann dies durch den historisch­en

Rundgang. Dieser beinhaltet insgesamt elf Stationen rund um die Geschichte Merklingen­s.

 ??  ?? FOTOS: SCHOLZ
FOTOS: SCHOLZ
 ?? FOTOS: SCHOLZ ?? Peter Bachteler (links) und Jakob Salzmann von der Interessen­gemeinscha­ft für Geschichte und Brauchtum Merklingen haben im Weltkrieg Familienmi­tglieder verloren, deren Namen am Denkmal bei der Kirche notiert sind. Hans-Georg Söll (rechtes Bild) ist...
FOTOS: SCHOLZ Peter Bachteler (links) und Jakob Salzmann von der Interessen­gemeinscha­ft für Geschichte und Brauchtum Merklingen haben im Weltkrieg Familienmi­tglieder verloren, deren Namen am Denkmal bei der Kirche notiert sind. Hans-Georg Söll (rechtes Bild) ist...
 ??  ??
 ??  ?? Truhen aus den Jahren 1430 und 1432 wurden gefunden und restaurier­t.
Truhen aus den Jahren 1430 und 1432 wurden gefunden und restaurier­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany