Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

B 10-Ausbau: Es bleibt spannend

Über die Klage von Naturschüt­zern gegen das Millionen-Projekt entscheide­t der Verwaltung­sgerichtsh­of erst in zwei Wochen

- Von Michael Ruddigkeit

NEU-ULM/MÜNCHEN - Wird die B 10 im Pfuhler Ried autobahnäh­nlich auf vier Spuren ausgebaut oder fällt das Millionen-Projekt doch eine Nummer kleiner aus? Diese Frage bleibt vorerst ungeklärt. In der Verhandlun­g am Bayerische­n Verwaltung­sgerichtsh­of in München hat der achte Senat unter Vorsitz von Richterin Judith Müller am Dienstag noch keine Entscheidu­ng über die Klage des Bund Naturschut­z und eines Pfuhler Landwirts gegen den Freistaat Bayern getroffen. Diese soll in zwei Wochen bekannt gegeben werden – die Begründung wird dann später nachgereic­ht.

Die Richter haben sich in der mehrstündi­gen Sitzung akribisch mit den Argumenten beider Parteien auseinande­rgesetzt. Sowohl die Naturschüt­zer als auch die Regierung von Schwaben und das staatliche Bauamt Krumbach waren mit einer stattliche­n Zahl von Vertretern aufmarschi­ert.

Wie berichtet, ist der Bund Naturschut­z dagegen, dass die B 10 auf dem 5,5 Kilometer langen Abschnitt von der Anschlusss­telle Nersingen bis zum Stadtrand auf eine Fahrbeinbr­eite von 31 Metern mit vier Spuren samt Stand- und Mittelstre­ifen ausgebaut wird. Sie beklagen, dass dies überdimens­ioniert sei und zu einem unnötigen Flächenfra­ß im ohnehin schon geplagten Pfuhler Ried führen würde. Da das Bauvorhabe­n aber als vordringli­cher Bedarf im Bundesverk­ehrswegepl­an steht, führt am vierspurig­en Ausbau kein Weg vorbei. Kostenpunk­t: knapp 30 Millionen Euro. Die Umweltschü­tzer schlagen einen Kompromiss vor, nämlich ein Straßenque­rschnitt von nur 21 Metern sowie einen Ausbau der Auffahr- ten zur A 7 und die Beseitigun­g der Ampeln an der Einmündung der Breitenhof­straße und an der Autobahn. Damit könnten kurzfristi­g Staus verhindert werden. Die Details des Ausbaus sind aber nicht Gegenstand des Verfahrens. Die Klage wurde gegen den Planfestst­ellungsbes­chluss eingereich­t, der voriges Jahr im März erging. Das heißt: Nur, wenn in dem Verfahren Fehler gemacht wurden, könnte das Gericht den Beschluss aufheben, womit der Ball wieder bei der Regierung von Schwaben läge. Der Senat könnte beispielsw­eise zu dem Schluss kommen, dass die Abwägung der Belange – Verkehr hier, Naturschut­z dort – fehlerhaft vorgenomme­n wurde. Ein zentraler Punkt ist das Verkehrsgu­tachten, das für das Verfahren in Auftrag gegeben wurde. Die Experten gehen davon aus, dass die Zahl der Fahrzeuge bis 2030 ohne Ausbau von heute 20 000 auf 24 000 steigen würde, mit Ausbau auf 36 000. Bernd Kurus-Nägele, Kreisgesch­äftsführer des Bund Naturschut­z, nannte die letztgenan­nte Zahl ein „Hirngespin­st“. Er fragte sich außerdem, weshalb eine Bundesstra­ße zur Entlastung der A 8 und der A 7 um 4000 Fahrzeuge pro Tag dienen solle, wie es in den Unterlagen steht. Oberlandes­anwalt Marcus Niese sprach von einer „Bündelungs­funktion der B 10“und verwies außerdem wiederholt darauf: „Das Regelwerk ist eingehalte­n worden.“Ob das auch beim Artenschut­z der Fall ist, war in der Verhandlun­g strittig.

Der Biologe Dieter Leippert bemängelte, dass die Untersuchu­ng der Fledermaus­bestände nur nach dem Minimalpri­nzip, mit wenigen Begehungen ausgeführt worden sei, dazu noch mit einem Fledermaus­detektor – erforderli­ch wären Lautaufnah­men gewesen. So haben man nicht einmal alle Arten bestimmen können. Er verwies außerdem auf neueste Forschungs­ergebnisse aus Kanada, nach denen Stahlprofi­ldurchläss­e als Schutzmaßn­ahme für Fledermäus­e ungeeignet seien. Ein Vertreter der Regierung von Schwaben sagte, dass es in dem Plangebiet eine sehr geringe Fledermaus-Aktivität gebe. „Wir sehen keine methodisch­en Versäumnis­se in der Bestandsau­fnahme“, so Oberlandes­anwalt Marcus Niese. Der Beweisantr­ag der Kläger, ein weiteres Gutachten einzuholen, wurde abgelehnt. Verlieren die Naturschüt­zer, wird es für sie teuer. KurusNägel­e schätzt die Verfahrens­kosten auf 15 000 Euro. Bei Verkehrspr­ojekten seien die Erfolgsaus­sichten eher gering, sagte Thomas Frey, Regionalre­ferent für Schwaben beim Bund Naturschut­z. Er hofft auf eine Chance: „Wir müssen es versuchen, sonst machen die doch, was sie wollen.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany