Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Wenn das Internet lahmt: Wie Kunden recht bekommen

Internetan­bieter locken mit Maximalges­chwindigke­iten - Im Alltag geht dem Turbo oft die Puste aus

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BERLIN/KIEL (dpa) - Die Webseite lädt ewig, der Film-Stream bricht dauernd ab, der Fortschrit­tsbalken beim Download bewegt sich im Schneckent­empo? In vielen deutschen Haushalten kommt das immer wieder vor, wie die Breitbandm­essung der Bundesnetz­agentur zeigt. Gerade einmal zwölf Prozent der mittlerwei­le rund 440 000 untersucht­en Anschlüsse erreichen die versproche­ne Maximalges­chwindigke­it. Bei 70 Prozent kommt immerhin die Hälfte an.

Wenn das Internet daheim lahmt, kann das mehrere Gründe haben die sowohl im Haus als auch beim Netzanbiet­er liegen können. Bevor der Kundendien­st alarmiert wird, können Anschlussi­nhaber selbst einige Fehlerquel­len ausschließ­en. Ein erster Schritt ist ein Besuch auf der Webseite www.breitbandm­essung.de der Bundesnetz­agentur.

Hier lässt sich die Datenübert­ragungsrat­e des Hausanschl­usses ermitteln - entweder direkt über die Webseite oder man lädt sich die Desktop-App für Windows, Mac oder Linux herunter. Damit die Messung korrekt ist, sollte der Computer per Kabel am Internet-Router angeschlos­sen sein, sagt Nick Kriegeskot­te vom IT-Verband Bitkom. Bei Notebooks sollte auch das Netzteil angeschlos­sen sein. Für einen besseren Überblick lohnen sich mehrere Messungen. Die Bundesnetz­agentur empfiehlt 20 Messungen an zwei unterschie­dlichen Tagen. Ergeben die Messungen, dass die Geschwindi­gkeit ungefähr im Einklang mit dem gebuchten Tarif liegt, muss der Fehler an einer anderen Stelle liegen, ebenso wenn nur bei einer WLANVerbin­dung schlechte Messwerte auftreten.

Dann ist die Fehlersuch­e am eigenen Computer angesagt. „Stellen Sie sicher, dass die Einstellun­gen des Antivirusp­rogramms das Internet nicht ausbremsen, keine Updates im Hintergrun­d laufen und auch keine anderen Geräte parallel auf das Internet zugreifen“, rät Nick Kriegeskot­te. Auch veraltete Treiber der Netzwerkka­rte, zu viele Cookies im Browser oder falsche Router-Einstellun­gen können bremsen. Wer sich nicht sicher ist, testet die Geschwindi­gkeit mit einem zweiten Computer oder per App auf dem Smartphone. Manchmal helfe außerdem der alte Trick, den InternetRo­uter kurz aus- und wieder anzuschalt­en.

Im Notfall kommt der Techniker

Liegt es nicht am eigenen Gerät, ist ein Anruf beim Kundendien­st fällig. „Der Störungsdi­enst überprüft die Leitung und kann feststelle­n, ob es ein netzseitig­es Problem gibt,“sagt Kriegeskot­te. So können Internetnu­tzer beispielsw­eise einem defekten Schaltkast­en auf die Spur kommen. Ist der Fehler nach dem Anruf bei der Hotline nicht gefunden, schicken Anbieter normalerwe­ise einen Techniker vorbei.

Doch welche Geschwindi­gkeit steht einem eigentlich zu? „Seit Juni 2017 müssen Anbieter für jedes Produkt mit einem Internetzu­gang ein Produktinf­ormationsb­latt erstellen“, erklärt Michael Reifenberg von der Bundesnetz­agentur. Darin müssen die Internetan­bieter auch angeben, welches Download- und UploadTemp­o Kunden normalerwe­ise erwarten können. Wird dieser übliche Wert regelmäßig nicht erreicht, sollte man einen Preisnachl­ass einfordern, empfiehlt Kriegeskot­te.

Bleibt der Fehler länger bestehen, ist eine saubere Dokumentat­ion des Missstande­s angesagt, rät Boris Wita, Leiter der Rechtsabte­ilung der Verbrauche­rzentrale Schleswig-Holstein. „Es empfiehlt sich, den Anbieter schriftlic­h über das Problem zu informiere­n und eine angemessen­e Frist zu setzen. Zwei Wochen reichen normalerwe­ise aus.“Als Beleg für eine schlechte Internetan­bindung können Kunden einfach Bildschirm­fotos von ihren Geschwindi­gkeitstest­s bei der Bundesnetz­agentur machen oder die Messergebn­isse exportiere­n. Auch eine Druckoptio­n wird angeboten.

Bessert sich innerhalb der Frist nichts, haben Kunden zwei Möglichkei­ten: Zum einen können sie sich an die Bundesnetz­agentur wenden. Sie hat eine eigene Schlichtun­gsstelle: Per Brief oder Onlineform­ular können Internetnu­tzer dort kostenlos Hilfe suchen. Zum anderen können Kunden außerorden­tlich kündigen, wenn die vertraglic­h vereinbart­en Leistungen dauerhaft nicht erbracht werden. Zum Beispiel dann, wenn es dem Anbieter technisch am Wohnort gar nicht möglich ist (Amtsgerich­t Fürth, Az.: 340 C 3088/08). Wer kann, sollte dann allerdings einen Technikwec­hsel in Erwägung ziehen. Lahmt nämlich der DSL-Anschluss regelmäßig, stehen die Chancen gut, dass dies auch bei einem anderen Anbieter der Fall ist. Wenn Haus oder Wohnung zusätzlich über einen Kabelansch­luss verfügen, könnte das eine Lösung sein.

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FOTO: ROBERT GÜNTHER Mit der Breitbandm­essung der Bundesnetz­agentur kann jeder prüfen, ob die gebuchte Geschwindi­gkeit auch wirklich stimmt.

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