Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Bücher erwachen zu neuem Leben
Zwei Ausstellungseröffnungen am Wochenende in der Städtischen Galerie in Ehingen
EHINGEN (kö) - Kinder haben oft eine ganz eigene Art, an Kunstwerke heranzugehen. 25 Kinder zwischen acht und 15 Jahren aus VHS-Malkursen und der Kreativwerkstatt haben sich in der Städtischen Galerie im Speth’schen Hof mit einigen von Anne Linder und Volker Sonntag ausgewählten Werken der Sammlung Doris Nöth beschäftigt und sie so wiedergegeben, wie sie sie sehen.
Welches Bild die Kinder wählten, war ihnen freigestellt, auch das Format. Bei einigen muss man nun ganz genau hinschauen, wie bei einer Landschaft mit Haus, um zu sehen, welches das Original und welches die kindliche Kopie ist. Zwei Stunden hatten die Kinder Zeit, mit Aquarell- und Acrylfarben, Pastellkreiden, Bunt- und Bleistiften zu arbeiten. Bei einem Hochzeitsbild eines Brautpaares vor vielen Jahren stimmen im Original die Proportionen schon nicht, „die kleine Künstlerin war mit ihren auch nicht zufrieden“, erzählte Anne Linder.
Ein „Tisch am irischen Meer“ist im Original sehr dunkel gehalten, bei der kindlichen Kopie bekommt das Bild wie andere sehr dunkle auch helle Farben. Oft bringen Kinder mit ihrer eigenen Kreativität ganz neue Sichtweisen in das Original. „Was dort schon skurril erscheint, bekommt bei der Wiedergabe durch das Kind eine ganz neue Skurrilität“, sagte Anne Linder. Die Vernissage zu dieser Ausstellung ist am Samstag, 5. Mai, um 17 Uhr.
Am Sonntagmorgen wird die Jahresausstellung „Buchobjekte“eröffnet. Die Ehinger Kunstfreunde haben zu einer offenen Ausstellung eingeladen, zu der Arbeiten, die aus Büchern geschaffen wurden, eingebracht werden konnten. 150 Exponate wurden eingereicht, viele von Schulen wie der Realschule, der Längenfeldschule, dem Wirtschaftsgymnasium, dem Sozialgymnasium, dem Johann-Vanotti-Gymnasium und der Förderschule Munderkingen. „Es war nicht einfach, all diese Arbeiten zu präsentieren, erzählte Anne Linder. Nicht alle hatten eine Aufhängung, viele Regale mussten sie und ihr Mann bauen, andere fanden auf Podesten ihren Platz.
Mehrere Bücher, von Gipsbinden umwickelt, wurden zum Sockel für eine Porzellanfigur, Dudenseiten bekamen ein neues Gesicht mit Bleibuchstaben, wie sie früher Drucker verwendeten. Ein in einen Bücherschnitt gearbeitetes Motiv ist mit Hilfe einer Software entstanden, ebenso die Motive aus gefalteten Buchseiten. Zurück zum Ursprung, denkt der Betrachter, wenn er die Zweige sieht, die aus gefalteten Seiten sprießen. Dann wieder werden Buchseiten zu einem Schwan. Besonders beklemmend sind Bibel, Koran und Thora, deren rot eingefärbte, zerrissene Seiten von einem Panzer durchbrochen werden.
Ein Drache oder Bücherwurm hat in einem anderen Buch in einem Ausschnitt einen Schlafplatz gefunden. Eine chinesische Schülerin hat ihre eigenen Bücher mit der Geschichte einer Familie geschaffen. Sie sind reduziert auf Ranglisten von sieben Begriffen, die in verschiedenen Lebensabschnitten wichtig sind. In einem kleinen Raum hängt ein bunter Vogelschwarm, aus Büchern entstanden, und ein farbiger Bücherwurm zieht sich durch den Raum. Ein Wasserfall aus Papier ist aus Buchseiten entsprungen. Der Rücken und die Deckseite eines anderen Buches haben ein Nagelbrett bekommen.
Die Besucher werden aufgefordert, über einen Publikumspreis abzustimmen. Die Vernissage ist am Sonntag um 11 Uhr und die Ausstellung ist bis zum 10. Juni in der Galerie zu sehen.