Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Scholz verteidigt Haushalt
FDP-Chef Lindner fordert erneut Steuersenkungen
BERLIN (AFP/ts) - Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat seinen Haushaltsentwurf gegen den Vorwurf zu geringer Investitionen verteidigt. Allein in diesem Jahr stiegen diese um fast zehn Prozent auf 37 Milliarden Euro, sagte Scholz am Dienstag in der Haushaltsdebatte im Bundestag. Außerdem verteidigte er die Aufstockung der deutschen Gelder für den EU-Haushalt. Die Opposition kritisierte den Entwurf als „Fehlstart“und „unvollständig“.
FDP-Chef Christian Lindner kritisierte indes die zu hohe Steuer- und Abgabenlast. „Selbst der Internationale Währungsfonds empfiehlt inzwischen Steuersenkungen für Deutschland“, sagte Lindner der „Schwäbischen Zeitung“. Er forderte erneut eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags zum 1. Januar 2020. Er kündigte an: „Wenn die Regierung das nicht tut, wird die FDP vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen klagen.“
BERLIN - Solide, gerecht und zukunftssicher – mit diesen drei Attributen hat Finanzminister Olaf Scholz (SPD) im Bundestag seine Haushalts- und Finanzpläne gegen den Vorwurf der mangelnden Investitionsbereitschaft verteidigt. Die Opposition bezeichnete sein Vorhaben als „Fehlstart“und sieht darin die Fortsetzung des Sparkurses seines Vorgängers Wolfgang Schäuble (CDU).
Viel hatte sich Olaf Scholz im Vorfeld der Haushaltswoche im Bundestag anhören müssen. Als „zukunftsvergessen“bezeichnete Grünen-Fraktionsvorsitzender Anton Hofreiter den Entwurf. FDP-Chef Christian Lindner beklagte, dass der Steuerzahler darin kaum vorkomme. Beide bemängelten zu großen Sparwillen des Finanzministers. Kritik kam außerdem vom Bund der Steuerzahler. Deren Vorsitzender Reiner Holznagel warf Scholz angesichts guter Konjunktur falsch gesetzte Akzente vor.
Scholz wies die Vorwürfe bei seinem Auftritt vor dem Plenum zurück. Es sei durchaus möglich, Investitionen zu tätigen, ohne den Haushalt mit neuen Schulden zu belasten. Alleine im Haushalt für das laufende Jahr sei eine Steigerung der Investitionen auf 37 Milliarden Euro vorgesehen. „Das sind fast zehn Prozent mehr als im letzten Jahr“, bekräftigte Scholz. 180 Milliarden Euro sind bis 2022 für Investitionen angesetzt.
Das ist aber laut Scholz nicht alles: Bisher nicht eingebrachte Projekte könnten erst bei konkreteren Planungen genau erfasst werden. Von einem Investitionsstau könne deshalb keine Rede sein.
Beim nächsten Baustein seines Plans, der Gerechtigkeit, wurde Scholz emotional. Gerade in Zeiten gesunder Staatsfinanzen müsse gelten: „Ein Arbeitnehmer muss bei Vollzeit mindestens 2000 Euro brutto verdienen.“Steuererleichterung für Gering- und Mittelverdiener sollen dabei helfen, sachgrundlose Befristungen von Arbeitsverhältnissen gelte es zudem einzuschränken. Auch plane die Regierung, Kindergeld und BAfög schrittweise zu erhöhen. Mehr Geld soll es außerdem für Kitas, digitale Infrastruktur und sozialen Wohnungsbau geben.
Keine neuen Schulden
Für das laufende Jahr sieht der Haushaltsplan Ausgaben von 341 Milliarden Euro vor. Dem stehen Einnahmen in gleicher Höhe gegenüber. Auf den größten Etat mit 140 Milliarden Euro darf das Arbeitsministerium zugreifen. Das Verteidigungsbudget wächst um 1,49 Milliarden auf 38,5 Milliarden Euro. Den Forderungen von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nach mehr Geld erteilte Scholz damit eine Absage. Künftig müsse vielmehr sichergestellt werden, dass die Mittel auch vernünftig eingesetzt würden.
Von der bundesdeutschen Finanzplanung spannte Scholz einen Bogen zur Europäischen Union: „Deutschland braucht eine starke EU.“Gerade angesichts des Brexits sei es daher richtig, dass Deutschland und Frankreich zu höheren Ausgaben für den EU-Haushalt bereit wären. Scholz betonte: „Wir dürfen Lösungsansätze nicht mehr aus der nationalen, sondern aus der europäischen Perspektive denken.“Parteikollege Lothar Binding sagte dazu, es gelte in Zusammenarbeit mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, „ganz Europa mitzureißen“.
Peter Boehringer (AfD), der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, warf Scholz vor, einen „irreführenden und unvollständigen“Haushalt vorgelegt zu haben. Kommende Belastungen, beispielsweise bei Griechenland-Hilfen, würden in seinen Entwürfen nicht berücksichtigt.
FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke bezeichnete die Pläne des Finanzministers als ein reines „Weiter so“der Politik von Vorgänger Schäuble. Es gehe Scholz nicht um die Zukunft, sondern um eine „Verwaltung“des Bestehenden. Die Grünen sprachen von einem „Haushalt ohne Zukunft“. Haushaltspolitiker SvenChristian Kindler attestierte Scholz einen „absoluten Fehlstart“. Subventionen „mit der Gießkanne zu verteilen“und dabei Dinge wie den Klimaschutz zu vergessen, gleiche einem politischen Offenbarungseid.
Linken-Abgeordnete Gesine Lötzsch forderte vom Finanzminister ein „gerechteres Steuersystem“, das Einkommensschwache wirklich entlaste. Im aktuellen Entwurf sei „nichts zu lesen“von der Schließung von Steuerschlupflöchern. Die geplante Erhöhung des Rüstungsetats bezeichnete sie als „völlig verantwortungslos“.
Die Haushaltswoche im Bundestag dauert noch bis Freitag an. In dieser Zeit wird über die einzelnen Etats diskutiert. Am heutigen Mittwoch steht der Kanzleretat zur Debatte. Traditionell nutzt die Opposition diese Gelegenheit zur Generalabrechnung mit der Regierungschefin Angela Merkel (CDU).