Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
B 10-Ausbau: Es bleibt spannend
Über die Klage von Naturschützern gegen das Millionen-Projekt entscheidet der Verwaltungsgerichtshof erst in zwei Wochen
NEU-ULM/MÜNCHEN - Wird die B 10 im Pfuhler Ried autobahnähnlich auf vier Spuren ausgebaut oder fällt das Millionen-Projekt doch eine Nummer kleiner aus? Diese Frage bleibt vorerst ungeklärt. In der Verhandlung am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München hat der achte Senat unter Vorsitz von Richterin Judith Müller am Dienstag noch keine Entscheidung über die Klage des Bund Naturschutz und eines Pfuhler Landwirts gegen den Freistaat Bayern getroffen. Diese soll in zwei Wochen bekannt gegeben werden – die Begründung wird dann später nachgereicht.
Die Richter haben sich in der mehrstündigen Sitzung akribisch mit den Argumenten beider Parteien auseinandergesetzt. Sowohl die Naturschützer als auch die Regierung von Schwaben und das staatliche Bauamt Krumbach waren mit einer stattlichen Zahl von Vertretern aufmarschiert.
Wie berichtet, ist der Bund Naturschutz dagegen, dass die B 10 auf dem 5,5 Kilometer langen Abschnitt von der Anschlussstelle Nersingen bis zum Stadtrand auf eine Fahrbeinbreite von 31 Metern mit vier Spuren samt Stand- und Mittelstreifen ausgebaut wird. Sie beklagen, dass dies überdimensioniert sei und zu einem unnötigen Flächenfraß im ohnehin schon geplagten Pfuhler Ried führen würde. Da das Bauvorhaben aber als vordringlicher Bedarf im Bundesverkehrswegeplan steht, führt am vierspurigen Ausbau kein Weg vorbei. Kostenpunkt: knapp 30 Millionen Euro. Die Umweltschützer schlagen einen Kompromiss vor, nämlich ein Straßenquerschnitt von nur 21 Metern sowie einen Ausbau der Auffahr- ten zur A 7 und die Beseitigung der Ampeln an der Einmündung der Breitenhofstraße und an der Autobahn. Damit könnten kurzfristig Staus verhindert werden. Die Details des Ausbaus sind aber nicht Gegenstand des Verfahrens. Die Klage wurde gegen den Planfeststellungsbeschluss eingereicht, der voriges Jahr im März erging. Das heißt: Nur, wenn in dem Verfahren Fehler gemacht wurden, könnte das Gericht den Beschluss aufheben, womit der Ball wieder bei der Regierung von Schwaben läge. Der Senat könnte beispielsweise zu dem Schluss kommen, dass die Abwägung der Belange – Verkehr hier, Naturschutz dort – fehlerhaft vorgenommen wurde. Ein zentraler Punkt ist das Verkehrsgutachten, das für das Verfahren in Auftrag gegeben wurde. Die Experten gehen davon aus, dass die Zahl der Fahrzeuge bis 2030 ohne Ausbau von heute 20 000 auf 24 000 steigen würde, mit Ausbau auf 36 000. Bernd Kurus-Nägele, Kreisgeschäftsführer des Bund Naturschutz, nannte die letztgenannte Zahl ein „Hirngespinst“. Er fragte sich außerdem, weshalb eine Bundesstraße zur Entlastung der A 8 und der A 7 um 4000 Fahrzeuge pro Tag dienen solle, wie es in den Unterlagen steht. Oberlandesanwalt Marcus Niese sprach von einer „Bündelungsfunktion der B 10“und verwies außerdem wiederholt darauf: „Das Regelwerk ist eingehalten worden.“Ob das auch beim Artenschutz der Fall ist, war in der Verhandlung strittig.
Der Biologe Dieter Leippert bemängelte, dass die Untersuchung der Fledermausbestände nur nach dem Minimalprinzip, mit wenigen Begehungen ausgeführt worden sei, dazu noch mit einem Fledermausdetektor – erforderlich wären Lautaufnahmen gewesen. So haben man nicht einmal alle Arten bestimmen können. Er verwies außerdem auf neueste Forschungsergebnisse aus Kanada, nach denen Stahlprofildurchlässe als Schutzmaßnahme für Fledermäuse ungeeignet seien. Ein Vertreter der Regierung von Schwaben sagte, dass es in dem Plangebiet eine sehr geringe Fledermaus-Aktivität gebe. „Wir sehen keine methodischen Versäumnisse in der Bestandsaufnahme“, so Oberlandesanwalt Marcus Niese. Der Beweisantrag der Kläger, ein weiteres Gutachten einzuholen, wurde abgelehnt. Verlieren die Naturschützer, wird es für sie teuer. KurusNägele schätzt die Verfahrenskosten auf 15 000 Euro. Bei Verkehrsprojekten seien die Erfolgsaussichten eher gering, sagte Thomas Frey, Regionalreferent für Schwaben beim Bund Naturschutz. Er hofft auf eine Chance: „Wir müssen es versuchen, sonst machen die doch, was sie wollen.“