Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
1,8 Millionen Euro: Finanzberater betrügt
Staatsanwalt fordert drei Jahre und fünf Monate Haft – 15 Fälle von schwerem Betrug
SCHELKLINGEN/ULM - Vor dem Ulmer Landgericht ist am gestrigen Montag der zweite Verhandlungstag im Prozess wegen schweren Anlagebetrugs gegen einen ehemaligen Schelklinger Finanzberater mit der Verlesung der Plädoyers von Verteidigung und Anklage zu Ende gegangen. Aufgrund der Höhe der veruntreuten Summe von rund 1,8 Millionen Euro, die der geständige Angeklagte von 15 Geschädigten ergaunert hatte, forderte die Staatsanwaltschaft eine Gesamtstrafe von drei Jahren und fünf Monaten. Darin enthalten ist auch die Forderung für eine Urkundenfälschung, die der Angeklagte begangen hatte, als er versucht hatte, ein ganzes Aktiendepot eines Kundens zu veruntreuen. Die Verteidigung forderte Freispruch, da der ausgebildete Bankkaufmann vollumfänglich geständig sei, er selber sämtliche Unterlagen zur Aufklärung der Veruntreuungen zur Verfügung gestellt, Selbstanzeige gestellt und letztendlich so verzweifelt war, dass er einen Selbstmordversuch unternommen habe.
2007 selbstständig gemacht
Nachdem sich der ehemalige Bankangestellte im Jahr 2007 als Finanzberater selbständig gemacht hatte, nahm das Unheil seinen Lauf. Zunächst seien die Geschäfte als selbständiger Finanzberater äußerst gut gelaufen, unterstrich der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Im Laufe der Zeit allerdings, hatte der Angeklagte sich mit seinem eigenen Privatvermögen verspekuliert, was ihn dazu bewog, seit dem Jahr 2008 schließlich Gelder von Bekannten, Verwandten und Freunden – darunter auch bekannte Persönlichkeiten in Schelklingen – einzusammeln, um mit diesem Geld seine Verluste wieder wett zu machen. Dazu habe er seinen Opfern Renditemöglichkeiten in schwindelerregender Höhe vorgegaukelt, so der Staatsanwalt weiter. Von bis zu 20 Prozent war am Montagnachmittag vor dem Landgericht die Rede, die bei einer Investition hätten herausspringen sollen. Schließlich sei er durch die Verluste in eine Art Strudel geraten, so der Staatsanwalt, was ihn immer wieder in die Position gebracht habe, Geld nachzuschießen. Im Zuge dessen habe er auch angefangen, eine Art Schnellballsystem zu entwickeln, um Geschädigten Geld zurück zu zahlen. Außerdem habe er einen nicht-unerheblichen Teil der Gelder genutzt, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Ab 2010 war der Angeklagte schließlich so hoch verschuldet, dass eine Rückzahlung des entstandenen Schadens nahezu ausgeschlossen sei: „Das hätte der Angeklagte früher erkennen müssen“, so der Staatsanwalt.
Zusätzlich zu dem Anlagebetrug droht dem Angeklagten eine Verurteilung wegen Urkundenfälschung. Um einem Geschädigten Geld auszuzahlen, hatte der Angeklagte mit gefälschten Unterschriften ein Aktiendepot eines anderen Kunden aufgelöst. Aufgefallen war die Aktion schließlich, als er versucht hatte, das Geld vom Konto seines Kunden auf sein privates Girokonto zu transferieren.
Die Verteidigung hingegen forderte am Montagnachmittag einen Freispruch für den angeklagten Finanzberater, da dieser in vollem Umfang geständig sei und er mit der Bereitstellung von Unterlagen alles dazu beigetragen habe, um den Betrug letztlich aufzuklären. Dem vorangegangen war ein Selbstmordversuch des Angeklagten, der sich vor seiner Selbstanzeige noch versucht hatte, in den Tod zu stürzen. „Würden wir es hier mit einem gewieften Finanzverbrecher zu tun haben, dann hätte er die Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt, sondern verbrannt“, so die Verteidigerin, die ihre Forderung nach Freispruch auch mit bereits geleisteten Finanzkompensationen unterstrich.
Dem Angeklagten letztlich blieb nicht viel mehr, als sich in seinem Schlusswort noch einmal bei den im Publikum anwesenden Geschädigten zu entschuldigen. „Es tut mir von ganzem Herzen leid. Ich war der festen Überzeugung, dass es gut ausgeht“, erklärte der Angeklagte.
Die Urteilsverkündung folgt am Donnerstag, 17. Mai, um 11 Uhr im Saal 126 des Landgerichts in Ulm.