Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
WOG beklagt „Denunziation“durch die deutsche Botschaft
Landesverband tagt in Laichingen und prüft Schadenersatzforderungen gegen das Außenministerium
LAICHINGEN (sz) - Die West-OstGesellschaft Baden-Württemberg (WOG BaWü) hat in Laichingen getagt, bei der hiesigen Regionalgruppe der WOG. Die WOG will sich stark machen für bessere Beziehungen zu Russland, durch eine „Volksdiplomatie“von unten, teilt sie in einer Erklärung mit. Beklagt wird außerdem, dass jüngst gegen Mitglieder der WOG, auch gegen Laichinger, ermittelt worden war, wegen einer Reise auf die von Russland besetzte Krim.
Erstmals seit längerer Zeit hat sich die West-Ost-Gesellschaft Baden-Württemberg (WOG BaWü) wieder in Laichingen zur Hauptversammlung getroffen. Auf Einladung der Regionalgruppe Laichingen fand die Versammlung Ende April in den Räumen des Gesangvereins „Frohsinn“statt. Die WOG BaWü engagiere sich vor allem „auf medizinischhumanitärem Gebiet“mit Schwerpunkt in Belarus (Weißrussland) und Russland, heißt es in der WOGMitteilung.
„Politisch noch nicht erledigt“
Mit Interesse hätten die Mitglieder bei „der gut besuchten Veranstaltung“die regionalen Berichte zu Aktivitäten entgegengenommen. Joachim Claus berichtete als Vorsitzender der WOG Laichingen über zurückliegende humanitäre Leistungen für Behinderte, zu Kindererholungsmaßnahmen und Begegnungen, die auch auf der Grundlage des Freundschaftsvertrages der Stadt Laichingen mit der Stadt Neswish (Weißrussland) erbracht wurden.
„Natürlich“hätten auch die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen und eine Hausdurchsuchung gegen den Verein wegen einer Krim-Reise im Jahr 2016 im Mittelpunkt der Aussprache gestanden (wir berichteten). Auch wenn diese Ermittlungen gegen den Vorstand und dessen Vorsitzenden Jörg Tauss noch im alten Jahr eingestellt wurden, sieht die WOG die Angelegenheit politisch „noch nicht als erledigt an“. Denn auch aufgrund von Akteneinsicht habe sich in den vergangenen Tagen herausgestellt, dass die „Denunziation und falsche Anschuldigung gegen die WOG“, so Joachim Claus, von der deutschen Botschaft in Moskau ausging. Auch Claus war wegen der Krim-Reise beschuldigt worden, als einer von drei Stellvertretern von Tauss, sowie die Laichingerin Rosl Gebhardt, die Schatzmeisterin der WOG BaWü. Sie beide waren aber nicht auf der Krim dabei, der Laichinger Fritz Bauer hingegen schon.
Die Versammlung in Laichingen sei „einhellig“der Meinung gewesen, dass es sich bei den eingeleiteten Ermittlungen um einen „unglaublichen Vorgang“gehandelt habe, der in eine Entschuldigung des deutschen Botschafters und des Auswärtigen Amts münden müsse. Ein entsprechendes Protestschreiben wurde unterzeichnet. Auch Schadenersatzforderungen an das Außenministerium würden ins Auge gefasst. Denn die entstandenen Anwaltskosten wären besser für die gemeinnützigen Vereinszwecke verwendet worden.
Weitere Berichte betrafen andere laufende Projekte „auf Augenhöhe“in der Stuttgarter Partnerstadt Samara (Russland). Dort betreibt die WOG Anlaufstellen für Kinder mit Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalte, mit MukoviszidoseErkrankung und engagiere sich darüber hinaus „im Rahmen allgemeiner völkerverständigender Begegnungen“. In Mogilev (Belarus) stehe der Aufbau eines Kinderhospizes an. Dort werde ein reger Austausch mit Hospizfachkräften aus dem Partnerland und Deutschland organisiert. Gegenseitige Besuche und Hospitationen, auch im Kinderhospiz „Sterntaler“Dudenhofen (Pfalz), seien für verantwortliche Mitarbeiter ausgeführt worden.
Sorgenvolle Zukunft
Mit Sorge sehe die WOG, dass solche Besuche, wie auch Hospitationen und Praktika von Studierenden aus dem osteuropäischen Raum, in jüngster Zeit „immer mehr mit überflüssigen bürokratischen Auflagen der deutschen Ämter“erschwert würden. Dies sei ein Zeichen, wie stark vor allem die deutsch- russischen Beziehungen unter Druck stünden, so Tauss. Die WOG wolle alles tun, um mit „Volksdiplomatie“von unten „dem wieder beginnenden kalten Krieg von oben“entgegen zu wirken. „Bessere Beziehungen zu Russland sind im deutschen Interesse“, betonte Tauss. Dies gelte nicht „nur“für die Wirtschaft.
Ein „interessantes Projekt“stellte der frühere ARD-Journalist Rainer Kaufmann in Laichingen vor. Martin Fluch, ein Deutschlehrer im georgischen Batumi, will zum Ende seines Aufenthalts mit Rollerskates jetzt in 90 Tagen rund 4500 Kilometer von Georgien nach Baden-Württemberg zurückreisen. Dieser „Charity-Lauf “soll zugunsten der Kinderkrebshilfe Georgien Geld einbringen. Auch dieser Lauf werde von der WOG unterstützt. Abschließend dankte die Versammlung mit viel Beifall Schatzmeisterin Rosl Gebhardt, die sich mit „vorbildlicher Kassenführung“um die Finanzen kümmert. Sie freute sich über ihre einstimmig ausgesprochene Entlastung.