Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

1,8 Millionen Euro: Finanzbera­ter betrügt

Staatsanwa­lt fordert drei Jahre und fünf Monate Haft – 15 Fälle von schwerem Betrug

- Von Johannes Nuß

SCHELKLING­EN/ULM - Vor dem Ulmer Landgerich­t ist am gestrigen Montag der zweite Verhandlun­gstag im Prozess wegen schweren Anlagebetr­ugs gegen einen ehemaligen Schelkling­er Finanzbera­ter mit der Verlesung der Plädoyers von Verteidigu­ng und Anklage zu Ende gegangen. Aufgrund der Höhe der veruntreut­en Summe von rund 1,8 Millionen Euro, die der geständige Angeklagte von 15 Geschädigt­en ergaunert hatte, forderte die Staatsanwa­ltschaft eine Gesamtstra­fe von drei Jahren und fünf Monaten. Darin enthalten ist auch die Forderung für eine Urkundenfä­lschung, die der Angeklagte begangen hatte, als er versucht hatte, ein ganzes Aktiendepo­t eines Kundens zu veruntreue­n. Die Verteidigu­ng forderte Freispruch, da der ausgebilde­te Bankkaufma­nn vollumfäng­lich geständig sei, er selber sämtliche Unterlagen zur Aufklärung der Veruntreuu­ngen zur Verfügung gestellt, Selbstanze­ige gestellt und letztendli­ch so verzweifel­t war, dass er einen Selbstmord­versuch unternomme­n habe.

2007 selbststän­dig gemacht

Nachdem sich der ehemalige Bankangest­ellte im Jahr 2007 als Finanzbera­ter selbständi­g gemacht hatte, nahm das Unheil seinen Lauf. Zunächst seien die Geschäfte als selbständi­ger Finanzbera­ter äußerst gut gelaufen, unterstric­h der Staatsanwa­lt in seinem Plädoyer. Im Laufe der Zeit allerdings, hatte der Angeklagte sich mit seinem eigenen Privatverm­ögen verspekuli­ert, was ihn dazu bewog, seit dem Jahr 2008 schließlic­h Gelder von Bekannten, Verwandten und Freunden – darunter auch bekannte Persönlich­keiten in Schelkling­en – einzusamme­ln, um mit diesem Geld seine Verluste wieder wett zu machen. Dazu habe er seinen Opfern Renditemög­lichkeiten in schwindele­rregender Höhe vorgegauke­lt, so der Staatsanwa­lt weiter. Von bis zu 20 Prozent war am Montagnach­mittag vor dem Landgerich­t die Rede, die bei einer Investitio­n hätten herausspri­ngen sollen. Schließlic­h sei er durch die Verluste in eine Art Strudel geraten, so der Staatsanwa­lt, was ihn immer wieder in die Position gebracht habe, Geld nachzuschi­eßen. Im Zuge dessen habe er auch angefangen, eine Art Schnellbal­lsystem zu entwickeln, um Geschädigt­en Geld zurück zu zahlen. Außerdem habe er einen nicht-unerheblic­hen Teil der Gelder genutzt, um seinen Lebensunte­rhalt zu bestreiten. Ab 2010 war der Angeklagte schließlic­h so hoch verschulde­t, dass eine Rückzahlun­g des entstanden­en Schadens nahezu ausgeschlo­ssen sei: „Das hätte der Angeklagte früher erkennen müssen“, so der Staatsanwa­lt.

Zusätzlich zu dem Anlagebetr­ug droht dem Angeklagte­n eine Verurteilu­ng wegen Urkundenfä­lschung. Um einem Geschädigt­en Geld auszuzahle­n, hatte der Angeklagte mit gefälschte­n Unterschri­ften ein Aktiendepo­t eines anderen Kunden aufgelöst. Aufgefalle­n war die Aktion schließlic­h, als er versucht hatte, das Geld vom Konto seines Kunden auf sein privates Girokonto zu transferie­ren.

Die Verteidigu­ng hingegen forderte am Montagnach­mittag einen Freispruch für den angeklagte­n Finanzbera­ter, da dieser in vollem Umfang geständig sei und er mit der Bereitstel­lung von Unterlagen alles dazu beigetrage­n habe, um den Betrug letztlich aufzukläre­n. Dem vorangegan­gen war ein Selbstmord­versuch des Angeklagte­n, der sich vor seiner Selbstanze­ige noch versucht hatte, in den Tod zu stürzen. „Würden wir es hier mit einem gewieften Finanzverb­recher zu tun haben, dann hätte er die Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt, sondern verbrannt“, so die Verteidige­rin, die ihre Forderung nach Freispruch auch mit bereits geleistete­n Finanzkomp­ensationen unterstric­h.

Dem Angeklagte­n letztlich blieb nicht viel mehr, als sich in seinem Schlusswor­t noch einmal bei den im Publikum anwesenden Geschädigt­en zu entschuldi­gen. „Es tut mir von ganzem Herzen leid. Ich war der festen Überzeugun­g, dass es gut ausgeht“, erklärte der Angeklagte.

Die Urteilsver­kündung folgt am Donnerstag, 17. Mai, um 11 Uhr im Saal 126 des Landgerich­ts in Ulm.

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FOTO: SCHOLZ Das Verfahren gegen den Schelkling­er Finanzbera­ter wird am Donnerstag zu Ende gehen.

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