Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Aus einer Klinik werden Wohnungen
Früher wurde im Jugendstil-Gebäude operiert - Ende 2018 ziehen neue Bewohner ein
ULM - An der Wand sind noch Bruchstücke von Wörtern zu lesen. „Endoskopie“und „Röntgen“dürften sie einst geheißen haben, damals, als das stattliche Jugendstil-Gebäude auf dem Safranberg noch die chirurgischen Abteilungen der Ulmer Uniklinik beherbergte. Jetzt entstehen dort, an der Steinhövelstraße, 120 Wohnungen. Die Firma Instone Real Estate Development lässt das elegant-bürgerliche Hauptgebäude des 1909 von Stadtbaurat Karl Romann geplanten und bis 1912 erbauten Klinikgebäudes umgestalten. Zum Jahresende sollen die ersten Bewohner einziehen.
Richtfest des 50-Millionen-Projekts war vor zwei Wochen. 85 Prozent der Wohnungen waren bereits vor Baubeginn verkauft, darunter alle 97 im denkmalgeschützten Hauptgebäude des ehemaligen Klinikums. Inzwischen sind alle Einheiten veräußert. Sie sollen teilweise von Eigentümern bezogen werden, teilweise werden die Wohnungen vermietet.
Früher Klinikkapelle, jetzt Baubüro
In der ehemaligen Klinikkapelle befindet sich derzeit das Baubüro. In einer Ecke liegt das vom Dachfirst abmontierte alte Leuchtfeuer, ein großes Blinklicht, das das Gebäude für Rettungshubschrauber kennzeichnete. Ein Relikt aus der Zeit, als am Safranberg noch behandelt, operiert, geforscht und gelehrt wurde. Die Kapelle selbst wird zuletzt umgebaut – Räume für die gemeinschaftliche Nutzung der Mieter sollen hier entstehen. Entlang der Nordfassade der Kapelle hatte ein Durchgang das Wirtschafts- und Pfortengebäude mit dem Klinik-Hauptgebäude verbunden: Hier wurden inzwischen die Arkadenbögen freigelegt, die den Innenhof zum Schmuckstück machen werden. Früher parkten hier die Rettungswagen vor der Notaufnahme.
Was nicht denkmalgeschützt ist, zum Beispiel die zahlreichen Anbauten, wurde abgerissen. So findet der einstmals repräsentative Bau aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts zurück zu seinen Wurzeln. Zuletzt war das Innenstadt-Klinikum mit seinen teilweise immer noch üblichen Vierbettzimmern als Krankenhaus nicht mehr zeitgemäß. Der HubschrauberLandeplatz lag frei zugänglich mitten im Patientengarten und Notfall-Patienten mussten durch den öffentlichen Haupteingang zum Schockraum gebracht werden.
Krankenhaus-Architektur immer noch gut erkennbar
Wer durch die weiten Gänge und über die breiten Treppen des Gebäudes geht, staunt, wie viel vom einstigen Krankenhaus noch erkennbar ist, während gleichzeitig moderne, schicke Wohnungen auf 11 000 Quadratmetern entstehen. Die Terrazzoböden des Treppenhauses sind derzeit abgedeckt, um nicht beschädigt zu werden – sie bleiben erhalten. In Absprache mit dem Denkmalschutz wird nicht nur die Eingangshalle mit ihrem historisierenden Kreuzgewölbe aus Beton saniert, auch die Rundbogen-Eingangstüren der ehemaligen Patientenzimmer werden nicht verändert. Manch’ eine wurde zur Eingangstür einer modernen Wohnung, andere Türen mit ihren wulstigen Leibungen sind zugemauert, bleiben aber erkennbar als das, was sie waren.
Auch der ehemalige OP-Pavillon, in dem Patienten noch bis 2012 zu ihren Operationen gebracht wurden, wird zu Wohnungen umgestaltet. Der Dachboden des Klinikums mit seinen zahlreichen Holzbalken war bislang ungenutzt. Jetzt entstehen hinter dem Giebel, an dem sich noch heute das Ziffernblatt der großen Klinik-Uhr befindet, MaisonetteWohnungen. Der Blick auf die alten Kupferdächer der Aufzugschächte gibt ein Bild des Jugendstils vor, während die Aufzüge selbst im Inneren der Schächte neueste Technik haben werden.
Baubürgermeister Tim von Winning nennt die Umgestaltung des Klinik-Hauptgebäudes „ein eindrucksvolles Beispiel für die Umnutzung eines historisch wertvollen Gebäudes“.