Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Jugendwerke eines Frühvollendeten
Alle Schubert-Symphonien in Hohenems
HOHENEMS - Alle Lieder und Liedfragmente Franz Schuberts sind in den vergangenen Jahren bei der Schubertiade aufgeführt worden. Jetzt sind im Markus-Sittikus-Saal in Hohenems die symphonischen Werke an der Reihe.
Dicht gedrängt sitzen die Musikerinnen und Musiker des L’Orfeo Barockorchesters unter der temperamentvollen Leitung von Michi Gaigg auf der Bühne. Am Vortag hatte man Einblick genommen in verschiedene Fragmente, Stationen eines Konviktszöglings, der ausprobiert und wieder verworfen hatte und schließlich eine erste Symphonie für gültig befunden hatte.
Erstmals bei diesem Festival hat man auch mit Michael Kube, der Mitglied der Editionsleitung der Neuen Schubertausgabe in Tübingen ist, einen kundigen Musikwissenschaftler bestellt, der Einblick in die Entstehungsgeschichten und das erstaunlich selbstbewusste Auftreten eines jungen Komponisten gab. Belebend war die Begegnung mit den Hornisten und Trompetern des Orchesters, denn die Feinheiten der Naturtonreihe, der Mund- und Schallstücke, der je nach Tonart zusätzlich aufgesteckten Bögen und der Klangmodulation sind sicher nicht allen bekannt. Bläser haben einen sehr speziellen Humor und bei ventillosen Naturtoninstrumenten braucht es den wohl auch – nicht umsonst bezeichnen Hornisten ihr Instrument als „Glücksspirale“!
Schöne Dialoge
Die sogenannten Jugend-Symphonien Schuberts finden relativ selten den Weg in den Konzertsaal und sind doch voller spannender Wendungen. Der Witz Haydns, die Theaterhaltung Mozarts, die Dramatik Beethovens fließen ein. Im ersten Satz der zweiten Symphonie klingt es nach Bühnenmusik. Im Variationensatz bekommt eine zierliche Oboen-Melodie verschiedene Charaktere, Tanzsatz und Finale kommen stürmisch, jugendlich und kühn daher. Die dritte Symphonie eröffnet Schubert mit einer dichten langsamen Einleitung, die Spannungsklänge lösen sich in flink wuselnde Bewegung.
Michi Gaigg und ihr Orfeo Barockorchester musizieren die Symphonien als groß besetzte Kammermusik von Streichern und Bläsern, mit schönen Dialogen zwischen den Gruppen, feinen Holzbläsersoli im langsamen Satz und auf so beengtem Raum erstaunlich gut gelöster Klangbalance.
Heute Abend, 20 Uhr, werden die „unvollendete“7. und die große 8. Symphonie aufgeführt – und schon ist die Gesamtaufführung wieder beendet!