Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Workshop „Türöffner & Stolpersteine“
Murat Sandikci sprach in Heroldstatt zum Umgang mit muslimischen Familien.
HEROLDSTATT (sz) - Der Partnerschaftsfonds der Bürgerstiftung Laichinger Alb „Miteinander Füreinander in Heroldstatt“hat bislang eher im Hintergrund gewirkt, beispielsweise mit der Installation eines Defibrillators in der Gemeindemitte am Berg. Mit einem Workshop zur Problematik der Integration muslimischer Familien wagte sich die Stiftung mit kontrovers diskutierten Themen an eine breitere Fachöffentlichkeit. Murat Sandikci aus Laupheim konnte als Coach für den Workshop „Türöffner & Stolpersteine im Umgang mit muslimischen Familien“gewonnen werden. Aus Heroldstatt und Nachbargemeinden kamen am Samstag die 17 Teilnehmer – vorwiegend in erzieherischen Berufen, Vereinen und in der ehrenamtlichen Flüchtlingsbetreuung aktiv – nach Heroldstatt in die Berghalle.
Dietmar Frenzel, stellvertretender Bürgermeister in Heroldstatt, stellte gleich den Bezug zur Praxis her: „Wenn uns etwas fremd ist, sind wir vorsichtig. Aber bei Wissen über das Fremde finden wir Verständnis und vermögen uns, zu öffnen. Wir freuen uns im Gemeinderat und der Verwaltung sehr, dass Sie sich mit der Bürgerstiftung des Themas Integration annehmen und mithelfen, die Bürger Heroldstatts somit auch den muslimischen Familien näher zu bringen.“
Und ferner meinte Frenzel bei der Begrüßung der Kursteilnehmer: „Selbstverständlich waren nicht alle Bürger in Heroldstatt gleichermaßen begeistert, als bekannt wurde, dass auch unserer Gemeinde Flüchtlinge aus muslimischen Ländern zur Erstaufnahme vom Landratsamt zugewiesen wurden. Aber diese Aufregung legte sich – trotz der teilweise anderen Hautfarbe und vor allem anderen Sprache der neuen Bürger – Gott sei Dank relativ schnell wieder.“
Dietmar Frenzel dankte vielen Heroldstattern für viel Zuneigung und Hilfsbereitschaft im Umgang mit den Flüchtlingen. „Auch als es um die Anschlussunterbringung der Flüchtlinge ging, zeigte sich die Gemeinde Heroldstatt in der Pflicht und erstellte in kurzer Zeit zwei Häuser für die Unterbringung von insgesamt acht Familien“, erinnerte Frenzel. Die Flüchtlinge seien in den verschiedenen Vereinen Heroldstatts, so zum Beispiel im Sportverein und auch der Chorgemeinschaft, herzlich aufgenommen worden und hätten sich dort teilweise sehr gut integriert. Frenzel verwies auf zwei Kinder, die bei einer Veranstaltung der Chorgemeinschaft im Kinderchor Pusteblume mitsingen. „Um dies auch weiterhin voranzutreiben, sind wir vom Gemeinderat und der Gemeindeverwaltung dankbar für die Mitwirkung der Bürgerstiftung bei diesem Thema, um weiterhin Türen zu öffnen und Stolpersteine beiseite zu schaffen.“
Hartmut Wager stellt Stiftung vor
Hartmut Wager, Sprecher des Förderausschusses der Heroldstatt-Stiftung, bedankte sich beim stellvertretenden Bürgermeister Frenzel „für die fachkundige Einführung“in die Workshop-Thematik sowie Unterstützung und Akzeptanz der Gemeinde für die örtliche Stiftung. Im Förderausschuss ist Heroldstatt durch Gemeinderat und Bürgermeister-Stellvertreter Rudolf Weberruß und die Gemeinderätin Manuela Hettrich-Wiedemann vertreten. Pfarrer Thomas Knöppler gehört dem Gremium für die Kirchengemeinden Heroldstatts an, Wolfgang Deschenhalm vertritt die Volksbank.
Mit vielen Beispielen und differenzierter Methodenvielfalt konnte Referent Murat Sandikci die Teilnehmer fesselnd immer tiefer in die Problematik der kulturellen und religiösen Differenzen zwischen einheimischem und muslimischem Leben einführen. Anschauliche Beispiele und Erfahrungsberichte führten in eine dann doch immer fremder erscheinende Welt. Die Türöffner anfangs waren von allen Besuchern leicht zu verinnerlichen. Bei den freundlich als Stolpersteinen bezeichneten Schwierigkeiten war dann unschwer zu erkennen, dass diese nicht so leicht aus dem Weg zu räumen sind. „Im Gegenteil, wir treffen auf schwer abbaubare Barrieren“, meinte der Referent.
Erfahrungsberichte der ehrenamtlichen Helfer und Betreuer der Flüchtlingsfamilien rundeten das Bild ab und schärften das Bewusstsein, dass hier ganz dicke Bretter ganz lange gebohrt werden müssen. Die Klarheit dieser Erkenntnis konnte die aufmerksamen und engagierten Workshop-Teilnehmer nicht entmutigen. Allen war bewusst, auf einem langen beschwerlichen Weg erst ein ganz kurzes Stück zurückgelegt zu haben. „Zum Selbstschutz muss Distanz bewahrt werden. Der Weg wird lang, wir müssen ihn schaffen“, lautete der allgemeine Tenor.
Ralf Schiffbauer, Vorsitzender der Bürgerstiftung Laichinger Alb, bedankte sich abschließend beim Referenten Murat Sandikci für die kompetente Seminarführung. Mit vielen Anregungen und Bedenkenswertem im Hinterkopf und der Versicherung, dieses Problemfeld über die HeroldstattStiftung weiter zu beackern, konnte er die Kursteilnehmer ins Wochenende entlassen.
„Wollen weiterhin Türen öffnen und Stolpersteine beiseite schaffen.“
Der zweite Stellvertretende Bürgermeister Dietmar Frenzel
Konkret ist seitens des Partnerschaftsfonds der Bürgerstiftung Laichinger Alb „Miteinander Füreinander in Heroldstatt“erneut eine interkulturelle Begegnung zum Jahresbeginn an Dreikönig am 6. Januar 2019, um 14 Uhr, in der Heroldstatter Berghalle fest eingeplant.